Mönchengladbach Bürger sollen die Stadt sanieren

Mönchengladbach · Drastische Erhöhungen von Steuern und Gebühren: Es sind die Bürger, die Gladbach aus der Schuldenspirale holen sollen. Das Hallenbad Giesenkirchen soll schließen, nachts bleiben Laternen aus. Personal wird kaum abgebaut.

Der Haushaltssanierungsplan, den die 66 Ratsmitglieder heute per Bote zugestellt bekommen und der der RP bereits vorliegt, wird für heftige Diskussionen sorgen. Denn zu den bereits vor sechs Wochen an dieser Stelle berichteten Steuererhöhungen sollen nach dem Willen der Verwaltung auch noch spürbare Gebührenerhöhungen kommen. So müssen Familien an vielen Stellen mehr bezahlen: Teurer wird das Wohnen, weil die Grundsteuer B von bisher 475 Prozentpunkte auf 530 Prozentpunkte steigt.

Diese bezahlen alle Hausbesitzer und legen den Betrag über Nebenkosten auf ihre Mieter um. Teurer wird es auch: in Hallenbädern zu schwimmen, Kurse in der Musikschule zu belegen, die Volkshochschule zu besuchen, in Museen zu gehen, in der Stadtbücherei Bücher auszuleihen, Vereinssport in den städtischen Hallen und Bädern zu betreiben. Kinder in der Tagesstätte betreuen zu lassen, ein Angebot der Offenen Ganztagsschule zu nutzen, zu parken, einen Wohnberechtigungsschein ausstellen zu lassen.

Lehrer müssen zahlen

Der Verwaltung, die den Plan unter Federführung von OB Norbert Bude erarbeitet hat, sind etliche weitere Einnahmequellen eingefallen. Ein dritter Radarwagen soll angeschafft werden. Mehreinnahmen pro Jahr: 240 000 Euro. Kameras sollen Rotsünder aufnehmen und damit 540 000 Euro pro Jahr einbringen. Mitarbeiter der Stadt sollen künftig für ihre Parkplätze bezahlen. Das gilt auch für Lehrer an den städtischen Schulen.

Neben den Bürgern sind es die Unternehmen, die das Sparpaket besonders trifft. Die Gewerbesteuer steigt von 450 auf 485 Prozentpunkte. Allein die Steuererhöhungen, zu denen auch noch die Grundsteuer A für Land- und Waldbesitzer gehört, bringen pro Jahr fast 15 Millionen Euro ein.

Damit liegt Mönchengladbach nun mit allen Steuersätzen im oberen Drittel. Im Umkreis gibt es dann keine Stadt, die höhere Sätze hat. Nur einige Ruhrgebietsstädte verlangen noch mehr von Bürgern und Unternehmen. Krefeld etwa hat einen Grundsteuer B-Satz von 475 Punkten, Aachen von 495 — Mönchengladbach demnächst von 530 Prozentpunkten. Bei der Gewerbesteuer liegt Krefeld bei 440, Aachen bei 445 und Mönchengladbach dann bei 485 Punkten.

Die Stadt greift zudem ihren lukrativsten Töchtern in die Tasche. Die Sparkasse soll 842 000 Euro mehr pro Jahr von ihrem Gewinn überweisen, in zwei Jahren — und das erste ist schon 2013 — aber sogar fast 3,4 Millionen Euro. Aus einer stillen Beteiligung an der NEW sollen 500 000 Euro jährlich fließen. Zudem soll der Versorger der Stadt ihre verbliebenen Hallenbäder abkaufen. Die "Gemeinnützige" und die Kreisbau sollen ab 2019 ebenfalls an den Kämmerer überweisen.

Und bei den Ausgaben? Während andere ähnlich verschuldete Kommunen massiv Personal abbauen, fallen in der Verwaltung 2013 rund 21 Vollzeitstellen weg. Auch in den Folgejahren ist die Zahl mit jeweils maximal 41 Stellen überschaubar. Erst recht, wenn man bedenkt, dass die Stadt aus Spargründen Leistungen einschränkt oder wegfallen lässt. So bleiben nur noch zwei der vier Bezirksverwaltungsstellen übrig. Außerdem soll das Hallenbad Giesenkirchen geschlossen werden. Das war erst vor fünf Jahren für rund eine Million Euro saniert worden.

Ab 2015 wird der Zuschuss an die Verbraucherzentrale um 25 Prozent reduziert, was 27 500 Euro pro Jahr spart. Außerdem ist geplant, Turnhallen zu schließen (ab 2014 rund 70 000 Euro pro Jahr). Die Beratungsstelle im Römerbrunnen soll nicht mehr gefördert werden. Die Umweltberatung wird eingestellt. Weniger Geld gibt es für die Familienbildung. Und auch bei der Rattenbekämpfung wird gespart. OB Bude wird das Sparpaket am Montag im Rat vorstellen. Würde es genau so eintreffen, müsste die Stadt 2018 keine weiteren Schulden aufnehmen, hätte also erstmals seit 1994 einen ausgeglichenen Haushalt.

Ob der Haushaltssanierungsplan tatsächlich mit all diesen Maßnahmen am 27. September verabschiedet wird, ist fraglich. Sollte das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP einige Maßnahmen ablehnen, muss es allerdings stets Gegenmaßnahmen, die in gleicher Höhe Geld einsparen, beschließen. Denn nur dann fließt das Geld aus dem Stärkungspakt des Landes. Dies sind allein im kommenden Jahr 17,2 Millionen Euro.

(RP/rl)
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