Menschenhandel in Deutschland Malteser fordern mehr Einsatz gegen moderne Sklaverei
Köln · Es gibt Handlungsbedarf beim Thema Menschenhandel, auch in Deutschland. Zu diesem Befund kommt die Hilfsorganisation Malteser in einer Analyse. Migranten seien von sexueller Ausbeutung besonders gefährdet, heißt es darin.
Zwang zur Prostitution, Ausbeutung im Job, auch bei Minderjährigen: Menschenhandel ist in Deutschland ein unterschätztes Problem. Zu diesem Fazit kommt der Migrationsbericht der Malteser, eine wissenschaftliche Analyse, die alle zwei Jahre erscheint. Rund 167.000 Menschen lebten allein in der Bundesrepublik in moderner Sklaverei, so die Hilfsorganisation. Dabei würden die Fälle nur selten aufgeklärt. „Wir hinken bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität hinterher“, sagte Lars Feld, Direktor des Freiburger Walter-Eucken-Instituts und Leiter der Analyse.
In Nordrhein-Westfalen gab es laut einem Lagebericht des Landeskriminalamts (LKA) im Jahr 2019 lediglich 96 Ermittlungsverfahren im Deliktbereich „Menschenhandel und Ausbeutung“. Bundesweit waren es 423 Verfahren. Das Dunkelfeld sei beträchtlich, so der Malteser-Bericht. „Menschenhandel findet im Verborgenen statt; ohne Kontrollen bleiben Straftaten vielfach unentdeckt“, heißt es darin.
Migranten sind der Analyse zufolge besonders gefährdet, Opfer von sexueller Ausbeutung oder auch von Ausbeutung im Job zu werden. So behielten Täter unter anderem Reisepässe ein oder verlangten das Abarbeiten von Schulden für die Reise nach Deutschland. Opfer lebten in prekären Wohnungen, in denen es keinen Schutz vor Gewalt gebe. Manche vertrauten der Polizei nicht, hätten nur geringe Sprachkenntnisse oder sähen ihre Familie im Herkunftsland gefährdet.
78 Prozent der Opfer von Menschenhandel sind nach Daten des Bundeskriminalamts (BKA) Migranten. Demnach kommen rund 25 Prozent der Opfer aus Asien, neun Prozent aus Afrika und insgesamt 64 Prozent aus Europa (darunter 22 Prozent aus Deutschland und 17 Prozent aus Rumänien). Bei den Tatverdächtigen machen die Europäer 73 Prozent aus, ein Drittel kam aus Deutschland. In NRW ist dieses Verhältnis ähnlich. Laut LKA gab es 2019 insgesamt 150 Tatverdächtige, ein Drittel von ihnen kam aus Deutschland.
Die Verantwortung sieht Lars Feld aber weniger bei den örtlichen Behörden. „Gerade in der Phase der Flüchtlingsmigration ist sehr klar geworden, welche Bedeutung die europäischen Behörden an dieser Stelle haben“, sagte er. Die Polizeibehörde der Europäischen Union, Europol, könne wesentlich mehr für die Polizeibehörden tun, auch für die in Deutschland. „Es gibt einen grundlegenden Bedarf zur Verbesserung der Datenlage und zur Bekämpfung von Menschenhandel.“