Tihange und Doel Die Sorge des Rheinlands vor den belgischen Atommeilern

Düsseldorf · Belgien verlängert die Laufzeit seiner Atomkraftwerke. Diese haben mit vielen Pannen Schlagzeilen gemacht. NRW-Innenminister Reul lässt nun die Notfallplanungen prüfen, Energieminister Pinkwart spricht von einer „souveränen Entscheidung“ Belgiens.

 Das Kernkraftwerk Doel in Belgien.

Das Kernkraftwerk Doel in Belgien.

Foto: dpa/Dirk Waem

Eigentlich wollte Belgien seine Atomkraftwerke 2025 vom Netz nehmen. Doch nun hat die belgische Regierung angekündigt, die Laufzeiten zu verlängern: Die Blöcke Tihange 3 und Doel 4 sollen bis Ende 2035 weiterlaufen können. „Jeder weiß, dass es einen Krieg in Europa gibt“, sagte Premierminister Alexander De Croo. Man habe Gewissheit in unsicheren Zeiten gewählt. Das sehen die Menschen in der Grenzregion gänzlich anders. Für sie sind die Meiler eine Quelle von Ungewissheit und Angst. Seit Jahren gibt es Proteste gegen die sieben Blöcke in Doel und Tihange. Tihange liegt 60 Kilometer südwestlich von Aachen, Doel im Hafen von Antwerpen.

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sieht die Laufzeit-Verlängerung mit Sorge. "Angesichts der sicherheitstechnischen Probleme einzelner Reaktoren in der Vergangenheit ist der geplante Weiterbetrieb der Kernkraftwerke Tihange 3 und Doel 4 mit Sorge zu sehen", sagte Heinen-Esser unserer Redaktion. „Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass eine intensive und strenge Überprüfung aller Sicherheitsanforderungen erfolgen wird." Zwar handele es sich in Bezug auf die Energieversorgung um eine souveräne Entscheidung des belgischen Staates. „Dabei sind aber die Interessen angrenzender Staaten zu berücksichtigen. Im Rahmen der gesetzlichen Entscheidung werden auch grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen sein", betonte die Umweltministerin weiter.  So würden dann auch die Öffentlichkeit in Deutschland beteiligt.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) betonte nun: „Wichtig ist, dass potenziell betroffene Menschen im Fall des Falles informiert und gewarnt werden. Als Innenministerium haben wir die Kreise und kreisfreien Städte per Erlass dazu aufgefordert, ihre Notfallplanungen für den Fall einer Havarie eines belgischen Kernkraftwerks zu überarbeiten. Inwiefern aufgrund der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung von Tihange nun weitere Schritte erforderlich sind, werden wir prüfen.“ Im Falle eines Unfalls gibt es einen Katalog an Maßnahmen: Dazu gehören Warnungen vor dem Verzehr von frischem Gemüse und die flächendeckende Ausgabe von Jodtabletten. Diese sollen, im Ernstfall eingenommen, die Schilddrüse sättigen, die Aufnahme von radioaktivem Jod und damit die Entstehung von Krebs verhindern.

 Vor allem die „Bröckelmeiler“ genannten Blöcke Tihange 2 und Doel 3 machten immer wieder Schlagzeilen. 2012 wurden Haarrisse im Reaktorbehälter bekannt, Experten vermuten, dass die Materialfehler bei der Herstellung entstanden waren. Andere Blöcke verloren radioaktives Wasser, es kam zu Lecks und Stromausfällen. Immer wieder mussten Meiler heruntergefahren werden. Bund und NRW intervenierten, doch es gelang nicht mal, einen Exportstopp für Brennelemente aus Lingen und Gronau durchzusetzen.

Belgien Atomkraftwerke Tihange und Doel: NRW-Ministern Heinen-Esser besorgt - kündigt Prüfung an
Foto: grafik

NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte, bei der Laufzeit-Verlängerung handele es sich um die souveräne Entscheidung der belgischen Regierung. Er verwies darauf, dass die Atomkraftwerke, die als besonders problematisch angesehen werden, auch auf Intervention der Landesregierung früher stillgelegt würden. „Dabei soll es auch bleiben“, so Pinkwart. „Dann muss man sehen, was jetzt zur Verlängerung ansteht. Das muss ordentlich geprüft werden.“ Transparenz sei nötig. „Und wir werden alles tun, um diesen Prozess im Interesse unserer Bürger so zu begleiten, dass das Thema Sicherheit absoluten Vorrang behält.“

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