Polizei-Anwärter mit Löwen-Tattoo „Arbeitgeber haben bei Tattoos Mitspracherecht“

Düsseldorf · Ein Polizist mit einer Tätowierung auf dem Unterarm strahlt nicht genug Autorität aus, sagt das Land NRW. Deshalb wollte es einen Polizei-Anwärter entlassen. Sind Tattoos im Jahr 2018 noch nicht normal?

Die Tätowierung des Polizei-Anwärters.

Die Tätowierung des Polizei-Anwärters.

Foto: dpa/Martin Höke

Auf seinem Unterarm prangt der Kopf eines Löwen – 20 mal 14 Zentimeter groß. Wegen dieses Tattoos wollte das Land NRW einen Polizei-Anwärter aus Mülheim entlassen. Die Tätowierung beeinträchtige aus Sicht des Landes die Autorität des 25-Jährigen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied, dass der Polizist seinen Job weitermachen darf.

Für Daniel Hautumm, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf, ist die Sache eindeutig: „Bei Tätowierungen, die nicht sichtbar sind, hat der Arbeitgeber keine Handhabe.“ Anders sei es aber bei denen, die zu sehen sind. „Da hat er schon Mitspracherecht. Schließlich repräsentiert der Mitarbeiter den Arbeitgeber, deshalb hat dieser ein berechtigtes Interesse daran, dass das Erscheinungsbild stimmt“, sagt Hautumm. Es kommt aber immer auf den jeweiligen Beruf an. „Bei Lehrern könnte es Schwierigkeiten geben mit Tätowierungen, die sichtbar sind“, sagt er. „Weil es sich bei ihnen um Autoritätspersonen mit Vorbildfunktion handelt.“

In der Sparkasse ist ein konservatives Erscheinungsbild erwünscht

Gerd Meyer, Pressesprecher der Stadtsparkasse Düsseldorf, hat Verständnis für die Entscheidung des Landes. „Gerade im öffentlichen Dienst ist das korrekte Auftreten wichtig“, sagt er.

In der Stadtsparkasse haben die Mitarbeiter laut Meyer keine sichtbaren Tattoos. „Ein konservatives Erscheinungsbild ist in Düsseldorf gefragt und ein Tattoo gehört nicht dazu“, sagt er. „Die Kunden erwarten ein entsprechendes Auftreten, auch die jüngere Kundschaft.“

Die Lufthansa sieht es genauso: „Solange die Tätowierungen und Piercings nicht sichtbar sind, dürfen Mitarbeiter welche haben“, sagt Sprecher Michael Lamberty. Wenn Flugbegleiter Tattoos haben, können sie diese mit ihrer Uniform verdecken. Sie dürfen nämlich lange Ärmel oder Hosen tragen. Tattoos an Händen oder im Gesicht seien aber nicht erlaubt. „Wir wollen nicht, dass Fluggäste davon irritiert sind“, sagt Lamberty.

In der Kita sind Tätowierungen bei Erziehern kein Problem

Locker geht man bei der Gothaer-Versicherung mit Tattoos um. „Tätowierungen haben keinerlei Auswirkungen auf die Entscheidung, ob jemand eingestellt wird oder nicht“, sagt Gothaer-Sprecherin Martina Faßbender. Alleine die Qualifikation sei entscheidend.

Auch in der evangelischen Kita an der Gottfried-Hötzel-Straße im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt sind Bewerber mit Tätowierungen willkommen. „Es kommt auf die Qualifikation an und darauf, ob jemand teamfähig ist“, sagt Kita-Leiterin Cornelia Urban. „Es ist die Privatsache unserer Erzieher, ob sie tätowiert sind oder nicht.“

Momentan gebe es einen Mitarbeiter, der an den Beinen und Armen tätowiert ist. „Das sieht man auch“, sagt Urban. „Aber ich glaube nicht, dass die Kinder deswegen auch ein Tattoo haben wollen.“ Viele Erzieher mit Tätowierungen habe es aber bisher nicht in der Kita gegeben. „Ich arbeite seit 40 Jahren hier. In dieser Zeit gab es zwei“, sagt Urban.

20 Prozent der Deutschen haben ein Tattoo

Rund 20 Prozent der Deutschen sind laut einer Umfrage der Uni Leipzig tätowiert. „In den letzten Jahren hat es eine Wandlung gegeben. Viele verbinden mit Tätowierungen nichts Negatives mehr. Aber das ist noch nicht zur Rechtsprechung durchgedrungen“, sagt Hautumm. „Vielleicht wird es in ein paar Jahren nicht mehr darum gehen, ob jemand tätowiert ist, sondern was er für ein Motiv trägt.“

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