Fotos An diesen Orten entsteht die Zukunft NRWs

Ominöser Wirkstoff „Faktor VIII“
An der Wuppertaler Schwebebahn baut Bayer eine der modernsten Biotechnologie-Fabriken Europas. Deutschlands führender Pharmakonzern lässt es sich 500 Millionen Euro kosten, dass er den zur Bekämpfung der Bluterkrankheit extrem wichtigen Wirkstoff Faktor VIII ab Herbst nicht nur in Berkeley bei San Francisco herstellen lässt, sondern auch in Europa. Damit stellt der Dax-Gigant sicher, dass er die weltweit 400.000 an der Bluterkrankheit leidenden Menschen auch versorgen kann, falls es in den USA Lieferprobleme gibt. „Diese Investition ist eine der größten in der Geschichte des Teilkonzerns Bayer Health Care“, sagt Olivier Brandicourt, Chef von Bayers Gesundheits- und Pharmasparte. „Ein für uns historisches Ereignis“, freut sich Klaus Jelich, Standortleiter Wuppertal von Bayer. (Text: Kowalewsky)

Die Manager von morgen
Im Schülerlabor im ostwestfälischen Brakel lernen Jugendliche, Unternehmer zu sein. „Man hat gesehen, wie anstrengend es war, als Chef und Arbeiter zu arbeiten“, erinnern sich Schüler einer siebten Klasse einer Realschule. Eine andere Gruppe Realschüler schreibt, es habe eine „gutherzige Auswahl an Getränken“ gegeben. Einen Tag hatten die Schüler Zeit, um eine Uhr zu entwickeln, zu produzieren und zu vermarkten. Dabei mussten die Jugendlichen im „Tec4You-Lab“ im Finanzteam die Kosten kalkulieren, Optiken im Designteam entwickeln und eine Strategie im Kommunikationsteam. Das Tec4You-Lab ist Teil des NRW-weiten Netzwerkes ZDI. Die Abkürzung steht für „Zukunft durch Innovation“. So hat die Landesregierung die Offensive getauft, mit der sie den naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchs in NRW fördern will. Die Schülerlabore werden in der Regel von Wirtschaftsunternehmen gefördert. (Text: Rinke)

Die Ideenschmiede der Post
Seit 1490 bringen die Deutsche Post DHL und ihre Vorgänger Briefe und Pakete zu den Bürgern – ein innovationsfreies Geschäft, könnte man denken. Tatsächlich entwickelt der Konzern in seinem Innovationszentrum in Troisdorf bei Bonn eine Idee nach der nächsten. Fast zeitgleich mit Amazon erprobten die Ingenieure den Versand von Päckchen per Drohne – zuerst per Kurz-Flug über den Rhein, dann als Arznei-Transporter zur Nordseeinsel Juist. In Troisdorf entstand auch die Idee des Paketbriefkastens, mit dem Privatkunden ihre Pakete auch bei Abwesenheit von zu Hause jederzeit erhalten können. In Stockholm testet die Ingenieurstruppe den App-gesteuerten Einsatz von Privatbürgern, die bereit sind, Päckchen gegen Entgelt abends mit zu ihrem Wohnblock zu nehmen. Wie das Innovationszentrum, die Zentrale und das globale Geschäft mit einem Umsatz von mehr als 50 Milliarden Euro zusammenhängen, erklärte jüngst Vorstandschef Frank Appel: „Hohes Auslandsgeschäft und anspruchsvolle Jobs hier in Deutschland bedingen sich. Gerade weil wir global so aktiv sind, haben wir hier im Rheinland so viel zu tun.“ (Text: Kowalewsky)

Die digitale Milchkuh
Nostalgiker stellen sich das Leben einer Milchkuh mit Glocke um den Hals auf einer Weide vor. Die Kühe von Michael Schreiber tragen keine Glocken, sondern Sender. Die Telekom vernetzt nämlich auch Kuhställe. Wie den von Michael Schreiber im sauerländischen Medebach. „Der Sensor misst die Bewegung der Kuh“, sagt Schreiber. Weil sich Kühe deutlich stärker bewegen, wenn sie brünstig sind, kann der Sender den optimalen Zeitpunkt zur Besamung feststellen – und den Landwirt per SMS benachrichtigen. Seit 2012 hat Michael Schreiber das System im Einsatz. Die Digitalisierung des Kuhstalls schreitet voran. Längst gibt es für die Überwachung auch eine App, und der Sensor misst nicht mehr nur die Bewegungen, sondern auch, wie häufig eine Kuh kaut. (Text: Rinke)

Ferngesteuerte Waschmaschinen
Zu den wichtigsten Zukunftstrends gehört das „Internet der Dinge“, die Verknüpfung von Gegenständen mit dem Internet. Der 1899 gegründete Familienkonzern Miele ist Vorreiter. Rund 1000 Mitarbeiter arbeiten in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Sie arbeiten eng mit den Produktionsabteilungen zusammen. „Nicht isolierte Ideen bringen uns voran“, sagt Technik-Chef Eduard Sailer, „sondern marktnahe Innovationen, die sich gut bauen lassen.“Beispiele: Per Datenleitung „erfährt“ eine Dunstabzugshaube, wenn der Herd auf volle Hitze schaltet. Per Smartphone lassen sich Waschmaschine oder Herd steuern. Und mit Erfolg vermarket Miele einen selbstfahrenden Staubsauger, der eine Wohnung mit Sensoren erkundet und in Abwesenheit der Bewohner sauber macht. Insgesamt gibt es schon rund 400 solcher vernetzbaren Geräte. (Text: Kowalewsky)

Auto ohne Fahrer
Pim van der Jagt, Geschäftsführer des Ford-Forschungszentrums in Aachen, glaubt, dass Autos in 15 Jahren ohne Fahrer auskommen. Ford testet schon jetzt autonome Fahrzeuge. „Derzeit gibt es bei uns fünf Forschungsautos, und die Flotte wird weiter ausgebaut“, sagt van der Jagt. Schon heute sind Autos mit allerhand Assistenzsystemen unterwegs, die zum Beispiel das Einparken übernehmen. In sehr absehbarer Zeit soll autonomes Fahren auf der Autobahn möglich sein – NRW bereitet gerade eine Teststrecke im Ruhrgebiet vor. Auf Assistenzsysteme für Autobahnen will Ford sich auch erstmal beschränken, denn in der Stadt gebe es zu viele Risiken. Andererseits senkt das autonome Fahren andere Risiken wiederum. Zum Beispiel, wenn Menschen träger reagieren als die Technik. Was aber, wenn ein selbstfahrendes Auto trotzdem einen Unfall verursacht? „Am Ende muss einer haften“, betont der Forscher. Und genau da liege im Moment auch noch der juristische Knackpunkt. (Text: Scharfetter)
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Der Ölturm von Erkelenz
Ein Bohrturm, der kein Öl fördert. Und das mehr als 200 Kilometer vom nächsten Meer entfernt. Vor vier Jahren baute die Firma MHWirth in Erkelenz eine weltweit einmalige Testanlage für Öl- und Gasbohrausrüstungen. Sie ragt in Erkelenz 51 Meter in die Höhe und sichert MHWirth einen Wettbewerbsvorteil. Den Öl- und Gaskonzernen, die diese Anlage in Anspruch nehmen, verhilft der Testturm zu mehr Fördertagen auf See. Mit der Anlage, die eine Hebekapazität von bis zu 500 Tonnen hat, können sie ihre Systeme testen, bevor diese auf dem Meer aufgebaut oder ausgetauscht werden. Ein vergleichbarer Test würde auf See mindestens 20 Arbeitstage länger dauern, und die Produktion auf den Plattformen müsste dafür ausgesetzt werden. (Text: Speen)
Wohnen in der Senioren-WG
Als Genosse hat man lebenslanges Wohnrecht – dieses Versprechen gilt bei der Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte seit 1895. Aber viele Mieter, die eine der rund 1600 Wohnungen bewohnen, bekommen im Alter Probleme mit dem Alltag. „Viele Mieter wollten auch im Alter bei uns wohnen“, sagt Anne Klar, bei der Genossenschaft für die Mieterbetreuung zuständig. Also gründete die Genossenschaft eine Senioren-WG in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Pizzeria. Sieben Senioren wohnen dort. Die älteste Bewohnerin ist inzwischen 93, die jüngste 78 Jahre alt. „Jeder Mieter hat sein eigenes Appartment mit Badezimmer“, sagt Anne Klar. Bei Problemen können die Mieter verschiedene Angebote von Pflegediensten in Anspruch nehmen. „Unsere WG ist eine gute und bezahlbare Alternative zum Wohnen im Heim“, sagt Anne Klar. (Text: Rinke)

Highspeed auf dem Land
In Hamminkeln-Loikum bei Wesel haben Landwirte ihr 800-Seelen-Dorf ans schnelle Internet angeschlossen, indem sie Glasfaserkabel verlegten – mit einem Pflug. Auf dem Dorf lohnt sich das Geschäft mit den Glasfaserkabeln oft nicht für die großen Unternehmen. Die Jugend und onlinebasierte Unternehmen zieht es deshalb in besser vernetzte Städte. Davon hatten die Bauern genug. Sie wollten auch endlich Glasfaserkabel. Von 3000 Euro pro Anschluss war bei professionellen Anbietern die Rede. „Unser Projekt wurde zunächst nicht für voll genommen. Bis unsere Ideen präziser wurden und die meisten merkten: Die meinen das ja ernst“, berichtete August Exo, Mitglied des Projekt-Teams. Sie gaben dem Konzept den Namen „Fiber to the Landlords“ und verlegten auf 25 Kilometer Leitungsstrecke 100 Kilometer Glasfaser für 110 Anschlüsse. (Text: Buhl)
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