Debatte um Communio veritatis Kirchenrechtler fordert Verbot von Priestergruppe im Erzbistum Paderborn

Paderborn · Eine Gruppe von Priestern im Erzbistum Paderborn fällt seit Monaten mit Verschwörungstheorien, Ablehnung der Impfempfehlung des Erzbischofs in der Pandemie und Falschbehauptungen auf. Kirchenrechtler fordern ein Verbot, das Erzbistum spricht von privaten Meinungsäußerungen.

 Das Gebäude des Erzbischöflichen Generalvikariats in Paderborn (Symbolbild).

Das Gebäude des Erzbischöflichen Generalvikariats in Paderborn (Symbolbild).

Foto: dpa/Bernd Thissen

Einer der Pastoren arbeitet in Brilon im Sauerland. Gemeindemitglieder fordern seine Entlassung. Die Bistumsleitung distanziert sich bislang zwar von den Aussagen, wertet sie aber als private Meinungsäußerungen.

Das sorgt bei Kirchenrechtlern wie dem Münsteraner Professor Thomas Schüller für Empörung. „Der Papst hat wegen ähnlicher Äußerungen den impfkritischen Bischof von Puerto Rico, Daniel Torres, seines Amtes als Diözesanbischof enthoben. Das sollte der Erzbischof von Paderborn dann auch mit der Priestergruppe Communio veritatis tun“, sagt Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Er betont: „Priester sind immer im Dienst. Ihre Äußerungen sind nie privat.“

Seit mehreren Jahren ist die Priestergruppe bereits mit Kritik am Vatikan, dem Synodalen Weg und dem eigenen Bistum aufgefallen. Im November dann äußerte sich der Pastor aus Brilon zum Thema Impfen zu Wort. Er griff Erzbischof Hans-Josef Becker für die Aussage an, die Impfung sei zum Schutz für sich und andere Gebot der Stunde und gelebte Nächstenliebe. Becker hatte während der Corona-Pandemie im Herbst zu einer Impfaktion in den Dom in Paderborn eingeladen.

Die Priestergruppe behauptet auf ihrer Internetseite, auf der sie sich als Priester des Erzbistums Paderborn bezeichnen, dass für die Impfung bei deren Entstehung „Zelllinien von abgetriebenen Kindern verwendet werden“. Somit könnte die Impfung kein Akt der Nächstenliebe sein.

Die TV-Sendung „Westpol“ des WDR hatte in dieser Woche das Thema erneut aufgegriffen. Das Erzbistum distanzierte sich in einer Stellungnahme gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Im Erzbistum Paderborn gibt es eine große Vielfalt und Bandbreite an Meinungsäußerungen und Positionierungen. Die Veröffentlichungen der kirchenamtlich nicht anerkannten und somit privaten Gruppierung wurden bisher vom Erzbistum Paderborn als Meinungsäußerungen von Privatpersonen zur Kenntnis genommen“, heißt es in einer schriftlichen Antwort.

„Die Verantwortlichen im Erzbischöflichen Generalvikariat haben die Vertreter der Gruppierung, soweit sie bekannt sind, sowie die Vorgänge und ihre Entwicklung im Blick. Für die Inhalte des genannten Internetauftritts sind die im dortigen Impressum genannten Privatpersonen verantwortlich.“ Derzeit würden die Ausführungen und Positionierungen der Gruppierung geprüft. „Sollten sich daraus Handlungsbedarfe – auch hinsichtlich des Vorwurfs antisemitischer Haltungen der Gruppierung ergeben, werden diese Gegenstand einer rechtlichen Prüfung sein“, heißt es weiter. Die Pastorengruppe hat auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zu den Vorwürfen nicht reagiert.

„Westpol“ zitiert eine Verschwörungsexpertin der Uni Mainz, die die Aussagen als klaren Antisemitismus einstuft. „Da wird ein apokalyptisches, antisemitisches Bild gezeichnet, das durchaus anschlussfähig ist an rechtsextreme Positionen“, sagt Pia Lamberty. Die Äußerungen seien antisemitische Chiffre, die auf eine jüdische Weltordnung hindeuten. Zwei Gemeindemitglieder in Brilon werden zitiert, die sich für die Entlassung des Pastors aussprechen.

Seit 2016 gebe es für die Amtsenthebung von Bischöfen ein Gesetz. „Bei dem Pastor aus Brilon aber könnte der Erzbischof auch ohne dieses Gesetz handeln“, sagt Schüller. Der Professor erklärt: „Kleriker haben neben ihren bürgerlichen Freiheitsrechten klerikale Dienstpflichten und eine Vorbildfunktion, die sich aus dem klerikalen Standesrecht ableitet.“

So dürfen Kleriker nicht zur Spaltung des Volkes Gottes beitragen. „Genau das hat der Pastor aber mit seiner Stellungnahme gegen den eigenen Erzbischof getan. Impfen sei keine Nächstenliebe, ist der Vorwurf.“ Schüller fragt, warum der Erzbischof nicht reagiert? Außerdem müsse sich das Erzbistum fragen lassen, was in der Priesterausbildung in den vergangenen Jahren falsch gelaufen sei. Die Priestergruppe als Organisation sei extremistisch und, so Schüller, „muss vom Erzbistum verboten werden“.

(felt/dpa)
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