Leverkusen Bewährung für den Heckenschützen

Leverkusen · Der 23-Jährige, der Ende 2010 in Leichlingen von seinem Balkon Am Büscherhof aus zwei Menschen angeschossen hatte, ist gestern zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

 Diese Waffen, darunter das besagte Luftdruckgewehr, fand die Polizei in der Wohnung des Leichlingers. Bei dessen Durchsuchung wurde seinerzeit auch ein Schlagring entdeckt.

Diese Waffen, darunter das besagte Luftdruckgewehr, fand die Polizei in der Wohnung des Leichlingers. Bei dessen Durchsuchung wurde seinerzeit auch ein Schlagring entdeckt.

Foto: Polizei (Archiv)

Sie hätte schnell zu Ende sein können, die Verhandlung gegen den 23-jährigen Leichlinger, der im Dezember 2010 als Heckenschütze die Blütenstadt unsicher gemacht hatte. Seine Freundin (18) hatte bei der Polizei teilweise bestätigt beziehungsweise eingeräumt, dass es sein könne, dass ihr Freund an den besagten Tattagen mit seinem Luftgewehr geschossen habe — und auch der Angeklagte hatte längst zugegeben, von seinem Balkon aus auf Straßenschilder und Stromkästen gezielt zu haben.

"Was für ein Eiertanz"

Davon wollte er beim Prozess gestern vor dem Amtsgericht in Opladen aber nichts mehr wissen. Vielmehr plagten ihn Erinnerungslücken, die er ausschweifend erklärte. Jedes Mal aber, wenn die Richterin ihn mit den Aussagen bei der Polizei kurz nach den Taten konfrontierte, knickte er ein. "Ach ja, stimmt, so war das", kam dann.

Für die Staatsanwältin, aber auch für den Vertreter der Nebenklage, ein Unding: "Was für ein Eiertanz — das sollte sich strafverschärfend auswirken", polterte der Rechtsanwalt des Opfers, das der Leichlinger in der Silvesternacht mit einem Diabolo-Geschoss an der Schulter traf. "Ich habe mich durch ihr Lavieren verschaukelt gefühlt."

Im Dezember hatte der Vater (48) des Angeklagten seinem Sohn ein Luftdruckgewehr geschenkt, wenig später die passende Munition. Das alles sollte, so die Aussage der beiden vor Gericht, als Wand-Deko dienen. Dass sowohl der Besitz der Waffe als auch der Geschosse eines Waffenscheins bedürfen, wussten beide nach eigener Aussage nicht. Erklärung des Vaters: "In der DDR war das alles frei zu haben."

Auf x-fache Nachfrage der Vorsitzenden Richterin gab er dann irgendwann zu, am 23. Dezember mit dem Gewehr geschossen zu haben. Auf ein Holzbrett, das er wiederum an der Außenfassade seines Balkons befestigt hatte. Und dann fiel ihm ein: "Meine Freunde haben auch geschossen — vielleicht waren die das, die den Mann getroffen haben." Dem ersten Opfer, einem 20-Jährigen, war glücklicherweise nichts passiert. Die Kugel ging durch seine Jackentasche, blieb in einem Stapel Briefe und seinem Ausweis hängen.

In der Silvesternacht allerdings traf der Heckenschütze eine junge Frau an der Schulter. Sie blutete stark, musste im Krankenhaus mit drei Stichen genäht werden. "Ich habe heute noch Angst, alleine raus zu gehen", sagte die 23-Jährige. Doch auch bis dahin war es ein langer weg für die Richterin. Von "Ich hatte das Gewehr nicht in der Hand" über "Ach doch, ich habe geschossen" und "Aber nur auf das Brett" bis hin zu "Naja, wäre möglich, dass ich sie getroffen habe".

Die Waffentechniker des Landeskriminalamtes (LKA) konnten nicht einwandfrei nachweisen, dass die Kugeln aus dem Luftdruckgewehr des Leichlingers stammten. Die Indizien reichten der Richterin aber, die Staatsanwältin meinte: "Sie haben billigend in Kauf genommen, jemanden zu treffen." Der 23-Jährige wurde zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Sein Vater muss eine Geldstrafe zahlen.

Bei der Durchsuchung des Leichlingers wurde seinerzeit übrigens auch ein Schlagring gefunden — ebenfalls ein verstoß gegen das Waffengesetz.

(RP/rl/jco)
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