Junger Polizist stirbt beim Training in Bonn „Man hat das Geschehen ständig im Kopf“

Bonn · Nach einem Unfall bei einem Einsatztraining vor zwei Wochen ist ein junger Beamter der Bonner Polizei gestorben. Sein Kollege hatte auf ihn geschossen. Die Polizei trauert, der Schütze schweigt.

 Ein Polizeiauto steht vor dem Bonner Polizeipräsidium.

Ein Polizeiauto steht vor dem Bonner Polizeipräsidium.

Foto: dpa/Thomas Banneyer

Der 23-jährige Polizist, dem ein 22-jähriger Kollege im Bonner Polizeipräsidium in den Hals geschossen hat, ist tot. Wie die Kölner Polizei, die aus Neutralitätsgründen die Ermittlungen leitet, mitteilte, starb der Beamte am Montagabend an seinen schweren Verletzungen. Gegen den 22-jährigen Schützen hat die Bonner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet – zunächst wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Wie Behördensprecher Sebastian Buß am Dienstag mitteilte, wird nach dem Tod des Beamten nun wegen fahrlässiger Tötung gegen den 23-Jährigen ermittelt.

In der Bonner Behörde herrschte am Dienstag tiefe Betroffenheit über den Tod des jungen Beamten, der seit vier Jahren unter anderem in der Duisdorfer Wache für die Bonner Polizei im Einsatz war und zuletzt in der Hundertschaft Dienst tat. „Wir sind zutiefst bestürzt“, sagte eine sichtlich mitgenommene Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa am Dienstagmorgen. „Wir sind in Gedanken bei seiner Familie, wir trauern mit seiner Familie.“ Seine Angehörigen und seine Kollegen erhielten jede Hilfestellung und Betreuung, die nötig sei.

Die Polizeipräsidentin beschrieb den 23-Jährigen als „sehr geschätzten, liebenswerten jungen Mann“, der aus einer Polizistenfamilie stamme: Sein Vater arbeitet im Bonner Präsidium, seine Schwester ist als angehende Polizistin im Einsatz. „Er wollte nichts sein als Polizist und sich in den Dienst der Allgemeinheit stellen.“ Die Stimmung sei schon seit dem Tattag „extrem bedrückt“, beschrieb ein Beamter. Nun aber herrsche noch größere Betroffenheit. Die Trauer sei fast greifbar und ziehe sich durch alle Dienststellen. „Ein junger Mensch ist aus dem Leben gerissen worden.“ Außerdem wüssten alle, wie sehr die Familie leide. „Man hat das Geschehen ständig im Kopf. Das lähmt die Abläufe.“

In der Hundertschaft stehe derzeit die Betreuung der Kollegen im Mittelpunkt, und zwar psychosozial und seelsorgerisch, erklärte deren Leiter Stefan Heinz. Dort arbeiteten „vorzugsweise junge Leute, die über die Ausbildung eng miteinander verbunden sind“. Entsprechend groß sei die Bestürzung. Mit Unterstützung anderer Abteilungen wie der Bereitschaftspolizei sei es aber möglich, „betroffene Kollegen noch aus dem Dienst herauszuhalten“. Udo Schott, Vorsitzender der Bonner Gewerkschaft der Polizei (GdP) wollte sich nicht äußern: „Es ist nicht der richtige Zeitpunkt.“

Ein Polizeianwärter trainiert auf einem Schießstand der Landespolizei. (Archiv)

Ein Polizeianwärter trainiert auf einem Schießstand der Landespolizei. (Archiv)

Foto: dpa/Rainer Jensen

Das Opfer und der Schütze waren mit zwei weiteren Kollegen am 26. November im Rahmen einer Amok-Einsatzübung auf dem Weg vom Umkleideraum zum Schießstand und hatten Polizeiangaben zufolge sowohl ihre Dienstwaffen als auch baugleiche Attrappen dabei, als der Schuss fiel. Die genauen Umstände sind nach wie vor ungeklärt, obwohl auch die beiden Kollegen inzwischen als Zeugen vernommen worden sind. Der Schütze selbst schweigt. Er hat einen Anwalt eingeschaltet und macht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Nach Aussage eines Polizeisprechers ist der 22-Jährige nach wie vor krankgeschrieben. Mit welchen disziplinarrechtlichen Folgen er rechnen muss, sei offen: „Dafür muss das Verfahren abgewartet werden.“ Im Polizeipräsidium ist ein Trauerraum eingerichtet, in der Wache Ramersdorf liegt ein Kondolenzbuch aus. Die Einsatzwagen sind mit Trauerflor unterwegs.

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