Neues Gesetz finden, Trägeranteile ganz abschaffen Städte fordern viel mehr Geld für Kitas
Düsseldorf · Träger von Einrichtungen sollen für diese nichts mehr zahlen. Das fordert der Städtetag NRW und will ein neues Finanzierungskonzept. Grund seien gestiegene Kosten etwa bei Energie und Miete. Die Idee ist umstritten: Was würde dann aus dem christlichen Profil von kirchlichen Kitas?
Das heutige Kinderbildungsgesetz (Kibiz) in NRW sei die Grundlage dafür, dass keine neuen Kitas entstünden, sich wegen unattraktiver Arbeitsbedingungen kein neues Personal gewinnen lasse und den Kommunen die Freien Träger, die die Einrichtungen unterhalten, „von der Fahne gehen“. Das sagte der Vize-Vorsitzende des Städtetags NRW, der Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, am Rande der jüngsten Mitgliederversammlung seines Verbandes.
„In jeder Stadt müssen dringend neue Kitas gebaut werden, weil wir mehr Plätze brauchen“, führte er aus. Träger und Investoren könnten sich das aber nicht mehr leisten, „weil die Baukosten so extrem steigen und in der Refinanzierung sich nichts verändert“. Ebenso gehen die Miet- und Energiekosten in die Höhe, auch dazu müsse das Land deutlich mehr zahlen. Und: „Die Träger können die Eigenanteile nicht mehr schultern“, so Eiskirch. „Deswegen ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, die Trägeranteile abzuschaffen.“ Bereits heute übernehmen viele Städte und Gemeinden diese Kostenanteile für Kindergärten, die durch andere Organisationen betrieben werden. „Im Moment werden die Städte immer zum Ausfallbürgen, wenn sich neue Lücken auftun“, so Eiskirch gegenüber unserer Redaktion.
In der Landespolitik ist die Kritik angekommen. „Das Thema wird in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen besprochen“, hieß es von der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Klarere Worte kommen von der Opposition. „Das ist ein Problem, das bei der letzten Kibiz-Revision liegengeblieben ist. Wir haben es mit massiv angestiegenen Kosten bei Mieten und Investitionen zu tun“, sagte der Familienpolitische Sprecher der SPD, Dennis Maelzer. Dass Zuschüsse aufgestockt werden, sei eine sehr berechtigte Forderung. Außerdem werde bei den Landeshilfen nach wie vor zwischen städtischem und ländlichen Raum unterschieden: „Die Sätze für den ländlichen Raum sind niedriger. Aber wenn man im Speckgürtel des Ruhrgebietes ist, dann gilt das als ,ländlich‘, aber die Mieten sind trotzdem hoch.“
Zündstoff birgt der Ruf nach der Abschaffung der Trägeranteile. Besonders viele Kitas sind nämlich in kirchlicher Trägerschaft. „Was wir aktuell bräuchten, wäre ein außerplanmäßiges Hilfsprogramm“, sagte Ferdinand Claasen vom Landesbüro der Katholischen Kirche in NRW. Damit könne man kurzfristig auf die Entwicklung bei Energie-, Bau- und Lohnkosten reagieren und dann auf längere Sicht neue Gesetzesregelungen finden. Aber Trägeranteile halte man eigentlich für sinnvoll. Schließlich verfolge man mit den Kindergärten nicht nur gemeinwohlorientierte, sondern auch kirchliche Interessen: Sie haben ein christliches Profil. „Wie wollen wir das auf Dauer rechtfertigen, wenn wir nicht auch eigenes Geld mitbringen?“, fragte Claasen. Darüber müsste man zumindest diskutieren.
Ebenso wie über das kirchliche Arbeitsrecht. „Das würde mit Sicherheit in einem Gesetzgebungsverfahren hinterfragt werden, ob so eine Privilegierung ganz ohne Trägeranteile noch zu rechtfertigen wäre“, sagte SPD-Politiker Dennis Maelzer.
Für absolut notwendig hält man die Abschaffung der Trägeranteile unterdessen beim Deutschen Kitaverband, der Freie Träger abseits der Kirchen oder der großen Wohlfahrtsverbände vertritt. Seine Mitglieder hätten nämlich gar keine Chance, das Geld selbst aufzubringen, erklärte der Landesvorsitzende Klaus Bremen. Stattdessen müssten immer Städte und Gemeinden einspringen. „In jeder Kommune in NRW sind wir jeweils auf die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse angewiesen. Das sichert Eltern keine gleichmäßige landesweite Versorgung. In einem modernen Kinderbildungssystem ist das ein Anachronismus“, so Klaus Bremen.
Die Sache grundlegend zu ändern würde allerdings teuer. Würde das Land auf die Trägeranteile aller Kitas in NRW verzichten und diese Kosten komplett selbst übernehmen, so würde allein das „voraussichtlich zu jährlichen Mehrausgaben in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro führen“, erklärte eine Sprecherin des Familienministeriums. Sonstige Zuschuss-Erhöhungen für Investitionen und Betrieb kämen noch hinzu.
Und während die Kommunen und Träger Geld vom Land fordern, verlangt das Land seinerseits Unterstützung vom Bund. In einem Beschluss der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz bitten die Länder um die Fortsetzung des Bundes-Investitionsprogramms für Kitas – und um Prüfung, ob der Bund sich an den gestiegenen Betriebskosten in der Kinderbetreuung beteiligen könnte.