Kraft gegen Laschet So lief die TV-Debatte zur NRW-Wahl

Köln · Zwölf Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben sich Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Herausforderer Armin Laschet im Fernsehduell einen lebhaften Schlagabtausch geliefert. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Wahl in NRW 2017: TV-Duell zwischen Hannelore Kraft und Armin Laschet in Bildern
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Das TV-Duell zwischen Hannelore Kraft und Armin Laschet in Bildern

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Foto: Herby Sachs/WDR/dpa

Im WDR-Fernsehen stritten die beiden am Dienstagabend vor allem über die Themen Bildung, Infrastruktur, Sicherheit, Zuwanderung und Wirtschaft, zu denen sich die beiden Spitzenpolitiker jeweils 90 Sekunden äußern konnten. Insgesamt blieb die 60-minütige Debatte, die von den WDR-Chefredakteurinnen Sonia Mikich und Gabi Ludwig moderiert wurde, jedoch sachlich.

Hier geben wir einen Überblick:

  • Innere Sicherheit

Mikich eröffnete die Debatte mit dem Thema Wohnungseinbrüche: "Ist bei Ihnen schon einmal eingebrochen worden?" Kraft und Laschet verneinten. Die Ministerpräsidentin sagte: "Die Einbruchszahlen haben uns nicht ruhen lassen. Wir haben neue Methoden eingeführt. Wir haben mehr Polizisten ausgebildet." Laschet hielt dagegen: "NRW hat 22 Prozent der deutschen Einwohner, aber 33 Prozent der bundesweiten Einbrüche. Ich will, dass NRW so sicher ist wie andere Bundesländer." Seine Forderung: NRW brauche die verdachtsunabhängige Schleierfahndung. Kraft sagte, die Schleierfahndung bringe nichts: "Wir prüfen doch nicht ältere Damen am Steuer." Der CDU-Spitzenkandidat kritisierte zudem, die rot-grüne Landesregierung tue zu wenig gegen den gewaltbereiten Salafismus. Laschet rechnete vor, die Zahl der Salafisten habe sich seit 2010 versechsfacht. "Das ist eine bedrohliche Zahl." Zudem sei in NRW der Berliner Weihnachtsmarktattentäter Anis Amri mit zig verschiedenen Identitäten durch das Land gereist. Dennoch forderte der 56-Jährige nicht den Rücktritt von Innenminister Ralf Jäger (SPD). Darüber müssten die Wähler entscheiden. Kraft hingegen sagte, sie sehen keinen Grund , ihn zu entlassen. "Nur weil die Opposition immer nach dem Rücktritt ruft, braucht man ja trotzdem einen Sachgrund."

  1. Zuwanderung

Kraft erklärte: "Wir sind mit Zuwanderung groß geworden und nach vorne gekommen. Jeder, der hier dauerhaft lebt und sich an die Regeln hält, ist Nordrhein-Westfale, unabhängig von der Religion und der Hautfarbe. Laschet: "Das stimmt." Auch sollten alle, die auf Dauer im Land bleiben wollten, die Chance erhalten, eingebürgert zu werden, so Laschet.

  1. Bildung

Beim Thema G8/ G9 rechtfertigte Kraft die Kehrtwende der Landesregierung: "Wir möchten jetzt jedem Schüler an jeder Schule die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, ob er das Abitur nach acht oder nach neun Jahren machen will." Laschet räumte ein, seine Meinung zu G8/G9 geändert zu haben: "In den 90er Jahren haben alle gesagt, unsere Studenten sind zu alt, wenn sie mit dem Studium beginnen. Damals gab es noch die Wehrpflicht und nicht die verkürzten Studienzeiten, die wir heute mit dem Bachelor-Abschluss haben. Aber viele Eltern haben die verkürzte Schulzeit so nicht akzeptiert. Wir wollen deshalb, dass jetzt die Schulen entscheiden, ob sie G8 oder G9 anbieten.

  1. Soziale Gerechtigkeit

Hannelore Kraft – Ministerpräsidentin von NRW & SPD-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl 2017
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Das ist Hannelore Kraft

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Foto: dpa, ve

Laschet warf der Ministerpräsidentin vor, dass Projekt "Kein Kind zurücklassen" bringe kaum Erfolge: "Am Ende Ihrer Amtszeit ist die Kinderarmut gestiegen." Den Kindern könne nur erfolgreich geholfen werden, wenn mehr Arbeitsplätze geschaffen würden. "Lägen wir nur einmal im Schnitt der deutschen Bundesländer, hätten wir 100.000 Arbeitslose weniger - und entsprechend weniger arme Familien", argumentierte Laschet. Kraft, die bei diesem Thema erstmals etwas lauter wurde, hingegen verwies auf die positive Resonanz ihres Kinderprojekts aus den Kommunen. Die Landesregierung habe 200 Milliarden Euro in Bildung investiert, viele Kita-Plätze geschaffen, tausende Lehrer eingestellt und die finanzielle Situation der Kommunen entscheidend verbessert. "Kinderarmut ist immer Erwachsenenarmut", sagte Kraft.

  1. Kita-Plätze

Kraft kündigte an, dass Kitas künftig in einer Kernzeit von 30 Stunden gebührenfrei sein sollen. Das Land könne dies ohne weiteres finanzieren, dafür stehe Geld aus dem neugeregelten Länderfinanzausgleich zur Verfügung. Jeder Platz für die unter Dreijährigen werde vom Lande finanziert.

Armin Laschet: Infos zum NRW-Ministerpräsidenten & CDU-Kanzlerkandidaten
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Foto: dpa/Michael Kappeler
  1. Verkehr

Die Ministerpräsidentin räumte ein, dass NRW das Stauland Nummer Eins sei. Die Infrastruktur sei über Jahrzehnte vernachlässigt worden. Auch, weil der Aufbau Ost Vorranggehabt habe. "Jetzt sagen wir, der Westen ist dran. Es geht nach vorne. Wir bauen. Aber das bedeutet auch: Die Staus können vorerst nicht weniger werden", betonte Kraft. Laschet entgegnete: "Seit Groschek (SPD) Verkehrsminister ist, hat sich die Zahl der Staus in NRW verdoppelt."

  1. Wirtschaft

Die Ministerpräsidentin zeichnete ein positives Bild von der Wirtschaftslage: Es gebe 720.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr, das Wirtschaftswachstum habe 2016 nur noch um 0,1 Prozentpunkte unter dem Bundesschnitt gelegen. "Wir wollen an die Spitze", stellte sie sogleich klar. Programme, die etwa Jugendlichen den Übergang in den Arbeitsmarkt erleichtern, würden dazu beitragen. Laschet hingegen übte scharfe Kritik am Landesentwicklungsplan, der die Entwicklung in ländlichen Regionen behindere. Nicht der Wirtschaftsminister habe die Wirtschaftspolitik im Kabinett Kraft bestimmt, sondern der Umweltminister. Zugleich müsse die Grundstoffindustrie im Ruhrgebiet stabilisiert werden, "aber nicht mit immer neuen Auflagen".

  1. Koalitionen

Zu möglichen Koalitionen nach der Wahl untermauerte Kraft, weiter mit den den Grünen regieren zu wollen. "Wenn es nicht reicht, sehen wir, wie es weitergeht. Ich halte die Linke nicht für regierungswillig und regierungsfähig. Ich glaube auch gar nicht, dass die Linke in den Landtag kommt." Für Laschet käme die AfD in keiner Weise als Partner in Betracht. Genauso auch nicht die Linke, so Laschet.

  1. Das sagt der Politikwissenschaftler

Der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Stefan Marschall kommentiert das TV-Duell wie folgt: "Dafür, dass beide Seiten sehr ähnliche Positionen hatten, hat Frau Kraft dominiert und klarere Aussagen gemacht. Armin Laschet hat erst mit der Zeit ins Duell gefunden und an Sicherheit gewonnen. Daher könnte man Kraft als Siegerin des Duells sehen. Aber: Die Ministerpräsidentin war aggressiv und dominant. Das wird von den Menschen aber nicht immer als souverän wahrgenommen. Das kann ihr auch Minuspunkte eingebracht haben. Sie hätte etwas landesmütterlicher auftreten können. Denn es wäre ihre Rolle gewesen, Souveränität zu zeigen. Kraft war zudem ohne Not sehr attackierend. Denn oft stand gar kein Vorwurf im Raum. Sie hat wie bei einer Wahlkampfveranstaltung oder in einer Talkshow geredet. Auch in ihrer Lautstärke hat sie immer wieder versucht, Kontroversen aufzubauen. Gleichzeitig hat sie auf Aussagen von Laschet mit spöttischem oder süffisantem Gesichtsausdruck reagiert. Als stünde sie über der Sache. Das wirkte nicht souverän."

  1. Wie geht es jetzt weiter?

Inwieweit das TV-Duell am übernächsten Sonntag das Wahlverhalten beeinflussen wird, stand am Abend noch nicht fest. Experten sagen einen knappen Ausgang voraus. In den Meinungsumfragen hat die rot-grüne Koalition keine Mehrheit mehr. Die SPD kommt in den Befragungen der Institute auf 34 bis 37 Prozent, die CDU auf 27 bis 34. Die FDP landet bei bis zu zwölf Prozent. Die Grünen erreichen sechs Prozent. Die AfD kommt auf bis zu elf Prozent, die Linke auf bis zu acht. Morgen Abend (20.15 Uhr) treffen sich Kraft und Laschet im Fernsehstudio wieder. Dann sind auch die anderen Spitzenkandidaten dabei.

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