Streit um NRW-Haushalt “Mit dem Finger in der Kasse erwischt worden“

Düsseldorf · In seiner Abwesenheit lesen die Haushaltspolitiker im Landtag Finanzminister Marcus Optendrenk die Leviten. Der habe mit dem aktuellen Haushaltsverfahren für ein unzumutbares Chaos gesorgt. Und die Klagedrohungen sind mitnichten abgeräumt.

 Die Kritik richtet sich an sie: NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (l.), Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).

Die Kritik richtet sich an sie: NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (l.), Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).

Foto: dpa/David Young

Der Streit um das chaotische Haushaltsverfahren hat sich im zuständigen Landtagsausschuss fortgesetzt. Nicht dabei war am Donnerstag NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU), denn der wurde in Berlin zum Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz gewählt. Sein Staatssekretär Dirk Günnewig (CDU) beantwortete an seiner Stelle die bohrenden Fragen der Abgeordneten. Und die waren zahlreich. Denn noch wissen die Haushälter nichts Konkretes, was über eine vage Presseerklärung des Finanzministeriums hinausgeht. Die Landesregierung hatte bislang nur Eckpunkte zu ihrem fünf Milliarden Euro schweren Rettungsschirm und dem Abweichen von der Schuldenbremse beschlossen, ein Gesetzentwurf soll laut Günnewig aber am Freitag vom Kabinett abgestimmt und dann auch dem Landtag zugeleitet werden.

All dies sorgt in dem ohnehin extrem kurzen Haushaltsverfahren für weitere Irritationen. FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel sprach von einer absoluten Zumutung, die durch das vom Land verursachte Chaos noch einmal potenziert worden sei. Witzel spielte damit auf den Versuch an, Mittel aus dem Corona-Rettungsschirm umzuwidmen. Der Landesrechnungshof hatte das in seltener Klarheit als verfassungswidrig bewertet, das Land ruderte zurück und kündigte stattdessen die finanzielle Notlage an, um von der Schuldenbremse abzuweichen. „Wir sollen jetzt hier im Nebel abstimmen über irgendetwas, dessen Grundlage wir noch überhaupt nicht kennen“, kritisierte Witzel. Es bestünden auch bei der geplanten Ausnahmeregelung der Schuldenbremse erhebliche rechtliche Risiken, die noch einmal klagerelevant werden könnten, so Witzel.

SPD-Finanzpolitiker Stefan Zimkeit attackierte Optendrenk: „Es wäre die Aufgabe des Finanzministers gewesen, uns ein bisschen Luft und Licht ins Dunkel zu bringen und hier für mehr Klarheit und mehr Durchschaubarkeit zu sorgen.“ Der Sozialdemokrat rechnete mit der Erklärung der Landesregierung ab, dass neuere Erkenntnisse über das Ausmaß der Wirtschaftskrise zu dem Kursschwenk geführt hätten: „Es gibt genau zwei Gründe, warum Sie jetzt diese Kehrtwende vollziehen: die Stellungnahme des Landesrechnungshof, der Ihnen erklärt hat, dass das verfassungswidrig ist, und unsere Ankündigung der Prüfung einer Klage in dieser Angelegenheit gemeinsam mit der FDP.“

Staatssekretär Günnewig erklärte dagegen erneut, dass die Krise tiefer, schneller und schärfer ausfalle als angenommen, und argumentierte damit auch für das geplante Aufwachsen des Rettungsschirms um 1,5 Milliarden Euro. Es sei ein Puffer vorgenommen worden. „Es ist eine Obergrenze, die vorgesehen wird.“

Zimkeit sagte daraufhin, es gäbe keine neuen Erkenntnisse. „Das Einzige, was Sie treibt, ist, dass Sie erwischt worden sind mit dem Finger in der Kasse, sprich mit dem Versuch, die Verfassung zu umgehen. Und dass Sie jetzt verzweifelt versuchen, davon wieder wegzukommen.“ Die Weigerung der Landesregierung, frühzeitig Informationen herauszugeben, müsse eigentlich dazu führen, das Haushaltsverfahren zu beenden und zu blockieren, „weil das nichts mehr mit einem demokratisch parlamentarischen Haushaltsverfahren zu tun hat“.

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