Nach Clan-Konflikten in Essen und Castrop-Rauxel NRW-Polizei nimmt kriminelle Syrer stärker ins Visier
Essen/Castrop-Rauxel · Nach den öffentlichen Massenschlägereien im Ruhrgebiet im Juni rücken nun kriminelle syrische Clans zunehmend ins Visier der Ermittler. Ein aktueller Bericht legt auch den Ermittlungsstand im Fall der Krawalle zwischen Syrern und Libanesen offen.
Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden wollen nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen mehrerer Großfamilien im Juni in Essen und Castrop-Rauxel die strukturellen Hintergründe der Kriminalität syrischer Staatsangehöriger stärker in den Blick nehmen. So hat das NRW-Innenministerium das Landeskriminalamt (LKA) beauftragt, die Gesamtkriminalität syrischer Staatsangehöriger auszuwerten und hinsichtlich möglicher Schnittmengen zur Clankriminalität zu überprüfen. Das geht aus dem Bericht des NRW-Innenministeriums für die Sitzung des Innenausschusses am Donnerstagnachmittag hervor.
Demnach prüft das LKA auch, ob und in welcher Form eine Weiterentwicklung des jährlichen Lagebildes Clankriminalität mit Blick auf syrisch-stämmige kriminelle Clanstrukturen möglich ist. Die Kreispolizeibehörde Essen habe die Fachdienststelle zur Bekämpfung von Clankriminalität bereits entsprechend erweitert, heißt es in dem Bericht.
In Essen und Castrop-Rauxel war es Mitte Juni zu öffentlichen Schlägereien zwischen verfeindeten Großfamilien gekommen. Den aktuellsten Ermittlungen zufolge wurden dabei zunächst in Castrop-Rauxel am 15. und 16. Juni Personengruppen attackiert, die mit Messern und Schlagwaffen bewaffnet waren. Die Kontrahenten gehörten einer syrischen und einer dort wohnenden libanesischen Familie an. „Ein schon länger schwelender Nachbarschaftsstreit zwischen den Familien dürfte als Hintergrund der Auseinandersetzung in Betracht kommen“, heißt es in dem Bericht.
Ein Beteiligter wurde lebensgefährlich im Darmbereich verletzt; sechs weitere mussten ebenfalls im Krankenhaus behandelt werden. Am Tatort eintreffende Polizeibeamte wurden auch attackiert; sie setzten daraufhin Reizstoffsprühgeräte und den Einsatzmehrzweckstock ein. Ein Polizeibeamter erlitt dabei leichte Verletzungen. Von den Beschuldigten haben fünf die libanesische, 29 die syrische, einer die türkische, zwei die deutsche und drei sowohl die deutsche als auch libanesische Staatsangehörigkeit.
Insgesamt wurden in dem Fall bislang zehn Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen versuchten Totschlags, besonders schweren Landfriedensbruchs, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und gegen das Waffengesetz, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung, Beteiligung an einer Schlägerei sowie wegen Bedrohung und Beleidigung.
In Essen kam es dann am 16. Juni zwischen 21.30 Uhr und 22.30 Uhr aus bislang noch nicht bekannten Gründen zu einer Menschenansammlung von etwa 200 Personen am Universitätsviertel und der sogenannten „Grüne Mitte1“. Laut Bericht ging die Gruppe fußläufig zu einem Restaurant, das überwiegend von syrischen Staatsangehörigen besucht wird. Polizisten beobachteten, wie eine unbekannte Person eine Schusswaffe zog, durchlud und dann im Hosenbund verstaute. Acht Polizisten wurden durch Reizgas verletzt; zwei unbeteiligte Restaurantbesucher durch Stühle. In Tatortnähe wurde ein Baseballschläger, 15 Messer, ein Taschenmesser und drei Metallstangen sichergestellt.
„Die Verhinderung und Eindämmung rechtsstaatswidriger Paralleljustiz stellt eine gesamtgesellschaftliche und ressortübergreifende Aufgabe dar, die schwerpunktmäßig in den Bereichen Bildung, Inneres, Soziales und Justiz zu verorten ist“, heißt es in dem Bericht für den Innenausschuss.