Bahnstreik trifft den Nahverkehr Bahn kritisiert Lokführer – Weselsky verteidigt Streik

Update | Berlin · Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn ist in vollem Gange. In der Nacht auf Montag wurde der Arbeitskampf auf den Personenverkehr ausgeweitet. Die Bahn ist mit dem Verlauf der ersten Stunden zufrieden.

 Am Montag trifft es auch die Pendler in NRW.

Am Montag trifft es auch die Pendler in NRW.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte/DPA

Der Bahnstreik hat den Zugverkehr deutlich eingeschränkt. Nach der Ausweitung der aktuellen Arbeitsniederlegungen auf den Personenverkehr kam es in dem Bundesland zu zahlreichen Zugausfällen, Reisende und Pendler mussten umplanen. Der Ersatzfahrplan sei aber stabil angelaufen, sagte eine Bahn-Sprecherin am Montagmorgen in Düsseldorf. „Es gibt ein verlässliches Grundangebot.“ Im Bundesschnitt könne etwa ein Viertel der Fernzüge trotz des Streiks fahren und etwa 40 Prozent der Regionalbahnen. Zahlen für NRW nannte sie nicht.

Gewerkschaftschef Claus Weselsky bekräftigte im ZDF-Morgenmagazin die Ablehnung des jüngsten Angebots der Bahn, über eine Corona-Prämie zu verhandeln. Es sei nicht klar, ob die Prämie "hundert oder 600 Euro" betrage, sagte er. Der Bahn warf Weselsky vor zu taktieren: "Die wussten vorher, dass wir nein sagen."

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte ihren Streik bei der Deutschen Bahn am frühen Montagmorgen auch auf den Personenverkehr ausgeweitet. „Pünktlich um zwei Uhr morgens sind wir in den Streik gegangen“, sagte ein Mitarbeiter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am frühen Montagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Bis Mittwochfrüh, 2 Uhr, müssen sich Millionen Reisende auf massive Einschränkungen vor allem im Fernverkehr einstellen. Neben den Lokführerinnen und Lokführern sind erneut auch Beschäftigte in der Infrastruktur - etwa in den Stellwerken - aufgerufen, die Arbeit ruhen zu lassen.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat angesichts der erneuten Streiks bei der Bahn eine Änderung des Tarifeinheitsgesetzes gefordert und die Konfliktparteien zu Verhandlungen aufgefordert. "Es wäre gut, wenn jetzt beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Mit Streik und Pressekonferenzen löst man keinen Konflikt", sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die nächste Bundesregierung müsse ein komplett neues Tarifeinheitsgesetz ausarbeiten. "Das bisherige Gesetz kann man in die Tonne treten. Es löst das Problem der konkurrierenden Gewerkschaften nicht", sagte Naumann. Der Pro-Bahn-Chef schlug vor, durch Wahlen von Gremien, die dann Tarife verhandeln, die verschiedenen Gewerkschaften jeweils einzubinden.

Im Fall der Bahn sei eine Lösung besonders notwendig, da von Streiks nicht nur die Arbeitgeber, sondern immer auch die Fahrgäste betroffen seien, betonte Naumann.

Die Bahn scheiterte am Sonntag mit dem Versuch, den Streik im Personenverkehr noch abzuwenden. Sie erklärte sich bereit, über eine Corona-Prämie für die Beschäftigten, eine der GDL-Forderungen, zu verhandeln. Die GDL sah darin jedoch ein „Scheinangebot“ und hielt an den Streikplänen fest.

Eine genaue Einschätzung der Auswirkungen sei erst nach dem Betriebsstart am Morgen möglich, teilte die Deutsche Bahn in der Nacht mit. Im Regional- und S-Bahnverkehr wird ein Fahraufkommen von etwa 40 Prozent der Bahnen erwartet. Das Unternehmen will rund ein Viertel der Fernzüge fahren lassen. Vor allem auf einigen Hauptachsen soll alle zwei Stunden ein Zug fahren. Doch das Angebot werde regional sehr unterschiedlich verteilt sein, hieß es. Zugausfälle und Verspätungen werden zur Regel.

Der Konzern geht davon aus, dass sich der Fernverkehr im Laufe des Mittwochs wieder normalisieren wird. Es ist bereits die zweite Streikwelle im laufenden Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL. Vor rund zwei Wochen hat die Gewerkschaft bereits zwei Tage lang große Teile des Personenverkehrs lahmgelegt. Dieses Mal hatten die Reisenden allerdings länger Zeit, sich auf den Arbeitskampf einzustellen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte bereits am Freitag die Streikaktionen angekündigt.

„Es ist nicht das Ziel der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in Deutschland, den Eisenbahnverkehr lahm zu legen“, sagte er am Freitag. „Sondern es ist das Ziel, bessere Einkommen zu erreichen, die Kleinstrente zu schützen.“

In dem Tarifstreit geht es unter anderem um mehr Geld für die Beschäftigten. Über die Höhe der künftigen Löhne und Gehälter sind sich beide Seiten einig: 3,2 Prozent mehr soll es geben. Aber über den Zeitpunkt der Auszahlung besteht Uneinigkeit. Offen sind außerdem Fragen zur Betriebsrente, die Höhe einer möglichen Corona-Prämie für die Beschäftigten sowie zum Einflussbereich der GDL.

Denn nicht zuletzt geht es der Gewerkschaft in der Auseinandersetzung auch um den eigenen Einfluss im Konzern, den sie durch das sogenannte Tarifeinheitsgesetz gefährdet sieht. Das Gesetz sieht vor, dass in einem Betrieb mit zwei konkurrierenden Gewerkschaften nur die Tarifverträge der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung zur Anwendung kommen. Bei den Betrieben der Deutschen Bahn ist das in der Regel die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Zuletzt hatte auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beide Seiten dazu aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Machen Sie die gute Entwicklung nach der langen Covid-Durststrecke nicht durch einen langwierigen #Tarifkonflikt wieder zunichte! Die Lage ist besorgniserregend“, schrieb er auf Twitter mit Blick auf den sich nach der Corona-Krise langsam wieder erholenden Fernverkehr.

Dieser Text wird ständig aktualisiert.

(th/lils/dpa/afp)
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