Messer in Gericht geschmuggelt

Durch eine Sicherheitspanne konnte ein 42-jähriger Untersuchungshäftling, der zurzeit wegen Totschlags an seiner Ex-Frau (42) vor dem Landgericht steht, ein Aluminium-Messer aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ulmer Höh' bis in den Saal des Schwurgerichts mitnehmen. Erst nach dem Prozessauftakt, bei dem er eine tödliche Messerattacke gegen seine Frau bestritt, wurde die Waffe in seiner Zelle entdeckt. Das bestätigte gestern eine Gerichtssprecherin. Wie der Mann, der als gefährlich gilt, es schaffte, das Messer bis auf die Anklagebank mitzunehmen, ist unklar. Zwei JVA-Bedienstete wurden versetzt.

JVA-Chef Bernhard Lorenz reagierte gestern selbstkritisch: "Es geht kein Weg dran vorbei: Dieses Messer durfte er nicht dabei haben!" Üblich ist, dass "Schmiermesser" (abgerundete Spitze, eine Schneide) in U-Haft an Gefangene ausgegeben werden. Je nach Selbstgefährdung oder Sicherheitsstufe müssen manche U-Häftlinge jene Messer nach dem Essen gleich wieder abliefern. Und doch konnte der Angeklagte, der ausgerechnet wegen eines tödlichen Messerangriffs auf seine Ex-Frau angeklagt ist und wegen Sprachproblemen stets dicht neben einer Dolmetscherin sitzt, das Messer trotz aller Sicherheitsmaßnahmen bis in den Gerichtssaal einschleusen. Dabei muss laut JVA-Dienstanweisung jeder U-Häftling vor dem Transport zum Gericht von Hand und mit Metalldetektoren kontrolliert werden. Auch bei der Übergabe des Häftlings an die Justiz sind Kontrollen vorgeschrieben. Doch erst nach dem ersten Prozesstag gegen den mutmaßlichen Messerstecher fiel auf, dass ein solches "Schmiermesser" in seiner Zelle im hochgesicherten Gerichtskeller offen auf seinem Zellentisch lag. JVA-Chef Lorenz: "Unerklärlich!"

Lorenz betonte aber auch: "Natürlich kann man auch mit einem Kugelschreiber einen Menschen verletzen." Die Bediensteten, die bei Kontrollen eingesetzt waren, hätten beteuert, auch den 42-Jährigen kontrolliert, aber "nichts gefunden" zu haben. Beide wurden versetzt, eine disziplinarrechtliche Prüfung eingeleitet. Ratlos reagierte gestern auch das Landgericht: "Warum das Messer nicht gefunden wurde, wird zurzeit ermittelt", so Justizsprecherin Petra Gundlach. Der Prozess gegen den 42-Jährigen wurde derweil fortgesetzt.

(RP)
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