Fast zwei Jahre nach der Flutkatastrophe „Ey, da ist Angela Merkel!“ – Bürger in Bad Münstereifel von Besuch überrascht

Bad Münstereifel · Im Juli 2021 verwüstete eine Flut ganze Regionen in NRW – auch Bad Münstereifel wurde schwer getroffen. Angela Merkel löste jetzt ein altes Versprechen ein.

Angela Merkel löst Versprechen ein und besucht Bad Münstereifel​
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Angela Merkel löst Versprechen ein und besucht Bad Münstereifel

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Foto: dpa/Oliver Berg

Ein bisschen hat es sich dann doch herumgesprochen im nordrhein-westfälischen Bad Münstereifel, dass hier gleich etwas passieren muss. Die Polizisten auf der Straße vor dem Rathaus und die Männer in Anzügen haben es vermuten lassen. Bald wird der Grund für den kleinen Menschenauflauf klar: Erst kommt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst - wenig später steigt die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) aus einer schwarzen Limousine aus.

Ein Fahrradfahrer erkundigt sich vor ihrer Ankunft bei den Wartenden. „Ach, das ist ja sehr geheim gehalten worden“, sagt er verblüfft, als er über das Kommen der ehemaligen Bundeskanzlerin aufgeklärt wird. Merkel hatte den Besuch nicht offiziell angekündigt.

Flutkatastrophe in NRW: So sieht es in den Orten einen Monat danach aus
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So sieht es einen Monat nach der Flutkatastrophe in NRW aus

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Foto: dpa/Roberto Pfeil

In Bad Münstereifel (Kreis Euskirchen) löst sie ein altes Versprechen ein: Sie war schon einmal hier gewesen, vor knapp zwei Jahren. Damals, ungefähr eine Woche nach dem verheerenden Starkregen im Juli 2021, hatte sie den Verantwortlichen in der Kommune zugesagt, noch einmal wiederzukommen - auch wenn sie dann nicht mehr im Amt sei. Das beschauliche Städtchen mit Fachwerkhäusern ist einer der am schwersten von der Flut getroffenen Orte; zahlreiche Menschen kamen hier ums Leben.

Am Dienstag spricht Merkel kurz mit kommunalen Vertretern im Rathaus, dann schlendert sie - in legerer Jacke und begleitet von einem Tross aus Politik-Mitarbeitern und Pressevertretern - durch den Ort. Sie besucht ein Kleidungsgeschäft, einen Süßigkeitenladen, ein Restaurant und spricht mit Leuten, zu denen sie bereits bei ihrem Besuch vor knapp zwei Jahren Kontakt hatte. Eine Rede hält sie nicht, auch an die Presse richtet sie nicht das Wort. Das Signal: Sie ist für die Bürger und die Verantwortlichen in dem rund 18 000 Einwohner zählenden Ort gekommen.

„Jetzt gibt’s auch schon wieder richtig was zu zeigen“, sagt sie mit Blick auf die größtenteils wieder hergerichtete Stadt zu Mitarbeitern, die dafür die Ärmel hochgekrempelt hatten. „Danke dafür.“ Dennoch ist der Wiederaufbau noch nicht komplett bewältigt.

„Es ist schön, dass sie präsent ist, find‘ ich gut“, sagt ein Mann, während er auf die Ankunft des hohen Besuchs wartet. Es sei aber klar, dass hier weiter Geld fehle. „Und das Geld kann uns die Frau Merkel leider nicht mehr bringen."“

Die Infrastruktur sei - auch mithilfe der Wiederaufbauhilfe - weitestgehend wiederhergestellt, sagt Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (CDU). Neben der Kernstadt gebe es aber vor allem auf den Dörfern noch einiges zu tun.

An den Zustand der Innenstadt bei Merkels erstem Besuch im Juli 2021 erinnert an diesem Dienstag aber wenig. Die Erft fließt - ein paar Dutzend Zentimeter tief - wieder im Flussbett, das mitten durch die Stadt führt. Vor knapp zwei Jahren war sie meterhoch angestiegen und hatte für Verwüstung gesorgt. Damals habe es hier ausgesehen, „wie in einem Kriegsgebiet“, schildert Cafébesitzer Günter Portz, der Merkel Fotos von der damaligen Zerstörung zeigt.

Sie habe natürlich keinen Moment ausgelassen, Merkel immer wieder einzuladen, betont die Bürgermeisterin. Merkel habe stets gesagt, dass sie zwar jetzt nicht könne, aber wiederkommen werde. Nun sei Anfang des Jahres der Anruf gekommen, dass es eine Gelegenheit gebe: Den Grund lieferte die Verleihung des Staatspreises NRW am Dienstagnachmittag im gut 60 Kilometer entfernten Köln.

Zwar gab es einen kleinen Kreis von Eingeweihten. Der Großteil der Bürger ist an dem sonnigen Mittag aber überrascht. An den Tischen vor einem Café werden Handys gezückt, als der Tross um die Ex-Kanzlerin anrückt. Die Stimmung ist bestens, auch bei Merkel. Hier ein „Danke“, da ein signiertes Kanzlerinnen-Porträt: Es äußern sich nur Merkel-Fans. Gegner - so sie denn da sind - melden sich nicht zu Wort.

Ganz anders also als im Juli 2021, als die Stimmung in der Stadt angespannt war. „Wo waren die Sirenen?“ war bei ihrem Besuch damals etwa gerufen worden.

„Ey, da ist Angela Merkel!“ Besonders Teenager sind über den für sie überraschenden Besuch hellauf begeistert. Die Jungen und Mädchen, die vor Olaf Scholz (SPD) keine andere Regierungsspitze als Merkel erlebt haben, flippen aus als wäre ein Popstar in das Städtchen gekommen. Zig Selfie-Wünsche werden erfüllt. Die Ex-Kanzlerin scheint bei einem ihrer wenigen öffentlichen Auftritte das Bad in der Menge zu genießen.

„Ehre“, ruft ein Teenager, dessen Kumpel eben eines der begehrten Fotos bekommen hat. Andere holen alles aus ihren Handys heraus und versuchen mit hochgehaltenen Händen, über die Pressefotografen hinweg eigene Bilder des prominenten Gasts zu bekommen.

Wüst, der Mann, der heute tatsächlich überregional politische Macht hat, läuft an dem Tag dagegen wortwörtlich in der zweiten Reihe. Er freue sich über die Anerkennung für Merkel, „dass auch die ganz Jungen sie kennen und sie offensichtlich auch sehr mögen“, sagt er. Ob er denn neidisch sei? „Nein“, sagt er lachend. „Das kann ich gut haben.“

 Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (M, CDU), und NRWs-Ministerpräsident Hendrik Wüst (l, CDU) machen beim Rundgang in Bad Münstereifel ein Selfie mit einem Jungen.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (M, CDU), und NRWs-Ministerpräsident Hendrik Wüst (l, CDU) machen beim Rundgang in Bad Münstereifel ein Selfie mit einem Jungen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Nach eineinhalb Stunden ist der Besuch vorbei. „Ich habe, glaube ich, alles gesagt, was zu sagen war“, sagt Merkel noch einem Reporter, der es mit einer Nachfrage probiert. Dann steigt sie wieder in die Limousine, die sie zur Preisverleihung nach Köln bringt.

(mzu/dpa)
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