Leipziger Ansichten in Düsseldorf

Wie kam der Kontakt zur Kunstsammlung Philara zustande?

Kalaizis Deren Besitzer, Gil Bronner, war häufig in Leipzig bei Ausstellungseröffnungen. Irgendwann kaufte er dann auch ein erstes Bild von mir, und so schlossen wir Bekanntschaft.

Welche Hoffnung verbinden Sie mit Ihrer Ausstellung in Düsseldorf?

Kalaizis Eine sehr große. Erstmals stelle ich im Rheinland aus. Ich habe seit je eine hohe Achtung vor der rheinischen Malerei. Und freue mich auf die Kontakte, die daraus erwachsen könnten. Als ich in Leipzig anfing zu studieren, war Düsseldorf das Zentrum der Malerei in Deutschland; es ist bis zum heutigen Tag ein wichtiger Standort geblieben. Ich denke dabei natürlich vor allem an Markus Lüpertz und Gerhard Richter. Sigmar Polke prägte meine postmoderne Phase der frühen Jahre. Von all jenen Malern bin ich handwerklich wie intellektuell angeregt worden, und die Liebe zu ihnen hat bis heute gehalten.

Sehen Sie Parallelen zwischen Leipzig und Düsseldorf?

Kalaizis Ja, beide Städte sind weder Metropolen noch Kleinstädte, haben eine gewisse Internationalität, die das Provinzielle typisch deutscher Städte überblendet. Ein solcher Humus ist oft ein fruchtbares Fundament, auf dem etwas gedeihen kann. Schöpferisch entsteht doch in den Metropolen von Berlin bis New York nichts Wesentliches mehr – auch wenn es mitunter den Anschein hat. Die eigentlichen Errungenschaften entstehen seit Jahrzehnten in den Peripherien. In den Metropolen aber werden diese Schöpfungen verwertet und ausgeschlachtet.

Die Malerei der Neuen Leipziger Schule hat es im Westen schwer. In öffentlichen Museen wird sie in der Regel weder gesammelt noch ausgestellt. Wie erklären Sie sich diese Abneigung?

Kalaizis Ich glaube, es liegt daran, dass man noch immer nicht gesamtdeutsch denkt. Mit Verlaub: Gerade das fortwährende Gerangel um den Hauptstadtort Berlin mit seiner fortbestehenden Dienststelle Bonn verdeutlicht – selbst 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – die Problematik. Keine Frage, das bescheidenere Bonn war ein Erfolgsbegriff für einen unglaublichen Aufstieg der bundesrepublikanischen Nachkriegswirklichkeit. Festzuhalten ist allerdings auch, dass dies leider nur für den einen Teil Deutschlands galt. Irgendwann, um auf Ihre Frage zurückzukommen, wird sich das ändern. Die wirklich großen Botschaften brauchen ihre Zeit, kommen nicht über Nacht. In der Neuen Leipziger Schule trennt sich aus meiner Sicht gerade die Spreu vom Weizen. Die etlichen halbseidenen Gemälde, die nicht selten unter dem Label der Leipziger Schule gemalt und gekauft wurden, verlieren doch rasch ihre Strahlkraft. Was bleibt, sind Bilder, die auf Geschichte warten.

Was verdanken Sie Arno Rink, Ihrem Lehrer an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst?

Kalaizis Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Er erschien mir schon früh als zweifelnder Mensch, weniger autoritär, als Bernhard Heisig es war. Das behagte mir. Und er verfügt über das nötige Maß an Empathie und Toleranz, um sich in das Projekt des Anderen hineinzudenken. Über meine Ausbildung kann ich nur Gutes berichten.

Sie waren in den Vereinigten Staaten, in New York und Ohio. Wie haben sich diese Aufenthalte auf Sie ausgewirkt?

Kalaizis In New York konnte ich nicht malen. Ich bin ein Maler der Perspektive und der raumgreifenden Tiefebene und hatte somit große Schwierigkeiten, mich in diese vor Häusern berstende Stadt, in der die Augen keinen Raum zum Sehen hatten, einzufühlen und einzudenken. Die hochgerühmte Galerienszene fand ich zudem ziemlich langweilig, sie wirkte auf mich wie eine Schlaftablette, da doch vieles mehr von Lifestyle als von Kunst zeugte. Aber die Museen arbeiten auf dem höchsten Niveau und sind großartig!

Und wie war es in Ohio?

Kalaizis Der Mittlere Westen ist für mich das typische Amerika. Dort konnte ich sehr viel arbeiten, hatte Ruhe und Raum – alles, was für das Malen wesentlich ist.

Ihre Bilder erinnern ein wenig an diejenigen des Amerikaners Edward Hopper – vereinsamte Menschen.

Kalaizis Ich schätze Hopper schon, war aber nie ein großer Fan. Die Parallele liegt wohl tatsächlich in den vereinsamten Figuren. Anders als Hopper will ich aber die Menschen immer in einer Konfliktsituation zeigen, aus der sie nicht so leicht herausfinden. Meine Figuren sind stets randständige geblieben, weil es ihnen in der Mitte zu eng ist. Vielleicht interessiert sich ein Maler für Situationen und Figuren, von denen er meint, dass sie der eigenen ähnlich sind.

(RP)
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