Um Haushaltslöcher zu stopfen SPD wirft NRW-Regierung Missbrauch des Corona-Rettungsschirms vor

Düsseldorf · Auch die SPD in NRW sieht sich vom Umfragetrend für Kanzlerkandidat Olaf Scholz beflügelt. Die Opposition schmiedet bereits Haushaltspläne für den Fall eines Regierungswechsels bei der Landtagswahl 2022.

 Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender, spricht im Landtag. (Archivfoto)

Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsvorsitzender, spricht im Landtag. (Archivfoto)

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die SPD-Landtagsopposition hat der nordrhein-westfälischen Landesregierung vorgeworfen, den 25 Milliarden Euro schweren Corona-Rettungsschirm als Nebenhaushalt zu missbrauchen. Der Rettungsschirm sei in großen Teilen „eine Nebenkasse zur Entlastung der Buchhaltung“ von Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU), sagte SPD-Fraktions- und Parteichef Thomas Kutschaty am Montag in Düsseldorf. Bis 2022 wolle sich Schwarz-Gelb mit rund 10 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm bedienen, um Haushaltslöcher zu stopfen und „damit den Schein von einem schuldenfreien Haushalt aufrechtzuerhalten“. Das sei ein „finanzpolitischer Taschenspielertrick“. Die Regierung enthalte dem Land damit aber die notwendigen Hilfen vor.

Zudem sei die Ministerialbürokratie seit Amtsantritt der schwarz-gelben Koalition „stark aufgebläht“ worden, sagte Kutschaty. Die Zahl der Stellen in den Ministerien sei seit 2017 um 1087 auf 6600 gewachsen. Allein die mehr als 1000 zusätzlichen Stellen kosteten die Steuerzahler rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Allein kommendes Jahr seien 105 zusätzliche Stellen geplant. Den Löwenanteil mit 40 Stellen bekomme das Verkehrsressort unter Minister Hendrik Wüst. Dagegen würden im Gesundheitsministerium, das in der Corona-Krise besonders gefordert sei, 43 Stellen eingespart.

Das Verkehrsministerium erklärte zu den Stellenerhöhungen, das Ministerium treibe unter anderem den Planungs-, Genehmigungs- und Bauhochlauf weiter voran. Der Landesbetrieb Straßen.NRW und das Verkehrsministerium verstärkten sich personell in den Bereichen Bauhochlauf und Bauwerksüberprüfung, Ausbau des Radwegenetzes, Digitalisierung, E-Government und im Strukturwandel im Rheinischen Revier.

Die Landesregierung bringt den Etat für 2022 am Mittwoch in den Landtag ein. Der Landeshaushalt umfasst Ausgaben von 87,5 Milliarden Euro - rund 3,4 Milliarden Euro mehr als der Etat 2021. Die für 2022 erwarteten Steuermindereinnahmen in Höhe von 3,65 Milliarden Euro sollen erneut aus dem Corona-Rettungsschirm kompensiert werden.

Die Landesregierung habe in ihrer bald fünfjährigen Amtszeit weder die geplante Senkung der Grunderwerbssteuer umgesetzt noch die Eingangsbesoldung der Grundschullehrkräfte angepasst, sagte Kutschaty. Die Lösung der Altschuldenprobleme sei bei Schwarz-Gelb „völlig vom Tisch“.

Unter anderem fordert die SPD die Abschaffung der Elternbeitrage im Offenen Ganztag (OGS) und die vollständige Abschaffung der Kita-Beiträge. Mit einem Zukunftsinvestitionsprogramm in Höhe von fünf Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren sollen etwa Schulen, Kitas, Sportstätten und Jugendzentren saniert und die Wohnungsnot bekämpft werden. Mit einem weiteren Zehn-Milliarden-Programm will die SPD einen „sozialen Neustart“ in NRW einleiten. Das Geld solle etwa zur Belebung der Innenstädte, Klimaschutz und für die Handlungsfähigkeit der Kommunen eingesetzt werden. In der derzeitigen Niedrigzins-Phase wäre es nach Worten Kutschatys „nahezu sträflich“, wenn Mittel nicht angepackt würden, um den Investitionsstau zu lösen.

Der Etat 2022 sei der letzte Haushalt, den die CDU/FDP-Koalition unter Ministerpräsident Armin Laschet in dieser Legislaturperiode einbringen werde. Kutschaty zeigte sich optimistisch, dass bei der Landtagswahl im Mai 2022 die SPD wieder ans Ruder in NRW kommen könnte. „Ab nächstem Sommer wollen wir den Ministerpräsidenten stellen.“ Kutschaty tritt als SPD-Spitzenkandidat an.

Er spüre im Bundestagswahlkampf in NRW derzeit eine positive Stimmung der SPD gegenüber, sagte Kutschaty. Die Union steckt knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl in einem historischen Umfragetief. In jüngsten Umfragen zog die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz an CDU und CSU vorbei. Auch Unionskanzlerkandidat Laschet kämpft mit schlechten Umfragewerten.

Er gehe davon aus, dass die derzeit positiven Umfragen für die SPD „nicht nur Rechengrößen“ seien, sondern dass es tatsächlich einen Stimmungsumschwung gegeben habe, sagte Kutschaty. Mit Blick auf die Grünen im Bund, die nach hohen Umfragewerten stark verloren hatten, warnte er aber vor Euphorie. Er gehe aber davon aus, dass sich die „Gesamtstimmungslage“ bei den Umfragen auch auf die NRW-Politik auswirken werde.

(chal/dpa)
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