Höxter-Prozess "Ach, die ist tot? Das wusste ich gar nicht"

Paderborn · Der Angeklagte Wilfried W. schweigt im Mordprozess vor dem Paderborner Landgericht weiterhin. Doch zwei Ermittler gaben im Zeugenstand nun einen Einblick in seine Denkweise. Die Masche des Angeklagten: Er spielt den Dummen.

Mordprozess von Höxter: Ex-Ehepaar vor Gericht
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Foto: dpa, gki sab jai

Die Ermittler der Mordkommission "Bosseborn" holten Wilfried und Angelika W. am 27. April vergangenen Jahres auf dem alten Hof in Höxter-Bosseborn ab. Wilfried W. stand in Unterhose und T-Shirt im Schlafzimmer, als sie ihm den Haftbefehl eröffneten. Sie konfrontierten ihn mit dem Verdacht, für den Tod von Susanne F. verantwortlich zu sein. Die Ärzte hatten die Polizei verständigt, nachdem die 41-Jährige sechs Tage zuvor mit schwersten Verletzungen in eine Klinik eingeliefert worden war. Wilfried W. sagte schon auf dem Weg ins Präsidium: "Damit habe ich nichts zu tun, das war Angelika. Die haben sich öfters gemackelt." (Anmerkung der Redaktion: im Sinne von gestritten)

Am 11. Verhandlungstag im Prozess gegen das so genannte Folter-Paar von Höxter sagten am Dienstag im Landgericht Paderborn zwei Polizeibeamte aus, die Wilfried W. in den Tagen nach der Festnahme vernommen haben. Der 46-Jährige und seine Ex-Frau Angelika W. sind des zweifachen Mordes angeklagt. Die 47-Jährige hat die Morde an Susanne F. und Anika W. (33) gestanden, Wilfried W. schweigt ­­— und macht allein seine Ex-Frau für die Grausamkeiten verantwortlich.

Der Fall Höxter – eine Chronologie der Gewalt
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Nachfragen machte ihm Problemen

"Er schien von der Festnahme überhaupt nicht überrascht zu sein, war sehr kooperativ", sagte einer der Polizeibeamten. "Er hat sich meiner Meinung nach durchaus auf die Situation vorbereitet." Was Wilfried W. sich möglicherweise zurechtgelegt hat, weil er immer damit rechnete, dass alles aufflog, habe aber nur funktioniert, so lange keine Nachfragen kamen. Hakten die Ermittler nach, sei der Angeklagte in Stress geraten, habe mit den Augen gezuckt, sei laut geworden. Der Beamte hatte den Eindruck, dass zwischen Wilfried und Angelika W. abgesprochen war, "dass er aus der Sache raus ist."

Horror-Haus von Höxter: Angelika W. sagt vor Gericht aus
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Szenen aus dem Höxter-Prozess in Paderborn

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Foto: dpa, gki

Als er den Tatverdächtigen mit den Verletzungen an den Handgelenken der Toten konfrontierte, die durch das Fesseln an eine Badewanne im Keller entstanden sein müssen, brachte Wilfried W. angebliche sexuelle Vorlieben seiner Ex-Frau ins Spiel. Die Frauen hätten "ja was miteinander gehabt", dabei sei Susanne F. auch mal gefesselt worden. Nachdem Angelika W., die damals gleichzeitig verhört wurde, auch die Tötung von Anika W. gestand und die Ermittler Wilfried W. fragten: "Wo ist Anika?" habe er total plump reagiert. "Ach, die ist tot? Das wusste ich gar nicht."

Wilfried W. spielt den Dummen

Während der Vernehmung habe er sich immer wieder darauf zurückgezogen, zu dumm zu sein, um gewisse Dinge zu verstehen. "Ich hatte den Eindruck, er will sich hinter seiner angeblichen Dummheit verstecken", sagte der Ermittler. Wilfried W. hat die Sonderschule besucht, aber keinen Schulabschluss gemacht. Er bezeichnet sich als Legastheniker. In einer zweiten Vernehmung behauptete er, schon allein deshalb nicht für die Fesselungen verantwortlich sein zu können, weil er noch nicht mal seine Schuhe binden könne. "Ich kann keinen Knoten machen, dafür bin ich einfach zu doof", sagte Wilfried W. dem Polizeibeamten.

In den ersten Tagen im Gefängnis habe Wilfried W. die Berichterstattung zu den Morden in Höxter im Fernsehen verfolgt. "Er hat sein Haus dort wiedererkannt, das fand er toll", sagte der Beamte im Zeugenstand. "Er konnte genießen, Teil des Ganzen zu sein." Wilfried W. sei aber fest davon überzeugt, "dass das, was geschehen ist, nicht sein Werk ist."

Als die Beamten ihm nach der Festnahme seine Rechte erklärten und ihn fragten, ob er einen Anwalt wolle, habe er gesagt: "Ich brauche keinen Anwalt, ich habe nichts getan."

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt, ein Urteil wird frühestens im Sommer erwartet.

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