Interview mit Michele Marsching "Wir Piraten kommen in den Landtag"

Düsseldorf · Der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen Piratenpartei, Michele Marsching, über den bevorstehenden Landtagswahlkampf, die Chancen am 13. Mai, über das Personal und die Ziele seiner Partei für NRW

 Michele Marsching, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Piraten.

Michele Marsching, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Piraten.

Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Seit 2009 gehört Michele Marsching zu den NRW-Piraten. Der jetzt 33-jährige Landesvorsitzende wohnt in Weeze am Niederrhein. Der studierte Betriebswirt wollte eigentlich Journalist werden, arbeitet jedoch seit Jahren als Selbstständiger in der IT-Branche. Seit der Geburt seines Sohnes Morice im vergangenen Jahr ist er nach eigenem Bekunden "in Elternzeit" (seine Frau ist als Lehrerin tätig). Allerdings ist Marsching im anrollenden Wahlkampf in der Partei jetzt mehr denn je gefordert. Der vorgezogenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sehen die Piraten mit großer Zuversicht entgegen.

Herr Marsching, wie sehen Sie die Chancen der Piraten in NRW nach dem Erfolg im Saarland?

Marsching Ich bin sicher, dass wir nach der Wahl vom 13. Mai in den Düsseldorfer Landtag einziehen werden.

Eine Regierungsbeteiligung kommt für die NRW-Piraten aber nicht infrage?

Marsching So ist es. Wir müssen erst noch unsere Erfahrungen in der täglichen Arbeit im Landtag machen. Direkt eine Regierungsbeteiligung anzustreben, wäre ziemlich vermessen. Wir werden aber keine Fundamentalopposition betreiben, sondern da mitmachen, wo wir es inhaltlich vertreten können.

Würden die Piraten auch Norbert Röttgen von der CDU unterstützen?

Marsching Bei uns scheidet niemand von vornherein aus. Die Frage ist, ob es inhaltliche Überschneidungen gibt.

Welche Plakate wird man von den Piraten zu sehen bekommen?

Marsching Für uns sind Plakate nicht so wichtig. Wir bevorzugen den Straßenwahlkampf mit der Nähe zu den Bürgern. Aber es wird auch ein paar ungewöhnliche Sprüche von uns geben. Mein Lieblingsspruch lautet: "Lieber ein alberner Name als eine lächerliche Politik."

Haben die NRW-Piraten überhaupt genug qualifiziertes Personal für den Landtag?

Marsching Absolut. Wenn ich mir allein die Top 20 unserer Liste anschaue, so sind das alles Leute, die engagiert, hochmotiviert und aus dem gesamten beruflichen Spektrum sind. Damit haben wir Spezialisten in vielen Bereichen.

Keine Trittbrettfahrer?

Marsching Definitiv nicht.

Sie selbst wurden am vergangenen Wochenende beim Piraten-Parteitag auf Listenplatz vier gesetzt.

Marsching Damit bin ich sehr einverstanden. Den Spitzenplatz habe ich gerne Joachim Paul überlassen. Er ist ein äußerst intelligenter Mensch, der sehr bescheiden ist. Sich selber würde er niemals intellektuell nennen, aber ich bin neidisch auf sein umfassendes humanistisches Wissen.

Kommen wir zu den landespolitischen Inhalten. Was wollen die Piraten im Schulbereich verändern?

Marsching Alle Schüler ab der fünften Klasse müssen einen Laptop bekommen. Außerdem sollten die Klassen nicht mehr als 15 Schüler umfassen. Allerdings halten wir ein Kurssystem für besser als herkömmliche Klassen, damit jeder nach seiner Begabung gefördert werden kann. Langfristig setzen wir auf eine Schule für alle.

Und die Hochschulen?

Marsching Wir sind gegen Studiengebühren. Bildung muss von der Kita bis zur Hochschule kostenfrei sein. Die Hochschulen sollen selbstständig über ihre Mittel verfügen können. Für wichtig halten wir den Ausbau von Fernuniversitäten.

Bei den Drogen ...

Marsching ... setzen wir auf Aufklärung. Die Unterscheidung in legale und illegale Drogen ist wissenschaftlich nicht haltbar. Deshalb fordern wir die Entkriminalisierung des Drogenkonsums.

Die Piraten setzen sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Was soll das?

Marsching Davon würden vor allem auch jene Menschen profitieren, die sich ehrenamtlich für diese Gesellschaft einsetzen.

Und wer stattdessen lieber vor der Flimmerkiste hockt?

Marsching Der bekommt auch jetzt schon Hartz IV. Mit dem Grundeinkommen, das ja nicht höher zu sein braucht als die Sozialhilfe, entfiele der Zwang, sich regelmäßig vor den staatlichen Behörden rechtfertigen zu müssen.

Wollen die internetorientierten Piraten das Urheberrecht beseitigen?

Marsching Nein, aber es muss verändert werden. Warum der Autorenschutz bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Betreffenden gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. 20 Jahre würden doch wohl reichen.

(RP/rm)
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