Doppelmord von Hassels Angeklagter schweigt

Düsseldorf · Am Freitag hat der zweite Prozess um den Doppelmord von Hassels begonnen. Ein Bordellbetreiber soll wegen eines Erbstreits den Mord an seiner Halbschwester und seinem Stiefvater in Auftrag gegeben haben. Wegen der Fotografen verhüllte sich der Mann mit einer Papiertüte auf dem Kopf.

 Mit einer Papiertüte auf dem Kopf betrat der Angeklagte den Gerichtssaal.

Mit einer Papiertüte auf dem Kopf betrat der Angeklagte den Gerichtssaal.

Foto: Wulf Kannegiesser

Eine braune Packpapiertüte über den Kopf gestülpt, um sein Gesicht vor Kameras zu verbergen, tappte der 56-jährige Bordellbesitzer aus dem hessischen Burghaun gestern praktisch blind auf die Anklagebank. Nur zwei winzige Augenlöcher hatte er in die Tüte gerissen und eine kleine Öffnung, aus der kaum die Nasenspitze herausragte. In dieser grotesken Verkleidung stellte sich der angebliche Drahtzieher des Doppelmordes von Hassels zu Prozessbeginn dem Landgericht. Im Juni 2010 soll er aus Angst um seinen Erbteil einen Drogensüchtigen (23) angeheuert haben, um seine Halbschwester (39) und seinen Stiefvater (82) in deren Wohnung an der Altenbrückstraße zu ermorden. Der Todesschütze hat das in seiner Verhandlung gestanden. Der mutmaßliche Drahtzieher muss sich jetzt in einem gesonderten Prozess verantworten.

Prozess nach Herz-OP

Eigentlich sollten beide Männer zusammen auf die Anklagebank. Doch weil bei dem 56-Jährigen im Herbst eine Herzoperation im Justizkrankenhaus nötig war, begann das Landgericht Ende September einen Solo-Prozess gegen den geständigen Mordschützen. Der 23-Jährige hat den 56-jährigen Bordellbetreiber dabei als Auftraggeber des Doppelmordes schwer belastet. Jetzt, da sich der Verdächtige von der Herz-OP wieder erholt hat, begann das Schwurgericht auch den Prozess gegen ihn.

Kaum waren gestern alle Kameras eingepackt, lüftete der Angeklagte seine Packpapiertüte. Dadurch bekamen die Richter doch noch den kahlrasierten Kopf des 56-Jährigen zu sehen und seinen Dschingis-Kahn-Bart. Doch außer seinem Namen, Geburtstag und seiner Wohnadresse wollte er dem Gericht nichts mitteilen. Für den nächsten Prozesstag (9. Januar) haben seine Anwälte angekündigt, dass sie eine schriftlich vorbereitete Erklärung für den Mann abgeben wollen. Mit einem umfassenden Geständnis wird dabei wohl nicht zu rechnen sein.

Die Anklage, die gestern verlesen wurde, wirft dem 56-Jährigen konkret die Initiative zum Doppelmord von Hassels vor. Demnach soll er wegen angeblich drohender Enterbung durch seine Mutter, den Stiefvater und die Halbschwester den Tatplan zur Erschießung der beiden Verwandten ausgebrütet haben. Dazu soll er eigens den Mordschützen für 3000 Euro angeheuert, dem Komplizen auch Klebeband, Handschuhe, eine Wollmütze, einen Paketkarton sowie die darin versteckte Pistole mit selbst gebasteltem Schalldämpfer und fünf Patronen beschafft und ihn dann mit seinem Auto am Tattag frühmorgens von Burghaun nahe Fulda bis zur Altenbrückstraße chauffiert haben. Dabei soll er im Auto wartend noch betont haben, dass seine Mutter verschont bleiben müsse. Sie sollte Alleinerbin des Familienvermögens werden, sollte ihm weiterhin monatlich Geld zustecken — und im Sterbefall der alten Dame würde er dann alles erben. Das behauptet die Anklage, gestützt auch auf das Geständnis des Todesschützen. Doch der 56-Jährige hatte schon im Herbst über seine Anwälte ausrichten lassen: Da er durch die Gewalttat seinen Stiefvater und seine Halbschwester verloren habe, sei er nun zutiefst bedrückt.

(anch)
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