Aderlass bei den Sozialdemokraten NRW-SPD hat nur noch 99.000 Mitglieder

CDU und SPD verlieren in NRW immer mehr Mitglieder. Die Sozialdemokraten rutschen sogar unter die 100.000er Marke. Dass diese Entwicklung nichts mit einer allgemeinen Politikverdrossenheit zu tun hat, belegen die Zahlen von Linken und Grünen.

 Sebastian Hartmann ist Landesvorsitzender der SPD.

Sebastian Hartmann ist Landesvorsitzender der SPD.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die nordrhein-westfälische SPD ist unter die symbolisch wichtige Marke von 100.000 Mitgliedern gerutscht. Der mitgliederstärkste Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland verzeichnete Anfang Dezember nach Parteiangaben noch gut 99.000 Mitglieder. Das waren rund 4000 weniger als ein Jahr zuvor. Größte Volkspartei in NRW ist zwar noch die CDU, aber auch sie schrumpfte bis Ende Oktober um 1265 auf noch knapp 121.700 Mitglieder.

Im Höhenflug sind weiterhin die Grünen, die im Jahr 2020 erstmals die 20.000 überschritten und im Dezember 21.776 Mitglieder zählten. Damit haben die Grünen inzwischen die FDP überholt, die bei etwa 17.500 Mitgliedern liegt. Über einen bescheidenen Zuwachs von rund 460 Mitgliedern konnte sich auch Die Linke NRW freuen, die nun mehr als 8830 Mitglieder in NRW zählt. Die AfD in NRW lag Anfang Dezember bei gut 5400 Mitgliedern.

SPD: Die Corona-Krise hat allen Parteien zugesetzt und die Mobilisierung neuer Mitglieder erschwert. Zudem musste der NRW-Kommunalwahlkampf im Spätsommer zum großen Teil digital geführt werden. „Die Einschränkung der Parteiaktivitäten und die Fokussierung auf digitale Formate hat die Ansprache interessierter Zielgruppen und den Neueinstieg in die Parteiarbeit erschwert“, sagt SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders.

Ein kleiner Lichtblick: Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Parteiaustritte bei der SPD um gut 900 auf 4936 zurück. Im Jahr 2019 hatten noch mehr als 5850 Mitglieder der SPD den Rücken gekehrt. Gut 2400 neue Mitglieder konnte die NRW-SPD 2020 gewinnen, 2019 waren es aber noch fast 3100.

Die NRW-Sozialdemokraten hoffen nun auf neuen Schwung im Jahr 2020: „Der bevorstehende Bundestagswahlkampf ist eine große Chance der Mobilisierung, die wir nutzen werden“, sagt Lüders. Auch im Landtagswahljahr 2022 hofft die SPD auf neue Mitglieder. Allerdings bietet die NRW-SPD derzeit noch ein zerstrittenes Bild. Um die Parteiführung gibt es einen Machtkampf zwischen dem amtierenden Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann und dem einflussreichen Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty.

CDU: Die Christdemokraten verzeichneten bis Oktober 2020 fast 5300 Eintritte und rund 3970 Austritte. Mit fast 121 700 Mitgliedern ist die NRW-CDU aber immer noch der größte Landesverband. „Die Zahlen zeigen: Trotz aller Unkenrufe und auch unter Corona-Bedingungen ist politisches Engagement in der CDU weiterhin hoch attraktiv“, sagt Generalsekretär Josef Hovenjürgen. „Die CDU ist die Volkspartei in Nordrhein-Westfalen.“

GRÜNE: Die Grünen konnten im Jahr 2020 nicht nur über Erfolge bei der Kommunalwahl jubeln, sondern auch über stetigen Zuwachs. Bis Anfang Dezember stieg die Mitgliederzahl um 2790 oder 14,7 Prozent auf 21 776. Fast 42 Prozent sind weiblich, und jeder sechste bei den Grünen ist unter 30 Jahre alt. Der Altersschnitt liegt bei etwa 48 Jahren. „Erstmals haben wir im Frühjahr 2020 die Marke von 20 000 Mitgliedern überschritten. Ein historischer Moment“, bilanziert das Führungsduo Mona Neubaur und Felix Banaszak. „Auch weiterhin wollen Menschen sich für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, eine andere Verkehrspolitik und einen Umbau der Wirtschaft einsetzen.“

FDP: Die Folgen der Pandemie spürt die FDP. Die Liberalen in NRW haben sich mit mehr als 17 500 Mitgliedern auf dem Niveau des Vorjahres stabilisiert. Viele neue Mitglieder konnten im Kommunalwahlkampf gewonnen werden. Die FDP spüre aber durchaus, dass die Mitgliederwerbung vor Ort durch die Pandemie besonders in diesem besonderen Jahr eingeschränkt sei.

DIE LINKE: In NRW ist Die Linke nicht im Landtag vertreten. Dennoch wuchs sie 2020 auf gut 8830 Mitglieder. Die meisten Eintritte konnte die Partei bei den 21- bis 30-Jährigen verzeichnen. Bei den Mitgliedern insgesamt machen die Jüngeren bis 30 Jahre inzwischen weit mehr als ein Viertel aus. Auch immer mehr Frauen schließen sich der Linken an. „Der Landesverband NRW ist also 2020 jünger und weiblicher geworden“, bilanziert die Partei. Einen Schub hat die Kommunwahl 2020 der Linken gebracht. Den größten Zuwachs verzeichnete sie in Köln und anderen Universitätsstädten.

AfD: Ihre Mitgliederzahl sank in NRW binnen eines Jahres um etwa 230 auf 5636. Allerdings waren Anfang Dezember nach Angaben der Partei noch rund 190 Personen im Aufnahmeverfahren. Die AfD habe außerdem ihre Kartei bereinigt und etwa 170 beitragssäumigen Mitgliedern gekündigt.

(th/dpa)
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