Flüchtlinge misshandelt Asylskandal: Innenminister Jäger zieht die Notbremse

Düsseldorf · Die Übergriffe in der Flüchtlingsunterkunft Burbach (Siegen-Wittgenstein) ziehen immer weitere Kreise. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat dem Essener Unternehmen "European Homecare" (EHC) nun die Betreuung des Heims in Burbach entzogen und sie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) übertragen.

Essen: Ermittler durchsuchen Firmenzentrale von European Homecare
9 Bilder

Essen: Ermittler durchsuchen Firmenzentrale von European Homecare

9 Bilder
Foto: ANC News

Begründet wird dies mit "massiven Verdachtsmomenten" gegen den bisherigen Leiter der Einrichtung. Die Staatsanwaltschaft Siegen hatte zuvor mitgeteilt, dass sich ihre Ermittlungen nicht nur gegen EHC-Geschäftsführer Sascha Korte, sondern auch gegen den Leiter in Burbach richteten.

Dabei gehe es um den Vorwurf, beide hätten zumindest vom Vorhandensein von "Problemzimmern" und deren Nutzung gewusst, aber diese nicht unterbunden. In den Zimmern sollen Asylbewerber wegen Fehlverhaltens eingesperrt worden sein. Falls die Vorwürfe zuträfen, gehe es um Freiheitsberaubung und Nötigung sowie um mögliche Körperverletzung, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Inzwischen haben die Ermittler die Büroräume von EHC in Essen, die Privatwohnung von Geschäftsführer Korte sowie Diensträume und Privatwohnung des EHC-Heimleiters in Burbach durchsucht. Dabei sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft "umfangreiche Unterlagen in Papier- und elektronsicher Form sichergestellt worden".

Die Auswertung werde allerdings "noch geraume Zeit" dauern. Zudem hätten sich Verdachtsmomente gegen weitere Personen ergeben, denen ebenfalls nachgegangen werde. EHC-Geschäftsführer Korte hat betont, dass sein Unternehmen "im Vorfeld keine Informationen über die Vorfälle in Burbach hatte".

Jäger: "Nichts wird unter den Teppich gekehrt"

Übergriffe auf Asylbewerber soll es auch in Essen und Bad Berleburg gegeben haben. Innenminister Jäger sagte, er werde die schonungslose Aufklärung der Geschehnisse in allen Flüchtlingseinrichtungen des Landes vorantreiben: "Nichts wird unter den Teppich gekehrt — das habe ich angekündigt, dazu stehe ich." Wo sich Missstände herausstellen sollten, würden Konsequenzen gezogen. Darauf hätten "die Menschen, die bei uns Hilfe und Schutz suchen, einen Anspruch".

EHC betreut in Nordrhein-Westfalen noch fünf andere Landesunterkünfte für Flüchtlinge, und zwar in Essen, Herford, Herne, Neuss und Schöppingen. Bundesweit sollen es insgesamt 40 Einrichtungen sein. EHC werde sich "einer umfassenden Überprüfung stellen müssen", sagte Jäger und fügte hinzu: "Ich bin mir sicher, dass auch meine Kollegen aus den Bundesländern mit EHC-Standorten mehr als nur kritische Fragen an EHC stellen werden." Betreiber von Asylunterkünften sind in NRW neben dem DRK auch die Malteserwerke, die Johanniter-Unfallhilfe und das Kolpingbildungswerk.

Der FDP-Politiker Joachim Stamp übt massive Kritik an Jäger und der rot-grünen Landesregierung: Überbelegung der Einrichtungen, Unterfinanzierung und systematisches Wegschauen der politisch Verantwortlichen hätten "mit Ansage in einen Morast an organisierter Verantwortungslosigkeit geführt". Stamp bekräftigte seine Forderung, in NRW das Amt eines Flüchtlingsbeauftragten einzurichten.

(hüw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort