Nachfolgersuche an der SPD-Fraktionsspitze Kutschaty tritt zurück, aber nicht sofort
Düsseldorf · Der SPD-Fraktionschef zieht sich wie erwartet auch vom Posten des Oppositionsführers zurück. Er werde den Übergang konstruktiv mitgestalten, sagt er.

Das ist Thomas Kutschaty
Am Dienstag um 12.20 Uhr öffnen sich die Türen zum Fraktionssaal der SPD im Düsseldorfer Landtag. Abgeordnete bahnen sich ihren Weg durch die neugierig wartenden Journalisten. „Gibt’s was Besonderes?“, witzelt einer. Das Besondere haben sie zuvor in der gut zweistündigen Sitzung besprochen: den Rückzug von Thomas Kutschaty von der Spitze der Fraktion. Fünf Jahre lang lenkte der scharfzüngige Essener Jurist deren Geschicke.
Dass er nach dem Rücktritt vom Landesparteivorsitz auch die Fraktionsführung abgeben würde, war allgemein erwartet worden. Doch während Kutschaty an der Parteispitze für einen schnellen Cut sorgte, lässt er sich in der Fraktion noch etwas Zeit. Er sei vom geschäftsführenden Fraktionsvorstand bereits am Vortag, aber auch von der Fraktion gebeten worden, gemeinsam den Prozess für eine Neuwahl des Vorsitzes zu gestalten. „Dieser Bitte komme ich gerne nach und trete daher nicht heute zurück, sondern werde in den nächsten Tagen einen gemeinsamen Zeitplan mit den Kolleginnen und Kollegen besprechen, wie wir die Neuwahl zu welchem Zeitpunkt organisieren wollen.“ Dann fügt er aber schnell noch hinzu: „Ich darf Ihnen aber sagen: Wir sprechen da nicht von mehreren Monaten, sondern von einigen Wochen.“
Das ist eine mehr als deutliche Anspielung auf seinen Vorgänger und Widersacher Norbert Römer, der nach der Wahlniederlage 2017 knapp ein Jahr die Zügel der Fraktion nicht aus der Hand gab, ehe er mit dem Versuch scheiterte, seinen Wunschkandidaten Marc Herter an die Fraktionsspitze zu setzen. Kutschaty schlug den als Favoriten geltenden Herter in einer Kampfabstimmung überraschend mit vier Stimmen Vorsprung.
Ein Sprecher der Landtagsfraktion gibt nach dem Auftritt Kutschatys, der mit warmem Beifall der umherstehenden SPD-Abgeordneten quittiert wird, Interpretationshilfe. Es gehe wirklich um wenige Wochen, es werde kein Prozess bis zum Parteitag, der für August geplant ist. Wahrscheinlich ist ein endgültiger Wechsel im Mai.
Und damit heißt es: Bahn frei für Wochen der Selbstbeschäftigung einer kriselnden NRW-SPD. Tatsächlich kursieren schon seit Tagen mehrere Namen für die Fraktionsführung auf den Fluren. Der Kölner Bildungspolitiker Jochen Ott, derzeit auch Fraktionsvize, wird regelmäßig genannt. Aber auch der Name des wirtschaftspolitischen Sprechers André Stinka fällt immer wieder. Stinka war selbst mal Fraktionsvize, in der Partei ist er derzeit Landesschatzmeister. Und als Talent gilt ebenfalls Alexander Vogt aus Herne. Der Fraktionsvize hatte zuletzt mit Angriffen auf Hendrik Wüst im Zusammenhang mit dem A45-Brückendesaster für Aufmerksamkeit gesorgt.
In der Fraktionssitzung habe niemand seinen Hut in den Ring geworfen, heißt es. Es habe auch keine Diskussion darüber gegeben, ob die Fraktion künftig per Doppelspitze oder weiterhin von einer Person geleitet werden solle. Denn die Frage nach weiblichem Führungspersonal dürfte immer stärker gestellt werden.
Vieles ist auch eng damit verknüpft, wie es in Sachen Parteiführung weitergeht, deren Geschicke nun zumindest Übergangsweise bis zum auf August verschobenen Parteitag der stellvertretende Landesvorsitzende Marc Herter übernommen hat. Nicht auszuschließen, dass der Oberbürgermeister von Hamm dann aus der Übergangslösung eine Dauerlösung machen könnte – womöglich als Doppelspitze mit einer Bundestagsabgeordneten. Denn es gilt neben der Fraktion auch die Kommunal- und Bundestagsebene in der neuen Führungsstruktur abzubilden.
Für die Fraktion stellen sich jetzt allerdings erst einmal ganz lebenspraktische Fragen: Ausgerechnet in dieser Woche tritt der Landtag zusammen. Da spielt der SPD zumindest der Zufall in die Karten. Da ohnehin keine Rede des SPD-Fraktionschefs geplant war, fallen die jüngsten Ereignisse in SAchen Rednerliste noch nicht ins Gewicht. Dem Sprecher zufolge werde man Auftritte bei den weiteren Plenartagen von den Tagesordnungen abhängig machen. Kutschaty will weiterhin seinen Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender ausüben. Die Bundesvorstandswahlen stehen erst im Dezember an.