NRW-Landtag SPD und Grüne verteidigen Minderheitsregierung

Spitzenpolitiker von SPD und Grünen haben ihre Entschlossenheit zur Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen bekräftigt. Unterdessen wies SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Spekulationen über Neuwahlen zurück.

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, räumte in der "Saarbrücker Zeitung"ein, die geplante Konstellation sei "natürlich ein Risiko. Aber es nicht zu machen, wäre das größere Risiko gewesen".

Der nordrhein-westfälische SPD-Generalsekretär Michael Groschek sagte im Deutschlandfunk, Rot-Grün fehle im Düsseldorfer Landtag nur eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Damit sei die Konstellation deutlich stabiler als die 67 Stimmen der CDU, auf die sich der geschäftsführende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) stützen könne.

Zugleich appellierte Groschek an die künftigen Oppositionsparteien im Parlament, "mitzugestalten, nicht zu blockieren". Dabei setzt er auch auf Unterstützung aus den Fraktionen der CDU und der FDP. "Ich glaube nicht, dass das ein so geschlossenes Bollwerk ist. Wir sehen ja, dass für viele Themenbereiche viel größere Schnittmengen im Parlament vorhanden sind, als das die Fraktionsdisziplin nach außen erscheinen lässt", sagte der SPD-Politiker.

Der nordrhein-westfälische CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid ließ im WDR-Interview durchblicken, dass er sich eine punktuelle Zusammenarbeit mit einer rot-grünen Minderheitsregierung vorstellen könnte. "Wir werden das von Fall zu Fall und von Thema zu Thema rein an den Inhalten orientieren", sagte er. Für die Wahl der SPD-Landeschefin Kraft als Ministerpräsidentin stehe die CDU aber nicht zur Verfügung. "Da muss sie sich die Stimmen dann bei der Linkspartei suchen."

Generell ablehnend zeigte sich FDP-Generalsekretär Joachim Stamp. Er warf SPD und Grünen vor, gegen den Willen der Wähler zu handeln. Die FDP werde "diesen Linksblock weder in Personal- noch in Sachfragen in irgendeiner Form unterstützen".

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat Spekulationen über rasche Neuwahlen in NRW zurückgewiesen. Für die Wahl Hannelore Krafts zur Ministerpräsidentin werde es gelingen, die eine noch fehlende Stimme zu erhalten, zeigte sich Nahles am Montag in Berlin überzeugt. Im Alltag reiche dann die einfache Mehrheit für fast alle Gesetze aus. "Das ist eine stabile Basis für eine vernünftige und aus meiner Sicht auch sehr gute Regierungsbildung, die mit einem Politikwechsel verbunden sein wird", unterstrich Nahles. Sie machte jedoch zugleich deutlich, dass es sich bei der angestrebten Minderheitsregierung nicht um "ein Modell" handle.

Nahles wies Vermutungen zurück, die nordrhein-westfälische SPD habe sich auf Initiative der Bundespartei für eine rot-grüne Minderheitsregierung entschieden. "Es ist ganz klar, dass der Anstoß für diese jetzige Wende in der Entwicklung durchaus nicht aus Berlin erfolgt ist", betonte die SPD-Politikerin. Sie wandte sich außerdem gegen den Vorwurf von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, Kraft leide unter "Demokratie-Demenz". Nahles warf Dobrindt vor, sich in letzter Zeit öfter im Ton vergriffen zu haben.

Nahles teilte außerdem mit, Bundesvorstand und Präsidium der SPD hätten den Weg frei gemacht für eine Parteireform. Diese solle auf dem ordentlichen Parteitag der SPD im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Nahles wird den Prozess gemeinsam mit der Bundesschatzmeisterin Barbara Hendricks und der Bundesgeschäftsführerin Astrid Klug leiten

Dobrindt wirft Kraft "Machtgier" vor

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf Kraft vor, "dass sie allein von der Machtgier getrieben" werde. Erst spreche sie der Linkspartei die Demokratiefähigkeit ab, nun wolle sie aber als Ministerpräsidentin mit den Linken zusammenarbeiten.

SPD-Bundesgeneralsekretärin Andrea Nahles betonte, Minderheitsregierungen seien kein Modell für andere Länder oder gar für den Bund, sondern die "letzte Möglichkeit und die mit Abstand nervenaufreibendste Art des Regierens". Der SPD-Vorstand in Berlin habe Kraft aber seine volle Unterstützung ausgesprochen, sagte Nahles.

Unterdessen zeigte sich die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, weiter offen für eine rot-rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen. Das nach wie vor gültige Ziel, die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat zu brechen, sei zwar erreicht, wenn Kraft Ministerpräsidentin werde. Eine Minderheitsregierung sei aber "nur zweitbeste Lösung". "Die saubere, ehrliche und verlässliche Lösung wäre eine stabile Koalition aus SPD, Linken und Grünen", sagte Lötzsch.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen beginnen am Dienstag. Nach Angaben einer Grünen-Sprecherin soll es voraussichtlich zunächst noch nicht um Inhalte, sondern vielmehr um die Planung der gesamten Koalitionsgespräche gehen. Die Wunsch-Regierungspartner stehen jedoch unter Zeitdruck. Bis zur nächsten Landtagssitzung am 13. und 14. Juli sollte ein Koalitionsvertrag stehen, denn dann will sich Hannelore Kraft zur ersten Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens wählen lassen.

(apd/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort