Affront gegen Steuerabkommen mit der Schweiz Steuerfahnder-Chef: CD-Kauf war legal

Düsseldorf/Berlin/Bern · NRW hat offenbar erneut eine CD mit Bankkundendaten gekauft. Und damit den Streit mit der Schweiz neu angeheizt. Schweizer Politiker nennen den Kauf "unwürdig". Nach Einschätzung des Steuerfahnder-Chefs Eigenthaler war der neue CD-Ankauf rechtlich legal.

Fragen und Antworten zu den Schweizer Steuer-CDs
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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kündigte an, die Landesregierung wolle am Kauf von Daten potenzieller Steuersünder festhalten. Er bestätigte den neuen CD-Erwerb allerdings nicht direkt.

Die Schweiz reagierte verärgert. Mit der Unterzeichnung ihres Steuerabkommens hätten sich Berlin und Bern im September 2011 verständigt, auf den Kauf gestohlener Daten zu verzichten, erklärten Schweizer Politiker und Wirtschaftsvertreter. "Beide Vertragspartner sind an das Abkommen gebunden, solange der Ratifizierungsprozess läuft", sagte Mario Tuor, Sprecher des zuständigen Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), der in Zürich erscheinenden "Sonntagszeitung".

"Weder moralischen noch juristische Bedenken"

Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält die juristischen Einwände der Schweiz hingegen für unbegründet. "Ich habe weder moralische noch juristische Bedenken dagegen, dass deutsche Behörden weiterhin Daten-CDs mit Informationen über Steuerbetrüger kaufen", sagte Eigenthaler unserer Redaktion.

"Das Abkommen ist noch lange nicht durch den deutschen Bundesrat gegangen und auch noch lange nicht deutsches Gesetz geworden. Deshalb dürfen deutsche Behörden solche Daten weiterhin kaufen. Kein Gesetz, kein Verbot", entgegnete Eigenthaler der schweizer Kritik.

SPD und Grüne loben Steuergerechtigkeit

Der SPD-Haushaltsexperte Joachim Poß bescheinigte NRW große Verdienste um die Steuergerechtigkeit. Der "ausgeprägten Steuerkriminalität" offenkundig vornehmlich von Spitzenverdienern und Vermögenden sei am wirksamsten mit den Steuer-CDs zu begegnen. "Die Reaktionen aus der Schweiz zeigen darüber hinaus, dass das Deutsch-Schweizer Steuerabkommen in die Tonne gehört."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte, nicht das Verfolgen von Steuerhinterziehern sei ein Skandal, sondern das Decken von Straftätern, "das sich zum Geschäftsmodell Schweizer Banken entwickelt hat". "Wer sich über Jahrzehnte als sicherer Hafen für das Schwarzgeld von Gangstern, Diktatoren und Steuerhinterziehern angeboten hat, sollte sich jetzt nicht moralisch aufplustern, wenn deutsche Strafverfolgungsbehörden den Betrug zwischen Ganoven nutzen, um Straftaten aufzuklären."

Finanzministerium will nichts gewusst haben

Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es, man sei in den Vorgang "nicht eingebunden". Die Bundesregierung setze weiter auf das Steuerabkommen mit der Schweiz, das für Altfälle wie für die Zukunft Lösungen biete. Der Ankauf von CDs sei "keine dauerhafte Lösung".

Das mit den Eidgenossen ausgehandelte Abkommen sieht vor, dass illegal in die Schweiz gebrachte Gelder pauschal mit 21 bis 41 Prozent nachversteuert werden - je nach Dauer und Höhe der Einlagen. Dafür wird den Anlegern Straffreiheit zugesagt. Künftige Kapitalerträge sollen wie in Deutschland versteuert werden.

Das Schweizer Parlament hatte das Abkommen Ende Mai gebilligt. In Deutschland haben Bundestag und Bundesrat noch nicht zugestimmt. Die von SPD und Grünen regierten Länder wollen das Vorhaben im Bundesrat stoppen, weil ihnen die Regelungen nicht weit genug gehen.

Das Land NRW hat wiederholt mit dem Kauf von CDs für Aufsehen gesorgt. Finanzminister Walter-Borjans hatte im April bilanzierte, dass die Auswertung von Steuer-CDs bis dahin 500 Millionen Euro an Nach- und Strafzahlungen in die Landeskasse gespült habe.

(rm)
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