Politikwissenschaftler über die TV-Debatte "Laschet ist in die Attacke gegangen"

Düsseldorf · Stefan Marschall ist Politologe und Professor für Vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Düsseldorf. Für uns hat er sich die Wahlarena mit den NRW-Spitzenkandidaten angeschaut und analysiert.

 Armin Laschet in der WDR-Wahlarena.

Armin Laschet in der WDR-Wahlarena.

Foto: dpa, gfh

Sieben Spitzenkandidaten, eine Diskussionsrunde, jede Menge Wahlkampf-Themen — da galt es für die Politiker bei der Wahlarena im WDR, sich Redeanteile zu verschaffen, die eigenen Themen zu platzieren und souverän zu bleiben.

Dabei hat vor allem CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet den Politikwissenschaftler Stefan Marschall überrascht: "Er war im Vergleich zum TV-Duell vom Dienstag deutlich engagierter und ist in die Attacke gegangen. Er hat sich nicht auf Zahlenspiele eingelassen." Auch rhetorisch sei Laschet sehr stark gewesen. Er habe die Regierung immer wieder scharf kritisiert. Das habe ihn in dieser Deutlichkeit schon etwas überrascht.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sei hingegen ruhig und sachlich gewesen. Im Gegensatz zu ihrem Auftritt beim TV-Duell am Dienstag habe sie kaum attackiert, sondern sei dafür viel landesmütterlicher aufgetreten. "Sie erfüllte ihre Rolle gut, blieb souverän", sagt Marschall. Auffällig sei gewesen, dass Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) stark in die Verteidigung gezwungen wurde: "Sie hat viel zurückgeschaut und sich gerechtfertigt", sagt der Experte. Dabei sei sie sehr laut und forsch gewesen. "Sie kam aus der Defensive und hat sehr offensiv versucht, da herauszukommen", sagt Marschall.

Nicht gut ausgesehen habe AfD-Kandidat Marcus Pretzell bei der Frage nach der Kinderbetreuung. Vorher sei er eher defensiv gewesen. Durch die Frage sei er aber stark unter Druck geraten. "Es wurde für ihn schwierig, als Privates und Parteiprogramm sich widersprachen", sagt Marschall. Zudem hätten die anderen Landtagskandidaten in der Runde Pretzell stark an den Rand gedrängt. "Da haben sich alle verbündet und klar gemacht, dass er nicht dazugehört und eine Koalition nicht möglich ist. Das war kein Zufall", sagt der Politikwissenschaftler. Vor allem Laschet habe Pretzell immer wieder heftig attackiert und sich von ihm keine Seitenhiebe gefallen lassen.

Gut geschlagen habe sich in der munteren Runde Özlem Alev Demirel (Linke). "Sie hat ihre Anliegen sehr leidenschaftlich herübergebracht", sagt der Experte. Das gelte auch für Christian Lindner. Der FDP-Chef hätte zwar Anlaufschwierigkeiten gehabt, dann aber seine rhetorischen Vorteile klar ausgespielt und seine Themen platziert. Wie erwartet, habe Lindner nicht mit Kritik an der Landesregierung und den anderen Kandidaten gespart.

Einen klaren Gewinner der Wahlarena konnte der Politikwissenschaftler nicht ausmachen: "Armin Laschet war wortführend und sehr engagiert. Er hat gegenüber dem TV-Duell klar gewonnen. Aber auch Kraft und Demirel haben sich gut geschlagen."

Insgesamt sei die Diskussion deutlich munterer und inhaltsvoller gewesen, als das Duell zwischen Hannelore Kraft und Armin Laschet. Spannend sei gewesen, dass jeder für sich gekämpft hat. "Den Kandidaten ging es darum, ihre eigenen Programme rüberzubringen. Mögliche Koalitionen waren da nicht erkennbar", sagt Marschall.

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