Verkehr, Kitas, Verwaltung in NRW Ausgebremst durch Streik: So reagieren Betroffene

Düsseldorf · Der Warnstreik bei den Öffentlichen Diensten legt Busse und Bahnen in NRW lahm. Doch die meisten Pendler wissen sich zu helfen. Es gibt ja auch Autos, Fahrräder - und zwei Beine.

Streik und Demo in Düsseldorf
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Die Menschenmenge aus dem Düsseldorfer Hauptbahnhof hastet auf die beiden Helfer in gelben Warnwesten zu. "Wie komm ich zur Nordstraße ?", "Ich muss nach Neuss", "Zur Universität?". Busse und Bahnen stehen in den Depots. Doch immerhin fahren ein paar Linien noch und bringen Pendler ihrem Arbeitsplatz zumindest etwas näher. Dass gestreikt wird, müssen die Servicekräfte des Verkehrsunternehmens erklären. Von der Gewerkschaft Verdi ist am Dienstagmorgen niemand da.

Manche Reisende nehmen die Zwangslage sportlich. "Wie gut, dass ich Gleitzeit hab", sagt eine Frau mit einem Anflug von Galgenhumor. Sie will nur wissen, wie sie am besten ins Büro kommt: "Zu Fuß - und immer den Schienen nach!"

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Nicht alle sind gelassen. An den rot-weißen Absperrbändern vor den Zugängen zur U-Bahn geht es nicht weiter. "Wie - Streik?" fragt entgeistert ein älterer Mann mit Aktentasche. "Dann streik ich auch - Arschlöcher!", platzt es aus ihm heraus und weg ist er. Schon am frühen Morgen verlieren manche die Nerven. "Ich arbeite ja auch für Ihre Rente", brüllt ein Herr einen anderen an, der Verständnis mit den Streikenden geäußert hat. Aber Verständnis gibt es auch. "Ich bin selber Erzieherin und fast alle meiner Kolleginnen haben noch einen Nebenjob, weil davon keiner leben kann", sagt eine 57-Jährige in Köln.

Immerhin fährt die Deutsche Bahn. Sonst hätte Michaela Kaniß aus Bielefeld die rund 110 Kilometer nach Dortmund mit dem Auto fahren müssen. Eine Viertelstunde wird sie wohl brauchen, um auf zwei Beinen zum Arbeitsplatz zu kommen. "Klar wäre es angenehmer, mit der U-Bahn zu fahren", sagt sie.

Gelassenheit auch in Köln: "Bisher stehen hier kaum Leute herum und winken verzweifelt. Die sind gut organisiert", sagt Taxifahrerin Ute Barthe am frühen Morgen. Später wurde es etwas mehr für die Droschkenkutscher. Aber viele Betroffene stiegen auf ihr Fahrrad um, gingen zu Fuß oder nutzten Fahrgemeinschaften.

Viele Schüler warten: "Wir wussten ja, dass gestreikt wird, aber dass gar nichts mehr fährt, hätten wir nicht gedacht", meint ein 25-Jähriger Schüler in Köln, der mit seinen Klassenkameraden nach Routen in die 20 Minuten entfernte Schule Ausschau hielt. In Düsseldorf macht sich ein angehender Lackierer aus Erkrath allen Zweifeln zum Trotz auf zum Fußmarsch in die Berufsschule. "Es wird keiner da sein", meinte er, "werde mich überraschen lassen".

Behinderte haben Probleme mit den Folgen des Streiks. Ein Rollstuhlfahrer ist auch nach einer halben Stunde in Düsseldorf noch nicht weitergekommen. Eine Frau kann nur hauchen: "Ich bin gehörlos". Sie liest von den Lippen, kann den gewohnten Weg nicht fahren. Ein Sicherheitsmann schreibt ihr die S-Bahn-Linie auf, mit der es weitergeht.

Wer sich nicht vorab informiert hat, den trifft der Stillstand von Bus und Bahn oft unvorbereitet. An einer Straßenbahn-Haltestelle wartet eine Frau mit Kopftuch und zwei kleinen Kindern schon lange geduldig, ehe sie erfährt, dass die Tram nicht kommt. An einer anderen Haltestelle hat ein polnischer Arbeiter Glück, als ihn ein Einheimischer im Auto mit in die Stadt nimmt.

Klarer Streikgewinner in Düsseldorf ist die Radstation am Bahnhof. "Nach eineinhalb Stunden waren schon 15 Fahrräder vermietet", berichtet Serviceleiter Heinz Ammertmann. Manche waren ein bisschen gestresst, andere locker drauf.

(lnw)
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