Prozess um vergiftete Pausenbrote Angeklagter wollte Wirkung von Gift an Kollegen beobachten

Bielefeld · Ein Mann vergiftet seinen Kollegen ihr Pausenbrot. Die Frage nach dem Warum bleibt im Prozess ein Rätsel. Ein Psychologe und ein Psychiater liefern kurz vor dem Ende des Verfahrens vorsichtige Hinweise.

 Der Angeklagte kommt mit seiner Verteidigerin Christina Peterhanwahr (r.) in den Gerichtssaal (Archivfoto).

Der Angeklagte kommt mit seiner Verteidigerin Christina Peterhanwahr (r.) in den Gerichtssaal (Archivfoto).

Foto: dpa/Friso Gentsch

Im Bielefelder Prozess um vergiftete Pausenbrote haben am Dienstag zwei Experten Hinweise zum bislang rätselhaften Tatmotiv gegeben. Es bleiben aber Spekulationen, denn der Angeklagte Klaus O. schweigt beharrlich zu den Vorwürfen. Bis auf eine Ausnahme: Der 57-Jährige äußerte sich im Gespräch mit einem Psychologen in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld.

„Seine Äußerungen zu seinem Motiv kamen mir vor wie bei einem Wissenschaftler, der ausprobiert, wie Stoffe wirken bei einem Kaninchen“, sagte der Psychologe. Er hatte seit Sommer 2018 fünfmal in der Untersuchungshaft mit dem Angeklagten gesprochen. Dabei ging es um die Frage, ob der der Mann suizidgefährdet ist.

Für den forensischen Psychiater, der den Angeklagten im Auftrag des Gerichts begutachtete, blieb das Motiv hingegen rätselhaft. Klaus O. verweigerte ihm ein Gespräch. Der Experte erläuterte den Richtern aber, dass der Angeklagte mit den Vergiftungen der Kollegen angefangen habe, als ein unerfüllter Kinderwunsch ihn belastete. Durch eine künstliche Befruchtung sei der Kinderwunsch dann noch in Erfüllung gegangen. Das Ehepaar bekam Nachwuchs mit Down-Syndrom.

„Parallel zur verzögerten Entwicklung des Kindes gab es einen neuen Schub bei den Vergiftungen. Der Angeklagte stand der Behinderung des eigenen Sohnes hilflos gegenüber. Auf der anderen Seite schwang er sich über Leben und Tod auf“, sagte der Gutachter. Hier gebe es wohl einen Zusammenhang - mit Sicherheit könne er das aber nicht belegen.

Ansonsten sei der Angeklagte psychisch gesund und damit voll schuldfähig. Eine Strafminderung komme somit nicht infrage. Allerdings attestiert der forensische Psychiater dem 57-jährigen Angeklagten eine große kriminelle Energie und einen Hang zu weiteren Straftaten. Daher empfahl der Mediziner Sicherungsverwahrung.

Der Prozess wird am Mittwoch mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft fortgesetzt.

(mba/dpa)
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