Landesrechnungshof prangert an Wie NRW Geld verschwendet

Düsseldorf · Zu viele Polizeiautos, zu viele Chefs, zu viele Apparate in den Uni-Kliniken: Auf 238 Seiten listet die neue Chefin des Landesrechnungshofes Beispiele für die Verschwendung von Steuergeld in NRW auf. Gleichzeitig verzichtet das Land ohne Not auf Einnahmen.

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Foto: dpa

56 Milliarden Euro hat das Land im vergangenen Jahr ausgegeben, mehr als die Hälfte davon allein für Schuldenzinsen und Personalkosten. Trotz der alarmierenden Kassenlage und des jährlich wachsenden Schuldenberges (aktueller Stand: 133 Milliarden Euro) leistet NRW sich aber immer noch einen teilweise sorglosen Umgang mit Steuergeld: Der neue Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) listet auf 238 Seiten Fälle von Misswirtschaft und Verschwendung auf. Darunter folgende Beispiele.

Polizei Der Fuhrpark der Polizei ist zu groß. Von den landesweit 11 000 Polizeiautos hat der LRH den Einsatz von 7100 überprüft. Ergebnis: 1100 könnten sofort aus dem Verkehr gezogen oder verkauft werden, ohne dass die Polizei auf Mobilität verzichten müsste. Der Fuhrpark müsste lediglich besser organisiert werden.

Zum Einsparpotenzial wollte der LRH keine Angaben machen. Nach Angaben des Landesinnenministeriums kostet der Fuhrpark der Polizei das Land pro Jahr 65 Millionen Euro — also im Schnitt 5900 Euro pro Fahrzeug und Jahr. Das Schrumpfen der Flotte um 1100 Autos könnte also etwa 6,4 Millionen Euro pro Jahr einsparen.

Hochschulen Das Land muss die Kosten für das Hochschulpersonal vorfinanzieren und dafür Schulden aufnehmen. Die Universitäten und Fachhochschulen lassen sich mit der Rückzahlung der später auch noch einmal vom Landesamt für Besoldung finanzierten Gelder aber im Schnitt zwei Monate Zeit.

Während die Hochschulen das Geld zwei Monate lang zinsbringend anlegen, entsteht dem Land nach Hochrechnungen des LRH durch dieses umständliche Prozedere jährlich eine Zinslast in Höhe von 8,2 Millionen Euro. Die neue Präsidentin des Landesrechnungshofes, Brigitte Mandt, nannte die Praxis gestern "nicht hinnehmbar".

Unikliniken Einen drastischen Fall von Steuergeldverschwendung hat der LRH bei der Versorgung der sechs Unikliniken des Landes mit medizinischem Großgerät aufgedeckt. Den Kauf zum Beispiel von Computertomographen hat das Wissenschaftsministerium in den Jahren 2005 bis 2009 mit über 80 Millionen Euro unterstützt. Der Landesrechnungshof schlägt vor, 23,5 Millionen Euro davon zurückzufordern — plus Zinsen.

Eine Prüfung der Zahlungsströme habe "gravierende Unregelmäßigkeiten zutage treten lassen", wie es im Bericht heißt: "Sie reichen von unzulänglich getroffenen Förderentscheidungen über zu früh durchgeführte Beschaffungen, zu früh abgerufene Fördermittel, schwere Verstöße gegen Vergabevorschriften, eindeutige Zweckverfehlungen der Fördermittel bis hin zu Anhaltspunkten für strafrechtlich relevantes Verhalten", so der Bericht. Laut Wissenschaftsministerium arbeitet eine Arbeitsgruppe die beanstandeten Förderverfahren bereits auf.

Bezirksregierungen Die fünf Mittelbehörden des Landes sind teilweise schlecht organisiert. Zum Nachweis hat der LRH die Arbeitsweise der Verkehrsdezernate verglichen. Ergebnis: Mancherorts gibt es zu viele Chefs. Ohne konkrete Behörden zu nennen, moniert der Bericht "teilweise ineffiziente Leitungsstrukturen, die insbesondere durch zu viele Führungskräfte gekennzeichnet sind". Außerdem würden bei der Kontrolle der Landesmittel im kommunalen Straßenbau in den unterschiedlichen Regierungsbezirken "gleiche Aufgaben mit unterschiedlicher Personalausstattung erledigt". Auch für einfache Aufgaben werde "zu teures Personal eingesetzt", so Mundt.

Polizei-Hochschule In die Kritik gerät auch die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster-Hiltrup. "Die mit Lehraufgaben betrauten Bediensteten waren nicht ausgelastet: Sie erfüllten ihre Lehrverpflichtung nur zu rund 40 Prozent", heißt es in dem Bericht. Gleichzeitig seien aber zu viele externe Referenten in der Fortbildung eingesetzt worden. Der Vizepräsident der DHPol, Gerd Thielmann, bestritt die Vorwürfe gestern. Die Polizei-Hochschule habe den Einsatz der Lehrkräfte lediglich unzureichend dokumentiert, in Wahrheit sei die Auslastung höher gewesen und liege inzwischen bei 100 Prozent.

Notare Neben den unnötigen Ausgaben wirft der LRH dem Land auch den Verzicht auf bequeme Einnahmen vor. Beispiel: Während niedersächsische Notare Landesleistungen wie die Bestellung von Urlaubsvertretungen bezahlen müssen, entrichten die rund 2000 Notare in NRW dafür keine Gebühren.

"Im Vergleich zu Niedersachsen verzichtet NRW derzeit auf Einnahmemöglichkeiten von jährlich mehreren Hunderttausend Euro", so der LRH. Schlechte Nachricht für die NRW-Notare: Laut Justizministerium bereitet eine Arbeitsgruppe derzeit einen entsprechenden Gebührenkatalog vor.

(RP/csi)
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