Diebstahl in NRW „Keyless Go ist ein Schwachpunkt moderner Autos“

Düsseldorf · In NRW werden weniger Autos gestohlen, dafür aber in Großstädten umso teurere. Zunehmend nutzen Kriminelle dafür die „Keyless Go“-Technologie. Ein ADAC-Techniker gibt Ratschläge, wie man sich vor den Diebes-Maschen schützen kann.

 Ein Mann drückt den Start-Stop-Knopf seines Autos mit „Keyless Go“-Technologie (Symbolbild).

Ein Mann drückt den Start-Stop-Knopf seines Autos mit „Keyless Go“-Technologie (Symbolbild).

Foto: dpa/Matthias Balk

In Nordrhein-Westfalen werden immer mehr Autos mit der sogenannten „Keyless Go“-Technologie gestohlen. Fünf Männer aus Polen sollen sich darauf spezialisiert und hochwertige Autos in Köln, Haan und Monheim geklaut haben. Seit Dienstag müssen sie sich wegen schweren Bandendiebstahls vor dem Kölner Landgericht verantworten.

„Keyless Go“-Schließsysteme kommen ohne Tastendruck aus. Nähert sich der Fahrer dem Auto, wird der Schlüssel per Funk erkannt und die Zentralverriegelung bei Berührung des Türgriffs entriegelt. Autodiebe nutzen aus, dass die „Keyless Go“-Schlüssel dauerhaft ein Signal an das Fahrzeug senden. Sie verwenden Geräte zur Verlängerung von Funkwellen, um die Technologie auszutricksen. Das im Internet gekaufte oder selbstgebaute Gerät wird nahe dem Autoschlüssel positioniert, also etwa vor einem Haus. Ein Komplize steht mit einem zweiten Gerät am Auto und fängt das Signal auf. Dem Fahrzeug wird dadurch vorgetäuscht, dass sich der Schlüssel in der Nähe befindet. „Keyless Go“ ist bei modernen Fahrzeugen weit verbreitet, der ADAC testete bereits mehr als 220 Modelle.

„Heutzutage werden viele Autos auf Bestellung geklaut“, sagt Heinz-Gerd Lehmann, Techniker beim ADAC Nordrhein. „Dabei handelt es sich meistens um exklusive, teure und besonders gut ausgestattete Fahrzeuge. Ältere Wagen werden häufiger von Laien gestohlen oder für weitere Straftaten benutzt.“ Ein Schwachpunkt moderner Autos sei die „Keyless Go“-Technologie: „Diebe können im Auto fliehen, ohne Spuren zu hinterlassen, und solange fahren, bis der Tank leer ist oder der Motor ausgeht.“ Das könne Autobesitzer in Erklärungsnot bringen: „Man kann schnell unter Verdacht geraten, das Auto selbst weggeschafft zu haben. Schließlich fehlt weder der Schlüssel, noch gibt es Spuren.“

In diesen NRW-Städten ist ihr Auto am stärksten gefährdet
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Foto: dpa/Axel Heimken

Genaue Zahlen zum Anteil von Diebstählen mit dieser Technologie hat die Polizei nicht. Statistisch wird jedoch alle zweieinhalb Stunden in NRW ein Auto gestohlen, wie Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) belegen. Im Jahr 2017 wurden in NRW 3729 Autos gestohlen, die gegen Diebstahl versichert waren. Damit sank die Anzahl der Autodiebstähle um zehn Prozent. Da nicht alle Wagen gegen Diebstahl versichert sind, lag die tatsächliche Anzahl an Diebstählen in NRW sogar noch darüber: Laut Polizei wurden 5860 Autos gestohlen, dazu kommen mehr als 1200 Versuche.

Nach Angaben des GDV wurden in der Mehrheit der Fälle Autos der Marken VW, Audi, BMW und Mercedes gestohlen. Doch auch Range Rover und Porsche waren sehr beliebt bei Kriminellen. Die Großstädte Düsseldorf, Köln und Dortmund waren stärker betroffen als im Vorjahr. Dort waren die gestohlenen Fahrzeuge deutlich wertvoller als der NRW-Durchschnitt von 19.923 Euro, den der GDV pro Auto zurückzahlte. In Düsseldorf lag die zurückgezahlte Summe bei mehr als 30.000 Euro. Der wirtschaftliche Gesamtschaden in NRW betrug dem Verband zufolge mehr als 74 Millionen Euro.

Zum Schutz vor dieser Masche rät die Polizei, Autos in Garagen zu parken und die „Keyless Go“-Schlüssel in Metallbehältern wie Keksdosen oder Etuis mit speziellen Folien aufzubewahren. Dadurch können die Funksignale nicht ausgelesen werden. Außerdem empfiehlt die Polizei, Funkschlüssel nicht in der Nähe von Fenstern und Außentüren aufzubewahren. Bei einigen Herstellern kann die Funk-Funktion auch deaktiviert werden. „Vor allem sollten Autofahrer aber überprüfen, ob das Auto wirklich abgeschlossen ist“, sagt Lehmann. Sowohl bei „Keyless Go“-Modellen als auch bei Funk-Schlüsseln können die Funksignale mit Geräten abgefangen werden. Das Signal wird dann unterbrochen und das Auto ist gar nicht abgeschlossen. Hier hilft ein einfaches Ziehen am Griff nach dem Abschließen.

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ADAC-Techniker Lehmann hat kein Verständnis dafür, dass sich die Autohersteller nicht stärker für den Diebstahlschutz ihrer Fahrzeuge engagieren. „Ein kleiner Chip im Schlüssel kann verhindern, dass die Funkstrecke verlängert werden kann. Der Schlüssel schaltet sich dann ab“, erklärt er. Laut ADAC bieten lediglich vier Automodelle (alle von 2018) einen erhöhten Diebstahlschutz bei der „Keyless Go“-Technologie: Der Land Rover Discovery, der Range Rover, der Range Rover Sport sowie der Jaguar E-Pace. Mehr als 180 Autos mit „Keyless Go“ hatte der ADAC in einem Test knacken können. Nachrüsten lassen sich die Modelle nicht. „Man kann nur hoffen, dass alle Autohersteller den Sicherheits-Chip serienmäßig einbauen“, sagt Lehmann. „In der Anschaffung kostet der Chip weniger als einen Euro.“

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