Ehemalige NRW-Landesbank Der geheime Kunstschatz der WestLB

Düsseldorf · Um den Verkaufspreis zu steigern, hält das NRW-Finanzministerium Details zur Kunstsammlung der WestLB-Nachfolgerin Portigon geheim. Aber jetzt ist eine beeindruckende Inventarliste aufgetaucht.

 Wo einst die WestLB Zuhause war, hat heute Portigon seinen Sitz.

Wo einst die WestLB Zuhause war, hat heute Portigon seinen Sitz.

Foto: dapd

Die Kunstsammlung der öffentlich-rechtlichen WestLB-Nachfolgerin Portigon umfasst rund 400 Werke mit einem geschätzten Gesamtwert im dreistelligen Millionenbereich. Das geht aus einer streng vertraulichen Inventarliste des NRW-Finanzministeriums hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Portigon-Eigentümer ist das Land NRW. Damit gehört die Sammlung den Bürgern des Landes. Auf Druck der EU-Kommission muss NRW die Bank verkaufen oder anderweitig abwickeln. Damit dürften zumindest Teile der Sammlung in Privatbesitz wechseln. Als NRW im November in New York zwei Warhol-Gemälde aus Beständen der ebenfalls landeseigenen Westspiel-Gruppe für mehr als 120 Millionen Euro verkaufen ließ, löste der Vorgang bundesweiten Protest aus. Museumsdirektoren sprachen von einem "Tabubruch". Die absehbare Privatisierung der Portigon-Sammlung wurde kaum diskutiert, weil der Inhalt der Sammlung bislang unbekannt war.

Von Beuys bis Nolde

Das Finanzministerium begründet die Geheimhaltung in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion so: "Wenn konkret und abschließend bekannt würde, welche Kunstgegenstände sich im Eigentum der Portigon AG befinden [...], wäre bekannt, welche Kunstwerke im Rahmen der Abwicklung zur Veräußerung kommen könnten." Das Finanzministerium fürchtet, dass "wegen des antizipierten Angebots [...] mit sinkenden Preisen und damit einer Beeinträchtigung der Veräußerungsmöglichkeiten zu rechnen" sei. "Mit einer solchen Ausweitung des Angebots wären schon nach allgemeinen Marktprinzipien sinkende Preise verbunden", so das Ministerium.

Der bislang geheimen Inventarliste des Ministeriums zufolge umfasst die Sammlung unter anderem Werke von so namhaften Künstlern wie Joseph Beuys ("Selbstporträt", "Rechtecke versetzt"), Max Bill ("Felder aus acht Farbgruppen", "Stab"), August Macke ("Der Macke'sche Garten"), Sigmar Polke ("Widder im Vollmond" eins bis vier).

Mit dabei sind auch die "Frau im Profil" von Emil Nolde, "Zwei Mädchen" von Hans-Peter Feldmann, das "Working Model for Stone Memorial 1961" von Henry Moore, Robert Rauschenbergs "One more and we will be halfway there" und "6 Anordnungen von Farben" von Gerhard Richter. Auch der hoch gehandelte Fotokünstler Wolfgang Tillmans steht auf der Inventarliste, ebenso Künstler der Düsseldorfer Fotoschule wie Thomas Struth oder Candida Höfer.

Offenbar Ungenauigkeiten in der Liste

Allerdings enthält die Liste auch Unschärfen. Zum Beispiel fehlen bei vielen Werken die Jahresangaben. Angesichs dieser Unschärfen bleibt der Kunsthistoriker Raimund Stecker, ehemaliger Museumschef in Duisburg, mit der Schätzung des Gesamtwertes der Sammlung vorsichtig: "Zählt man alleine die Namen der Künstler auf und ordnet sie den bekannteren Titeln zu, könnte man sicher von einem Gesamtwert in Höhe von etwa 100 Millionen Euro ausgehen." Versteckten sich hinter den nur ungenau aufgeführten Werken von Gerhard Richter, Max Bill oder Salvador Dalí Meisterstücke, "wäre man schnell bei 150 Millionen oder mehr", so der Experte.

(RP)
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