Trotz Pandemie NRW hält an offenen Grenzen zu Nachbarn fest

Düsseldorf · Während im Süden der Republik geschlossene Grenzen diskutiert werden, will die nordrhein-westfälische Landesregierung weiterhin an offenen Grenzen zu seinen Nachbarländern Niederlande und Belgien festhalten.

 Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), Europaminister der Landes Nordrhein-Westfalen (Archivbild).

Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), Europaminister der Landes Nordrhein-Westfalen (Archivbild).

Foto: dpa/Federico Gambarini

„Es wäre fatal, wenn sich in der Krise wieder alle in nationale Schneckenhäuser zurückzögen“, sagte NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Gegenseitiges Vertrauen sei ein wertvolles Kapital: Information als Mittel gegen Isolation. „In anderen Ländern haben wir gesehen, welche katastrophalen Folgen geschlossene Grenzen haben können: vergessen geglaubte Vorurteile wurden wach.“

NRW sei seit Ausbruch der Pandemie einen anderen Weg gegangen und habe stattdessen auf enge Kooperation gesetzt. Gerade durch den ständigen Austausch in der grenzüberschreitenden Arbeitsgruppe „Cross-Border Taskforce Corona“ sei es gelungen, die Grenzen zu den niederländischen und belgischen Nachbarn „auch in schwierigen Zeiten offen zu halten“, unterstrich der CDU-Politiker. Das bleibe „ein Schlüsselanliegen“ der Landesregierung. Mit einem Vorbehalt: „Entstehen durch die extrem ansteckenden Mutationen neue Hochrisikogebiete, dann müssen wir neu nachdenken.“

Holthoff-Pförtner zog eine positive Bilanz der seit fast einem Jahr arbeitenden Einheit, in die sich nach Beamten aus NRW, Belgien und den Niederlanden später auch Koordinatoren aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz eingegliedert hatten. Damit erstreckt sich die Reichweite der „Corona-Taskforce“ inzwischen über das gesamte Grenzgebiet, das Deutschland mit den Niederlanden und Belgien teilt.

Meist fungiere die Arbeitsgruppe als Vermittler - etwa zwischen den Gesundheitsministerien in NRW und den Niederlanden, die die Aufnahme niederländischer Patienten auf Intensivstationen in NRW ermöglicht hatten. Insgesamt hat NRW nach Angaben des Europaministeriums bisher 49 Intensivpflege-Patienten aus dem Nachbarland aufgenommen. Weitere zwölf Patienten seien in anderen Bundesländern medizinisch betreut worden. Gleichzeitig sei auf beiden Seiten der Grenze eine zentrale Koordinierungsstelle geschaffen worden - auch, um zu vermeiden, dass es in grenznahen Krankenhäusern zu regionalen Überlastungen kommt.

Die Zwischenbilanz des NRW-Europaministeriums nach über 60 Taskforce-Schalten listet viele weitere praktische Hilfen auf: Als niederländische Zugführer angesichts geschlossener Hotels in NRW nicht gewusst hätten, wo und wie sie ihre gesetzlichen Ruhezeiten einhalten könnten, habe die Taskforce Übernachtungsmöglichkeiten vermittelt. Zum Ende der Ferienzeiten sei durch frühzeitigen Informationsaustausch ein zügiger Transitverkehr gelungen. Für Grenzpendler sei zwischen den Finanzministerien geklärt werden: Homeoffice wird steuerlich wie Arbeit am üblichen Arbeitsort im Nachbarland bewertet.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schließt hingegen Grenzschließungen wegen der Gefahr durch die Mutanten des Coronavirus „im Extremfall“ nicht aus. Er hat bereits angekündigt, sich mit den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und des Saarlands, Malu Dreyer (SPD) und Tobias Hans (CDU), wegen der Grenze zu Frankreich absprechen zu wollen.

Nach dpa-Informationen gilt es als sehr wahrscheinlich, dass der Bund einem entsprechenden Votum der betroffenen Länder folgen würde, sollten diese stationäre Kontrollen an ihren Grenzen befürworten. Das Thema war zwischen Bund und Ländern zuletzt vor allem mit Blick auf Tschechien und womöglich auch Österreich besprochen worden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte schon erklärt, dass er eine Schließung der Grenze zu Tschechien und Österreich für denkbar hält.

(felt/dpa)
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