Meschede Neues Bündnis gegen Motorradlärm

Meschede · Als Reaktion auf Beschwerden von Anwohnern haben vier Gemeinden im Sauerland die "Ordnungspartnerschaft Motorradlärm" gegründet. Auch im Eifel-Ort Simmerath will man gegen die lauten Zweiradfahrer vorgehen.

Meschede: Neues Bündnis gegen Motorradlärm
Foto: DPA

Eine gute Wetterprognose bereitet Karl-Heinz Hermanns schon lange keine Freude mehr. Schöne Aussichten, das bedeutet im Eifel-Ort Simmerath häufig auch höllischer Lärm, verursacht durch Motorradfahrer, die ihre Maschinen bis an die Leistungsgrenze bringen. "Und das gerne ganz früh am Morgen, weil dann die Straßen leer sind", sagt Hermanns. Als Bürgermeister von Simmerath flattern ihm die Beschwerden auf den Tisch. Viele Anwohner seien entnervt vom Lärm und der Raserei, manche würden sogar daran denken, ihre Grundstücke zu verkaufen. Hermanns muss also handeln. Aber wie? "Leider gibt es keine einfache Lösung", sagt er. "Die Situation jedoch ist auf Dauer unerträglich."

Ein Blick in andere Regionen könnte helfen. Auch das Sauerland, das wie die Eifel kurvige Straßen durch pittoreske Landschaften bietet, leidet unter den Motorradfahrern, die statt einer gemütlichen Ausfahrt Rennstrecken suchen. "Diese Raser sind zwar deutlich in der Minderheit, beschädigen aber das Ansehen aller", sagt Bianca Scheer von der Polizei in Meschede. Denn auch im Sauerland sind Anwohner auf die Barrikaden gegangen. Das Ergebnis ist eine konzertierte Aktion, die einmalig ist in NRW: eine "Ordnungspartnerschaft Motorradlärm", gegründet von den Städten Meschede, Schmallenberg, Arnsberg, Sundern, dem Hochsauerland-Kreis und der Polizei. Scheer: "Die Motorradfreunde sollen fahren so oft und so lange sie wollen, aber nicht wie sie wollen."

Deshalb hat die Polizei in Meschede ein Schallpegelmessgerät angeschafft und kontrolliert nun verstärkt, ob die Maschinen im Fahrzeugschein vorgeschrieben Dezibel-Bereich bleiben. Es gehe darum, erklärt Scheer, diejenigen herauszufiltern, die unnötigen Lärm erzeugen — sei es durch ihre Fahrweise oder durch manipulierte Schalldämpfer. Durch den Einbau von dB-Killern (Dezibel-Killer) können Schalldämpfer per Knopfdruck laut oder leise geschaltet werden. "Finden wir solche Geräte, erlischt sofort die Betriebserlaubnis für das Motorrad", sagt Scheer.

Bei der Suche nach Lärmsündern gilt es zu differenzieren, ob die Zweiräder angemessen bewegt werden. Eine bestimmte Belästigung müssten die Bürger hinnehmen, betont Scheer. Wie schmal allerdings die Grenzen sind, hat das Simmerather Ordnungsamt aufgezeigt. Eine Drosselung der Geräusch-Emissionsgrenzwerte schon um zwei bis drei Dezibel würde demnach das Lautstärkeempfinden halbieren. Das ist einer der Punkte, mit denen Bürgermeister Hermanns Politiker auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene für das Thema sensibilisieren will. Man brauche gemeinsame Strategien. "Mir ist es zum Beispiel unverständlich, warum es in Deutschland nicht wie in anderen Ländern eine Halterhaftung gibt und warum Motorräder keine Frontkennzeichen haben müssen", sagt Hermanns. Eine Kennzeichnung vorne würde es wesentlich leichter machen, Temposünder zu verfolgen. So ist es technisch wie organisatorisch aufwendig, das Motorrad von vorne und von hinten abzulichten. Denn bei allen Problemen mit zu hohen Lärmpegeln steht sowohl in der Eifel als auch im Sauerland im Vordergrund, Unfallschwerpunkte zu entschärfen. In beiden Regionen sind besonders unfallträchtige Strecken am Wochenende für Motorradfahrer gesperrt.

Was die Regionen ebenfalls eint — beide leben zu nicht unbeträchtlichen Teilen vom Tourismus. "Wir möchten für Motorradfahrer auch weiter eine lohnenswerte Anlaufstelle bleiben", sagt Hermanns. Es gehe nur um den kleinen Teil der Raser und Krachmacher, der Rest sei nach wie vor herzlich willkommen. Um von den Erfahrungen anderer Kommunen zu profitieren, will der Simmerather Bürgermeister demnächst die Sauerländer zum Gedankenaustausch einladen.

Unterdessen hat die Polizei in Simmerath und Stolberg noch ganz andere Sorgen in Hinblick auf Motorradfahrer. Unbekannte haben auf mehreren Landstraßen Öl ausgeschüttet. Weil das Öl vor allem in Kurven vergossen wurde, müsse man davon ausgehen, dass die Täter es gezielt auf Zweiradfahrer abgesehen hätten. Ein 47-jähriger Biker stürzte und verletzte sich schwer. "Mittlerweile wird wegen eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt", sagt Paul Kemen von der Aachener Polizei. Die Staatsanwaltschaft hat für Hinweise 1000 Euro Belohnung ausgesetzt. Der Fall erinnert an eine Serie von Öl-Anschlägen in Süddeutschland zwischen 2007 und 2011, bei denen ein Motorradfahrer tödlich verunglückte. Bis heute wurde der Verursacher nicht gefasst. Dass die Öllachen in Zusammenhang stehen könnten mit dem wachsenden Unmut gegenüber Motorradfahrern in der Region, weist Polizeisprecher Kemen jedoch entschieden von sich. "Das hat nichts miteinander zu tun."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort