Röhrende Motoren Forderungen nach Verkehrslärm-Blitzern werden lauter

Düsseldorf · Ob auf dem Land oder in der Stadt: Verkehrslärm nervt - und kann krank machen. Um besonders laute Auto- und Motorradfahrer auszumachen, werden in NRW nun Lärm-Blitzer gefordert. An den Geräten gibt es aber auch Kritik.

 Ein Lärm-Blitzer mit dem Namen «Méduse» von Bruitparif wird in Frankreich getestet (undatierte Aufnahme).

Ein Lärm-Blitzer mit dem Namen «Méduse» von Bruitparif wird in Frankreich getestet (undatierte Aufnahme).

Foto: dpa/--

Aufheulende Motoren, quietschende Reifen: Laute Auto- und Motorradfahrer gehen besonders im Sommer vielen Menschen auf die Nerven. In den Städten sind es die Autoposer mit aufgemotzten Schlitten, auf dem Land eher die Motorradfahrer auf den bei ihnen beliebten Strecken.

In Nideggen in der Eifel etwa lassen viele Menschen nachts trotz der heißen Temperaturen die Fenster zu. Auch Nideggens Bürgermeister Marco Schmunkamp (parteilos) kann die Motorradfahrer bis tief in die Nacht hören, obwohl er ein Stück von ihren Lieblingsstrecken entfernt wohnt, wie er erzählt. Bürger beschweren sich regelmäßig bei ihm über den Lärm am Tag und in der Nacht. Schmunkamp ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch Vorsitzender der Initiative „Silent Riders“: Er will den Fahrern mit überlauten Maschinen das Handwerk legen.

Die Initiative fordert den Einsatz von Lärm-Blitzern. Die Geräte messen im Gegensatz zu Radarfallen nicht das Tempo, sondern den Lärmpegel von Autos und Motorrädern. Mit einer Kamera und einem Kennzeichenlesegerät könnten überlaute Fahrer identifiziert werden. Das Ziel sind Strafzettel mit Dezibel statt Stundenkilometern. Solche Lärm-Blitzer werden aktuell in Frankreich und der Schweiz getestet.

Auch in Nordrhein-Westfalen werden die Rufe danach lauter. „Die Motorradfahrer sagen, ihr nehmt uns unsere Freiheit“, sagt Schmunkamp. „Aber die Freiheit endet doch da, wo ich jemanden anderen einschränke. Wenn da einer zum Beispiel meint, er muss besonders laut im zweiten Gang durch den Ort fahren.“

Nicht nur in der Eifel, auch im westfälischen Hamm werden Lärm-Blitzer gefordert. Die dortige CDU rief die Stadt dazu auf, sich für ein Pilotprojekt beim Land zu bewerben. In Dortmund verlangen CDU und Grüne gemeinsam, den Einsatz von Lärm-Blitzern zu prüfen.

Verkehrsgeräusche kommen plötzlich - das macht sie zur unangenehmsten Lärmquelle, sagt Akustik-Expertin Brigitte Schulte-Fortkamp. „Man weiß nie genau, wann ein Geräusch auftauchen wird, wie laut es sein wird und wie lange es dauern wird“, so die Lärmforscherin. An solche Verkehrsgeräusche könne man sich nie ganz gewöhnen - auch wenn man es sich einrede. „Das ist ein Trugschluss, und zwar ein gefährlicher“, erklärt Schulte-Fortkamp. Anhaltender Verkehrslärm sei vor allem nachts nervenzehrend - und könne auf Dauer krank machen: Neben Stress und Ängsten drohen im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Aktuell ist die Polizei für die Verkehrslärm-Prüfung zuständig, oft mit eigenen Messgeräten. Die maximal erlaubte Dezibelzahl eines Fahrzeugs steht im Fahrzeugschein. Lärm-Blitzer bräuchten keine Polizisten an ihrer Seite. In Deutschland werden die Geräte aktuell allerdings weder genutzt noch getestet. Ist die Technik zu kompliziert? Nein, sagt ein Sprecher des Bundesverbandes für Verkehrssicherheit in Berlin. Die Entwicklung und die Produktion von Lärmblitzern sei „überhaupt kein Hexenwerk“. Allerdings gebe es hohe rechtliche Hürden für den Einsatz der Geräte.

Es fehle vor allem die Technik, um den Lärmpegel rechtssicher einzelnen Autos oder Motorrädern zuzuweisen, sagt ein Sprecher des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf. Denn dafür dürften keine Zweitgeräusche in die Messung einfließen - etwa von entgegenkommenden Fahrzeugen.

Für das Ministerium bleiben Lärm-Blitzer deswegen erst einmal nur ein grundsätzlich „interessantes Projekt“. Eine Ahndung wie bei Tempoverstößen sei aktuell ohnehin nicht möglich, weil der Bußgeldkatalog keine entsprechende Dezibel-Staffelung vorsehe.

Bürgermeister Schmunkamp und „Silent Riders“ fordern deshalb die Einführung von Lärmobergrenzen in Ortschaften. So könnten zum Beispiel die Fahrer schneller enttarnt werden, die ihre Auspuffanlagen manipuliert haben. „Aber davon sind wir in Deutschland noch meilenweit weg“, sagt Schmunkamp.

Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen gibt es stattdessen seit einigen Jahren einen milden Einsatz der Lärmkontrollgeräte: sogenannte Lärmdisplays. Zwei dieser Displays sind bei Wermelskirchen installiert. Die leuchtenden Bildschirme sollen mit den Worten „Pssst... RÜCKSICHT!“ zum leisen Fahren animieren, wenn ein besonders lauter Zeitgenosse angerauscht kommt.

(peng/dpa)
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