Mutter Geiß möchte shoppen – Theater für die Kleinen

Auch für die kleinen Theaterfreunde hat die Spielzeit begonnen. Stunden vor der ersten Erwachsenen-Premiere im Kleinen Haus des Schauspielhauses saßen die neuen Leiter Barbara Kantel und Staffan Holm an der Münsterstraße zwischen Dutzenden von vier- bis sechsjährigen Zuschauern, als es hieß: "Wenn ich das 7. Geißlein wär'". Vorlage der Uraufführung ist ein Bilderbuch von Karla Schneider. Für sein 45-Minuten-Spiel hat Henner Kallmeyer eine pfiffig durchkonstruierte und spannend präsentierte Geschichte gemacht. Sie verändert in dem Grimm'schen Märchen die Perspektive. Nicht mehr die guten Menschen allein sind das Maß der Dinge, sondern, ganz ökologisch, auch die bösen Tiere. Also auch der Wolf.

In der Nacht vor ihrer Bauchoperation träumt das Mädchen Ottinka (Stefanie Rösner) zusammen mit dem Patientenfreund Alfred (Andreas Bittl) von Rotkäppchen, den sieben Geißlein und jener Angst-Gestalt früherer Jahrhunderte, der hundsgesichtigen Bestie. Ausgelöst vielleicht durch den Namen des Operateurs: Dr. Wolf. Der Schauspieler Henning Brand erweist sich als bestens gelauntes Multitalent. Nur kurz hetzt er als Arzt durch die Krankenzimmer, tröstet schnell nach links oder rechts, um dann seine eigene musikalische Performance mit verschiedenen Instrumenten und Songs nach der Melodie von "These Boots Are Made For Walking" voran zu treiben.

Die offensichtlich alleinerziehende Mutter Geiß will "shoppen" gehen, dabei aber wohl auch das Geld für den eigentlich nötigen Babysitter auf den Kopf hauen. Vielleicht denkt sie, ihr Baumhaus sei ein sicherer Ort. Als dann die wildesten Verfolgungsjagden durch Pappwolken und andere Kulissen einsetzen, ahnen die Zuschauer, wie die Sache ausgehen wird: als maues Bauchgefühl für Ottinka.

Doch mit dem guten Ende lernen alle, dass selbst die wildesten Kreaturen eher bei Pommes, Bratwurst und Ketchup schwach werden als bei einer runzeligen Oma. Und dass sich Wölfe nach dem Mahl stets die Zähne putzen. Kaum haben die Kleinen begriffen, wie schön man mit dem alten Wort "laben" satt werden kann, da ist die Sache schon vorbei. Eine Empfehlung für alle Kitas und erste Grundschulklassen.

(RP)
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