Besuch in Bonn NRW-Minister Stamp kritisiert pro-russischen Autokorso

Bonn · NRW-Integrationsminister Stamp hat am Montag die Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge in Bad Godesberg besucht. Über den pro-russischen Autokorso am Sonntag äußerte er sich kritisch.

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Foto: dpa/Roberto Pfeil

Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) fordert einen geeigneten Verteilschlüssel für die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten. Das sagte der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Montag nach einem Besuch in der Zentralen Unterbringungseinrichtung Zue I in der Deutschherrenstraße in Bad Godesberg. Aktuell sei das Land in der Situation, dass man für „diejenigen Menschen, die kommen, Aufnahme gewähren könne“, so der Minister.  „Wir sind mit unserem Stab in meinem Ministerium in einer Struktur, mit der wir mit den Bezirksregierungen und den Kommunen vor Ort sehr gut kommunizieren - wir sind im laufenden Austausch“, so Stamp. 

Rund 90.000 Flüchtlinge aufgenommen

 „Wir bauen unsere eigenen Landeseinrichtungen kontinuierlich aus. Wir haben aktuell in den Kommunen mehr als 80.000 Menschen untergebracht. Wir haben darüber hinaus in unseren Landeseinrichtungen 9000 Menschen unterbringen können. Wir können nur als Gemeinschaftsleistung diese Unterbringung sicherstellen“, erklärte der FDP-Politiker weiter. Er schränkte allerdings ein: „Es ist so, dass wir mit der derzeitigen Struktur für die derzeitige Lage gerüstet sind. Allerdings wissen wir auch, dass es je nach Kriegsverlauf passieren kann, dass wir mit einer wesentlich größeren Anzahl von Menschen konfrontiert werden. Ich hoffe heute auf die Innenministerkonferenz der europäischen Union in Brüssel, dass es hier einen geeigneten Verteilmechanismus gibt“.

 NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hat am Montag die Zentrale Unterbringungseinrichtung Zue I in Bad Godesberg besucht.

NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hat am Montag die Zentrale Unterbringungseinrichtung Zue I in Bad Godesberg besucht.

Foto: dpa/Marius Becker

Man habe nun auch damit begonnen, Geflüchtete auf kleinere Kommunen aufzuteilen, sodass es dadurch eine „sukzessive Entlastung“ für stärker beanspruchte Kommunen gebe. Man müsse sich aber auch “darüber klar sein, dass wir es hier mit traumatisierten Menschen zu tun haben, die Sie nicht einfach von A nach B verteilen können“, so Stamp weiter. 

Viele ukrainische Flüchtlinge wollen wieder schnell in ihre Heimat zurück 

Zudem wollen viele Flüchtlinge nah an der Ukraine sein. „Die Menschen hier wollen alle so schnell wie möglich zurück in die Ukraine. Ich habe ihnen aber auch gesagt, dass sie uns auch willkommen sind, wenn es länger dauert. Ich denke, dass sie diese Sicherheit haben sollen“, so Stamp weiter. Im Moment könne man allerdings nicht abschätzen, wie sich die Flüchtlingszahlen künftig weiterentwickeln werden. 

Arbeit in der Aufnahmeeinrichtung beeindruckt Joachim Stamp

 Der Integrationsminister zeigte sich von der Arbeit in der Aufnahmeeinrichtung beeindruckt.  „Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir hier unserer humanitären Pflicht nachkommen können, den Menschen zu helfen“, so Stamp. Die Geflüchteten seien zudem sehr dankbar, für die Kinder würde es auch Spielangebote geben, sodass sie, trotz der schwierigen Situation ein wenig lachen können.

„Unser Ziel ist es, dass sie eine Perspektive in einer nordrhein-westfälischen Kommune oder anderswo bekommen“, erklärte der Minister. Zur besseren Steuerung der Flüchtlinge habe die Landesregierung innerhalb des Landesaufnahmesystems neun zentrale Unterbringungseinrichtungen für die Unterbringung von Schutzsuchenden aus der Ukraine als so genannte „Puffereinrichtungen" umgewidmet und sieben zusätzliche, neue Aufnahmemöglichkeiten geschaffen. Die Bad Godesberger Einrichtung ist eine der „Puffereinrichtungen“. Auch in der Ermekeilkaserne in Bonn werden ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Allerdings handelt es sich bei der Aufnahmeeinrichtung in Bad Godesberg um eine Schwerpunkteinrichtung, die das Land ganz bewusst eingerichtet habe.

Vor allem Mütter mit ihren Kindern untergebracht

 In Bad Godesberg seien überwiegend Frauen mit kleinen Kindern untergebracht, so der Minister. „Mir ist ganz wichtig: Wir schaffen nicht Flüchtlinge erster und zweiter Klasse. Aber ich glaube, ich einer solchen Situation ist es ganz gut, dass junge Frauen mit kleinen Kindern in einer Einrichtung sind, wo nicht überwiegend alleinreisende junge Männer untergebracht sind“, so Stamp gegenüber dem GA. Dies sei eine „sinnvolle Trennung“.

Stamp hat sich für pro-russischen Autokorso „zutiefst geschämt“

Auch zum pro-russischen Autokorso, der am Sonntag durch Bonn fuhr, äußerte sich Stamp. Er habe sich „zutiefst geschämt“, sagte er. „Wir haben – auch aus unserer Vergangenheit heraus – ein sehr liberales und großzügiges Demonstrationsrecht, was eben leider auch jedem dann die Möglichkeit gibt, sich entsprechend zu äußern“, so der stellvertretende Ministerpräsident. Es sei ein Teil der freien Meinungsäußerung in Deutschland. Die Art und Weise des Korsos habe Stamp allerdings „sehr, sehr betroffen gemacht und beschämt“. Bei dem Autokorso wurden offenbar ukrainische Flüchtlinge beschimpft. Fraglich bleibt, wer die Organisatoren waren. Auch der Rockerclub „Nachtwölfe“ nahm laut Bonner Generalanzeiger teil.

Dieser Artikel ist zuerst im Bonner Generalanzeiger erschienen.

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