Umweltminister von Schleswig-Holstein und NRW Was kann Robert Habeck, das Johannes Remmel nicht kann?

Düsseldorf/Berlin · Im Schleswig-Holstein zeigt Umweltminister Robert Habeck, wie die Grünen erfolgreich sein können. Sein Amtskollege in Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel, hat weniger Fortüne.

 Monika Heinold, Grünen-Spitzenkandidatin, wird in Kiel (Schleswig-Holstein) auf der Wahlparty der Partei von Umweltminister Robert Habeck umarmt.

Monika Heinold, Grünen-Spitzenkandidatin, wird in Kiel (Schleswig-Holstein) auf der Wahlparty der Partei von Umweltminister Robert Habeck umarmt.

Foto: dpa, pil

Der Jüngere ist ein Menschenfänger, der Ältere überzeugt vor allem das Fachpublikum. Der eine kann mit seiner offenen, unkomplizierten und charmanten Art breite Bevölkerungsschichten von langweiligen Dingen wie der ökologischen Landwirtschaft begeistern, vor allem Frauen. Der andere ist mehr nach innen gekehrt, er doziert gerne über Klimaschutz und Jagdgesetze, er war früher mal Lehrer, und oft hadert er mit dem Koalitionspartner oder dem politischen Gegner. Der eine stieß erst spät in seinem Leben zu den Grünen, vorher schrieb er Kinderbücher und wurde Vater. Der andere wurde Grünen-Mitglied schon 1983, kurz nach ihrer Gründung.

Die Rede ist von Robert Habeck, 43, der am letzten Sonntag in Schleswig-Holstein fast 13 Prozent für die Grünen eingefahren hat. Und von Johannes Remmel, 54, der in Nordrhein-Westfalen zittern muss, dass die Grünen am nächsten Sonntag überhaupt wieder die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

 Der Umweltminister von NRW, Johannes Remmel.

Der Umweltminister von NRW, Johannes Remmel.

Foto: dpa, rwe lof

Beide sind Umwelt- und Landwirtschaftsminister in ihren Bundesländern. Sie machen keine so unterschiedliche Politik, beide treibt die ökologische Frage an. Beide wollen den Planeten retten, bevor wahr wird, was der Physiker Stephen Hawking prophezeit, dass nämlich die Menschheit nur noch 100 Jahre auf der Erde wird leben können, wenn sie so weitermacht. Nur hat der eine viel Erfolg damit, der andere derzeit weniger.

Auf der Suche nach den Gründen findet man Persönlichkeitsunterschiede. Doch es sind auch unterschiedliche Einstellungen, die die Menschen spüren können. Habeck hat sich für den Wahlkampf in Schleswig-Holstein vorgenommen, die Probleme anzupacken statt zu lamentieren. Wie in NRW sind viele Leute auch in Schleswig-Holstein sauer über die vielen Windräder, die überall aufgestellt werden. Doch Habeck erklärt den Menschen, warum andere Energiequellen eine noch schlechtere Alternative wären. Remmel wird oft vorgeworfen, über die Menschen hinweg zu regieren.

In Schleswig-Holstein tritt Habeck konsequent für eine ökologischere Landwirtschaft ein, viele Bauern trieb das auf die Barrikaden. Doch der Minister für "alles, was draußen ist" (O-Ton Habeck) tingelte unermüdlich von Bauernfest zu Bauernfest, um seine Landwirte von der Öko-Produktion zu überzeugen. Habeck setzt nicht auf einen Anti-Kurs, sondern auf das Umweltbewusstsein seiner Bauern. Im persönlichen Kontakt baute er eine Gesprächsebene zu den Bauern auf.

Das ist Remmel kaum gelungen. Für viele Landwirte in NRW ist er im Gegenteil ein rotes Tuch. Sie fühlen sich von seinen zahlreichen Verordnungen und Gesetzen gegängelt. Vor allem die konventionelle Landwirtschaft, die Remmel als regulierungsbedürftige Ursache für Nitrate im Grundwasser, quälende Massentierhaltung und die Verbreitung von antibiotikaresistenten Keimen sieht.

Dass sich gerade aus einer über Generationen hinweg vererbten Landwirtschaft auch eine besondere Verantwortung für die Äcker und Tiere ergibt, ist nicht Remmels Sicht auf die Welt. Er misstraut den Menschen und setzt auf Regulierung, auch auf Eigentumsbeschränkungen - zuletzt beim Landesnaturschutz- und beim Jagdgesetz. Der Zusammenschluss von 17 Verbänden mit zusammen 600.000 Mitgliedern zu einem "Aktionsbündnis ländlicher Raum" ist eine Selbsthilfeorganisation gegen Remmels Umweltpolitik, die sie als Überregulierung empfinden.

Habecks "Küsten-Koalition" aus SPD, Grünen und SSW hat gut und harmonisch zusammengearbeitet. In NRW setzen SPD und Grüne sich nach sieben Jahren gemeinsamer Regierung inzwischen nach Kräften voneinander ab. Remmel will früher aus der Braunkohle aussteigen als NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), seine Partei fordert von Innenminister Ralf Jäger (SPD) erfolglos einen Abschiebestopp nach Afghanistan, die Grünen wollen mehr Bürgerbeteiligung bei großen Infrastrukturprojekten. Währenddessen warnt die SPD vor einer "durchgrünten Gesellschaft", die eine wesentliche Ursache für Verzögerungen bei wichtigen Bauprojekten sei.

Weil es kaum noch ein relevantes Politikfeld gibt, auf dem SPD und Grüne sich nicht schon zerstritten haben, kann man zugespitzt sagen: In NRW stehen Remmel und seine Grünen für die Krise der rot-grünen Regierungstradition in Deutschland. Habeck hingegen könnte schon bald wie der Mitbegründer einer neuen grünen Regierungstradition dastehen: Er versucht gerade ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis zu schmieden, das es auf Landesebene bislang nur kurz im Saarland gab.

Auch deshalb wirkt Habeck moderner. In Berlin hoffen die Grünen intern sogar auf einen "Habeck-Effekt". Nach einem "Remmel-Effekt" hat noch niemand gerufen.

(mar)
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