Sicherheitskräfte am Düsseldorfer Flughafen "Bei dem Druck geht manches durch"

Düsseldorf · Sicherheitskräfte am Düsseldorfer Flughafen klagen über zu hohe Arbeitsbelastung an den Kontrollstellen. Manche seien dadurch psychisch am Ende. Kriminelle versuchen, den Frust auszunutzen.

 Eine Sicherheitskontrolle am Düsseldorfer Flughafen. (Archivfoto).

Eine Sicherheitskontrolle am Düsseldorfer Flughafen. (Archivfoto).

Foto: Hans-Juergen Bauer

Viel passt nicht hinein in den nur wenige Quadratmeter großen Aufenthaltsraum, der sich in der fünften Etage am Flugsteig A des Düsseldorfer Flughafens befindet. Ein paar Stühle und Tische. Einen Automaten gibt es, an dem man sich Süßigkeiten ziehen kann, und eine Mikrowelle, in der sich die Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen in ihrer 30-minütigen Pause ihr Essen aufwärmen können - sollten sie dafür Zeit haben.

"Wir benötigen schon 14 Minuten vom Arbeitsplatz zum Pausenraum und zurück. Hinzu kommen zwei bis drei Minuten Wartezeit in der Personalkontrolle, durch die wir müssen", rechnet Stefan Becker (39)* vor, der am Düsseldorfer Flughafen an den Kontrollbändern arbeitet. "Das heißt, dass wir kaum Pause haben, um uns zu erholen. Dabei müssen wir sehr konzentriert sein bei der Arbeit."

Zwischen acht und zehn Stunden dauert eine durchschnittliche Schicht eines Securitymitarbeiters an den Sicherheitsschleusen, durch die täglich Tausende Passagiere mit ihrem Handgepäck müssen. "Wir stehen ständig unter Strom, müssen immer hochkonzentriert sein, weil wir uns keine Fehler erlauben, nichts übersehen dürfen", erklärt Murat Tekin (29)*, der ebenfalls im Bereich der Fluggastsicherung beschäftigt ist.

Doch er räumt ein, dass es nicht möglich sei, fehlerfrei zu arbeiten. "Uns geht schon manches durch. Das liegt an mangelnder Schulung, an fehlerhafter Technik und an dem enormen Druck, alles richtig machen zu müssen", betont der 29-Jährige. Es sei sogar so leicht, gefährliche Gegenstände durchzuschleusen, dass sich bereits Vielflieger einen Spaß daraus machten, nur um das Sicherheitspersonal bloßzustellen. "Sie schleusen absichtlich etwas Illegales durch und sagen dann, guckt mal: Was ihr wieder übersehen habt. Sie bekommen dafür aber keine Anzeige, sondern wir bekommen den Ärger, weil wir es nicht entdeckt haben", so Tekin.

"So etwas sickert schon vorher durch"

Derzeit findet am Düsseldorfer Airport der sogenannte nationale Audit statt. Bundespolizisten aus Potsdam überprüfen und bewerten dabei die Sicherheit des Flughafens. Sie befragen etwa Sicherheitskräfte nach ihren Aufgaben, wollen von ihnen wissen, was sie gesetzlich dürfen und was nicht.

Auch den Ablauf der Kontrollen schauen sich die Beamten aus Potsdam genau an. Eigentlich soll niemand am Flughafen wissen, dass die Kontrolleure da sind. "Doch weil alle Beteiligten (Flughafenbetreiber, Bundespolizei und die von ihr beauftragte Security) ein Interesse haben, bei dem Test gut abzuschneiden, sickert so etwas schon vorher durch", erklärt ein Insider. "Deshalb arbeiten an diesen Tagen möglichst die besten Mitarbeiter. Sie sind gebrieft und wissen, was sie zu sagen und zu tun haben."

Bei den "Realtests" der Bundespolizei, die unangekündigt und jederzeit stattfinden können, sehe das Ergebnis hingegen nicht so gut aus. "Die Durchfallquote ist dabei sehr hoch", sagt Becker. Die betroffenen Mitarbeiter, die bei diesen Tests einen Gegenstand übersehen, bekommen eine verwaltungsrechtliche Abmahnung von der Bundespolizei. Im Wiederholungsfall drohe sogar der Entzug der Arbeitsbefähigung. Ein Unding, meint Verdi-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim. "Die Mitarbeiter können manche Gegenstände nicht entdecken, weil sie dafür nicht geschult sind", kritisiert Tarim. "Das liegt daran, dass sie zum Teil mit veralteter Software angelernt werden. Daher ist es ungerecht, sie für etwas zu bestrafen, für das sie nichts können. Am Köln/Bonner Airport herrschen übrigens die selben Arbeitsbedingungen."

Sicherheit höchte Priorität

Die ständige Angst, durch eine dieser Kontrollen den Arbeitsplatz verlieren zu können, habe einige Sicherheitsleute bereits psychisch krank gemacht. Einige seien frustriert, heißt es. Das mache sie anfällig für Kriminelle. "Wir Sicherheitsleute werden von Unbekannten gezielt angesprochen. Sie bieten uns Geld an, damit wir bei den Kontrollen nicht so genau hinschauen", sagt er. Die Bundespolizei kennt die Gefahr und bittet alle Betroffenen, die Fälle sofort zu melden. Auch der Flughafen Düsseldorf nimmt mögliche Sicherheitslücken sehr ernst. "Die Sicherheit hat im Luftverkehr immer höchste Priorität. Darum gilt es bei solch sensiblen Themen immer, ausgesprochen wachsam zu sein", sagte Flughafensprecher Christian Hinkel. "Grundsätzlich gibt es eine 100-prozentige Sicherheit in keinem Lebensbereich. Generell ist der Luftverkehr aber der Verkehrsträger mit den höchsten Sicherheitsstandards."

Stefan Becker trinkt in seiner Pause gerne Cola, weil sie ihn wach hält. Während der Arbeit darf der Sicherheitsmann sie nicht trinken; an den Schleusen sind nur zuckerfreie Getränke erlaubt. Der Grund: Die Cola könnte umkippen, auslaufen und den Boden verkleben. "Auf so etwas wird eben penibel geachtet", sagt er.

*Namen und Alter geändert

(csh)
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