Hamminkeln Bahn sagt: Trog in Mehrhoog ist viel zu teuer

Hamminkeln · Vier Gleise, vier Meter hohe Lärmschutzwände, die Bahnhofstraße im Bogen unter die Gleise her: Die Bahn hat gestern ihre Pläne vorgestellt für den 9,8 Kilometer langen Ausbauabschnitt der Betuwe bei Mehrhoog.

 Entlang der Siedlung "Schnellenhof" soll die neue Bahnhofstraße in Höhe des Dorfplatzes (oben) unter die Bahnstrecke führen.

Entlang der Siedlung "Schnellenhof" soll die neue Bahnhofstraße in Höhe des Dorfplatzes (oben) unter die Bahnstrecke führen.

Foto: Bahn

Das Phantom hat seit gestern ein Gesicht. Zumindest ein gezeichnetes. Stefan Ventzke, Projektleiter der Bahn für den Ausbau der Betuwe, hat gestern die Eckpunkte für den Ausbau des Schienenstranges vorgestellt, mit denen die Bahn nun ins Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt 2.3 geht. Die Pläne füllen 18 Aktenordner, die vom 11. März bis zum 8. April im Rathaus offengelegt werden.

Bis zum 24. April, 0 Uhr, haben dann die Bürger Gelegenheit, ihre Betroffenheit ins Verfahren einzubringen. Grundsätzlich: Die Bahn stimmt den Anrainern zu, dass die Beseitigung der schienengleichen Übergänge Priorität hat vor Lärmschutz. Erst nach Bau des dritten Gleises wird Blockverdichtung möglich. Die wesentlichen Einzelaussagen der Bahn für den Abschnitt zwischen Strauchheide (Stadt Wesel) und Sonsfeld (Stadt Rees):

Sie soll für motorisierten Verkehr im südlichen Bogen angrenzend an den Dorfplatz unter die Schienen hergeführt werden. Für Fußgänger und Radfahrer gibt's eine Unterführung in Höhe des heutigen Überganges, der geschlossen wird. Die Tövener Straße bleibt in einer Richtung befahrbar.

Die vom Rat geforderte Tieferlegung der Schiene auf einer Länge von 1,5 Kilometer ist für die Bahn keine Alternative. Dafür müssten nicht nur Häuser abgerissen werden. Das Projekt 2.3, mit 145 Mio. Euro kalkuliert, würde mehr als doppelt so teuer, wenn die Betuwe-Linie in der Ortslage komplett im Boden versinken würde. Auch der halbe Trog würde noch zusätzlich 90 Mio. Euro verschlingen. "Unverhältnismäßig", sagt die Bahn.

Der Bahnhof Mehrhoog wird komplett umgebaut. Die P & R-Anlage aber bleibe weitgehend erhalten. Im "Überhol-Kreuzungsbereich" Bahnhof liegen vier Gleise. Das neue Gleis wird östlich gebaut. Weil perspektivisch hier der Rhein-Ruhr-Express (RRX) halten soll, ist ein 180 Meter langer Mittelbahnsteig geplant worden, dazu ein Außenbahnsteig. Beide sind nur über rund 80 Meter lange, allerdings barrierefreie Rampen zu erreichen. Die Stadt fordert Aufzüge und andere Verbesserungen beim Zugang. Darüber wird im Verfahren verhandelt.

Die Bahn plant rechts und links der etwa 25 Meter breiten Schienenkorridore mit vier beziehungsweise drei Meter hohen (ab Schienenoberkante) "hochabsorbierenden" Schallschutzwänden. Grundsatz: Dämmung geht vor Optik. Dennoch schloss Ventzke transparente Wände nicht kategorisch aus. Ein Großteil (84 Prozent) der betroffenen 4450 Häuser könnten durch Wände geschützt werden. Mit passiven Maßnahmen wie Schallschutzfenster oder Belüftungen (wegen nachts geschlossener Fenster) seien Schutzanforderungen zu 100 Prozent erfüllt. Projektleiter Ventzke erläuterte, dass die Rechnung "mehr Züge = mehr Lärm" nicht aufgehe. Selbst die Verdopplung der Zugfrequenz bringe "nur" drei Dezibel mehr. Kategorie "wahrnehmbar". Mit Lärmschutz "wird's leiser", so die unmissverständliche Aussage der Bahn-Planer.

Die Bahnplaner gehen davon aus, dass Anfang nächsten Jahres die ersten Planfeststellungsbeschlüsse für einzelne Abschnitte vorliegen. Bis die europaweiten Ausschreibungen auf den Weg kämen, würden eineinhalb Jahre vergehen. Das hieße, dass frühestens Ende 2015 die ersten Bagger an der Betuwe anrücken. Es wird mit einer Bauzeit von fünf bis sieben Jahren gerechnet. Gebaut wird "unter rollendem Rad". Der Schienenverkehr wird eingeschränkt, aber nicht ausgebremst. Zeitlich Vorrang habe die Beseitigung der Übergänge. Dass die zügig verschwinden, ist auch Wunsch von Bürgermeister Schlierf. Die Bahn brauche in Mehrhoog im Einzelfall zwar Grundstücke von Anliegern, Häuser müssten aber nicht abgerissen werden.

Die Stadt hilft bei der Offenlage im Ratssaal "durch die Akten", so Bürgermeister Schlierf, und nimmt auch Stellungnahmen von Betroffenen zu Protokoll, dürfe aber keine Rechtsberatung leisten. Die Bedenken sollten möglichst konkret vorgetragen werden. Die Pläne seien in Kürze auf der Internetseite der Stadt einzusehen.

(RP/rl)
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