40.000 Asylsuchende in NRW erwartet Beim Flüchtlingsthema müssen die Städte improvisieren

Düsseldorf · Sie kommen aus Syrien, dem Irak oder Nordafrika – und die meisten der 200.000 in diesem Jahr erwarteten Flüchtlinge landen in NRW. Für das bevölkerungsreichste Bundesland wird die Masse an Asylsuchenden zu einem Problem. Die Städte in der Region gehen auf unterschiedliche Weise mit dem Ansturm um.

So sah Duisburgs Zeltstadt für Asylbewerber aus
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So sah Duisburgs Zeltstadt für Asylbewerber aus

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Sie kommen aus Syrien, dem Irak oder Nordafrika — und die meisten der 200.000 in diesem Jahr erwarteten Flüchtlinge landen in NRW. Für das bevölkerungsreichste Bundesland wird die Masse an Asylsuchenden zu einem Problem. Die Städte in der Region gehen auf unterschiedliche Weise mit dem Ansturm um.

In Duisburg haben sie eine riesige Zeltstadt errichtet, die aber zunächst unbewohnt bleibt. In Emmerich und Düsseldorf sind Hotelzimmer angemietet. In Köln stehen Wohncontainer. Und Möchengladbach hat sich gleich mehrere Notlösungen überlegt.

Das Leben im Asylbewerberheim Luisental in Mönchengladbach
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Das Leben im Asylbewerberheim Luisental in Mönchengladbach

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Die Städte in NRW und der Region stehen vor einer gewaltigen Aufgabe: Wie gehen sie mit der Masse an Asylsuchenden und Flüchtlingen um, die 2014 in der Bundesrepublik Deutschland (200.000) erwartet werden? Die meisten, rund 40.000, also 22 Prozent, sollen in NRW untergebracht werden.

Ein Sprecher der Stadt Köln brachte es am Dienstag auf den Punkt: "Wir haben zunehmend Probleme, die vielen Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen." Die Frage, die sich die meisten der betroffenen Kommunen stellen: nur wo? Die Antwort: Sie müssen improvisieren.

Stadt Duisburg lässt die Problemhäuser räumen
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Stadt Duisburg lässt die Problemhäuser räumen

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Foto: Christoph Reichwein

Beispiel Duisburg: In der Ruhrmetropole ist eine riesige Zeltstadt errichtet worden, in der die Flüchtlinge unterkommen sollen. Jeden Monat sind es etwa 130 neue Flüchtlinge. Schon längt ist die Kapazitätsgrenze erreicht. Der klammen Stadt fehlt es an Mitteln, um dem Problem auf menschwürdigere Weise zu begegnen als Zelte zu errichten.

"Wir haben so viele Zuweisungen, dass wir an unsere personellen Grenzen stoßen", sagte der Sozialdezernent der Stadt, Reinhold Spaniel. Nein, stolz sei er nicht auf das, was er hier sehe - und meinte die vielen Pritschen, die in den Zelten aufgestellt worden sind. Zwar hatte die Bezirksregierung Arnsberg am Dienstag angekündigt, die Zuweisung der Flüchtlinge nach Duisburg vorerst zu stoppen — die Probleme sind damit aber nicht gelöst.

Das ist das Problemhaus in Mönchengladbach
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Foto: hpr

Nun haben sich die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche bereit erklärt, 80 Flüchtlingen befestigten Wohnraum zu bieten. Allein bei der katholischen Kirchengemeinde St. Dionysius sollen es nach "WDR"-Informationen in drei Immobilien 60 Menschen sein.

Beispiel Düsseldorf: Die Landeshauptstadt begegnet dem Zustrom auf andere Weise: Da es in Düsseldorf an Unterkünften mangelt, bringt sie die Asylsuchenden in Hotels unter. Derzeit leben mehr als 500 Flüchtlinge in Hotels in der Innenstadt - und damit rund doppelt so viele wie im Frühjahr. Die Zahl der Asylbewerber in Düsseldorf insgesamt ist in den vergangenen Wochen auf rund 1500 und damit auf den höchsten Wert seit vielen Jahren angestiegen. 2008 hatte es noch 342 Asylbewerber in der Stadt gegeben, im vergangenen Jahr waren es 1029.

Beispiel Mönchengladbach: Hier dient eine ehemalige Schule mit vier Klassenräumen und einer Aula 45 Flüchtlingen als Unterkunft. Eine Notlösung unter vielen. Denn neben der ehemaligen Schule gibt es in der Stadt ein altes Hotel, fünf Gemeinschaftsunterkünfte, drei Mehrfamilienhäuser und 25 Wohnungen, die zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden.

Beispiel Krefeld: 860 Flüchtlinge leben in der Seidenstadt. Einige davon sind in die ehemalige Don-Bosco-Schule im Südbezirk untergebracht. Seit Juli 2014 ist die Zahl der Asylsuchenden um neun Prozent gestiegen. Und auch die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge nimmt seit einigen Monaten stark zu. Rund 40 Prozent der Asylbewerber sind weiterhin Roma, viele davon aus den Balkanländern.

Beispiel Grevenbroich: Die Kapazität der Flüchtlingsheime ist längst erschöpft. Die Stadtverwaltung sucht nach neuen Standorten, um insgesamt 32 Plätze für Asylbewerber zu schaffen. Derzeit werden zwei Flächen näher in Betracht gezogen: die ehemalige Nato-Kaserne in Kapellen und ein Gelände am Langer Weg in Gustorf. Ob dort Unterkünfte errichtet werden können, wird zurzeit im Rahmen einer Bauvoranfrage geklärt. Sie besteht nach Angaben eines Stadtsprechers aus zwei Anlagen mit Wohn-, Sanitär- und Küchenbereichen. Für jede Einheit werde eine Fläche von etwa 500 Quadratmetern benötigt, insgesamt also etwa 1000 Quadratmeter.

Der NRW-Städtetag hat auf die Missstände und die Probleme der Kommunen reagiert: Er fordert vom Land mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen. So müssten die Landeszuweisungen an die Städte dringend erhöht werden. Die Pauschalbeträge pro Asylbewerber seien viel zu niedrig, kritisierte er. Einzelne Städte bekämen nur 20 Prozent ihrer Ausgaben ersetzt. Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, teilte am Mittwoch mit: "Wir können die Städte und Gemeinden mit dieser zunehmend schwierigen Aufgabe nicht allein lassen." Nur eine ausreichende Finanzierung seitens des Landes sichere angesichts knapper kommunaler Kassen die Akzeptanz für Flüchtlinge in der Bevölkerung.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwartet in diesem Jahr 170 000 Asylanträge - das sind soviele wie seit gut 20 Jahren nicht mehr. Nach Angaben der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg werde derzeit händeringend nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten gesucht.

(nbe)
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