Forschungsinstitut Prognos Wie sieht NRW im Jahr 2030 aus?

Düsseldorf · Der Wohlstand in NRW wächst bis 2030 stark, die Arbeitslosigkeit geht auf fünf Prozent zurück - so eine neue Studie. Das wäre fast Vollbeschäftigung.

 Das Forschungsinstitut Prognos blickt in die Zukunft unseres Landes.

Das Forschungsinstitut Prognos blickt in die Zukunft unseres Landes.

Foto: Montage: Krebs, Radowski, Bildquellen: Bayer, dpa, Schaller, Seybert, Siemens, Thinkstock

Dem Land NRW fehlen bis 2030 insgesamt 640.000 Arbeitskräfte, um in besonders gefragten Berufen den Bedarf zu decken. Gleichzeitig wird die Arbeitslosigkeit im bevölkerungsreichsten Bundesland um 2,8 Prozentpunkte von jetzt 728.000 (7,8 Prozent) auf 480 000 Personen (fünf Prozent) zurückgehen. Dies sagt das renommierte Forschungsinstitut Prognos in einer Studie voraus, die es am Montag Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) übergibt und die unserer Redaktion bereits vorliegt.

In der Untersuchung wird auch beschrieben, wie und warum der Wohlstand in NRW wächst, welche Branchen am meisten zulegen, was die Landesregierung tun muss, damit NRW stärker wächst - und warum gerade die Region Düsseldorf gut abschneidet.

Welche Branchen und Industriestandorte sich wie entwickeln zeigt unsere umfangreiche Grafik, die Sie sich hier im PDF-Format anschauen können.

Dabei geht Prognos von einer guten Zukunft für das bevölkerungsreichste Bundesland aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in NRW, also die Summe aller erwirtschafteten Güter und Leistungen, werde bis 2030 um 1,3 Prozent pro Jahr zunehmen. Das ist etwas niedriger als die im Frühjahr vorgestellte bundesweite Prognose von 1,4 Prozent Zuwachs im Jahr. Das gesamte BIP in NRW wird inflationsbereinigt von rund 600 Milliarden Euro (2013) auf rund 750 Milliarden Euro zulegen. Weil gleichzeitig die Bevölkerung schrumpft, steigt die jährliche Wirtschaftsleistung pro Kopf von 33.621 auf rund 43.000 Euro. "Solche Zahlen beweisen, dass NRW und seine Bürger keineswegs in Jammerstimmung verharren müssen", sagte Prognos-Partner Axel Seidel, "aber das Land muss seine Stärken weiter ausbauen und Schwächen korrigieren."

Die Studie zeigt, wo die Wachstumslokomotiven der Zukunft herkommen. Der private Konsum sorgt zunehmend für Nachfrage, auch weil laut Prognos in vielen Branchen relativ hohe Lohnzuwächse zu erwarten sind und weil die älter werdende Bevölkerung oft viel gespart hat. Die Bedeutung staatlicher Ausgaben nimmt in der NRW-Wirtschaft etwas ab - auch weil ab 2020 die Schuldenbremse die Aufnahme weiterer Kredite im Landeshaushalt verbietet. Und in der Privatwirtschaft geht der Strukturwandel weiter: Mindestens 16 Milliarden Euro an neuen Geschäften könnte es den Unternehmen bringen, wenn sie ihre Prozesse stärker digitalisieren und automatisieren.

Prognos hält im Maschinenbau einen Produktivitätssprung um ein Drittel für möglich, bei Autozulieferern wie Edscha aus Remscheid könnte die Produktivität um ein Fünftel steigen. "Wenn traditionelle Industrien in Deutschland die Prozesse weiter digitalisieren, können sie ihre Produktivität zusätzlich steigern", sagte Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer, "das hilft, um weltweit vorne zu bleiben." Das bestätigt Lutz Schüler, Vorsitzender der Geschäftsführung des Kabelnetzkonzerns Unitymedia: "Für NRW sehe ich große Chancen, wenn wir die neuen Möglichkeiten schnell erkennen und die digitale Transformation konsequent vorantreiben."

Bei allem Optimismus dringt Prognos aber auf Handeln des Landes. Das Land müsse mehr in die Infrastruktur investieren und einen Masterplan Infrastruktur entwerfen - bisher sei zu wenig Geld in Straßen, Schienen und die Internet-Infrastruktur gesteckt worden.

Um mehr gute Fachkräfte zu haben, müssten beide Elternteile unterstützt werden. Da macht Prognos eine spannende Rechnung auf: In NRW arbeiten Mütter im Schnitt nur 14,5 Stunden pro Woche (abgesehen von der "Familienarbeit"), bundesweit aber 16,9 Stunden. In NRW würden nur 61 Prozent der Mütter einer bezahlten Beschäftigung nachgehen, bundesweit sind es fünf Prozentpunkte mehr. Und je mehr in den nächsten Jahren der Fachkräftemangel zunimmt, umso stärker schadet es den Unternehmen, wenn ihnen qualifizierte Mitarbeiterinnen fehlen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort