NRW-Sondierungsgespräche SPD enttäuscht über Ampel-Aus

Die Sondierungsgespräche von SPD, Grünen und FDP über die Bildung einer Landesregierung im Congress Center Düsseldorf sind gescheitert. In den wichtigen Themen Bildung und Energie gab es zu wenig Übereinstimmungen. Zusätzlich war die FDP auch intern uneins.

Andreas Pinkwart hatte Gespräche über eine Ampel mal ausgeschlossen, mal nicht.

Andreas Pinkwart hatte Gespräche über eine Ampel mal ausgeschlossen, mal nicht.

Foto: dapd, APN

Hannelore Kraft ist enttäuscht. Soeben ist das achte Sondierungsgespräch der SPD zur Bildung einer Landesregierung zu Ende gegangen. Das Ziel, Ministerpräsidentin von NRW zu werden, ist für die SPD-Chefin in weite Ferne gerückt. Die Gemeinsamkeiten von SPD, Grünen und FDP waren nicht ausreichend. Die Ampel blinkt nicht mehr. Auch FDP-Chef Andreas Pinkwart lächelt nicht so strahlend wie sonst, als das Scheitern in der Nacht bekannt gegeben wird.

Die Gespräche in großer Runde gehen zunächst gegen 21 Uhr zu Ende. Die Verhandlungsführer ziehen sich zu einer Spitzenberatung zurück. Mehr als eine Stunde sitzen Kraft, Pinkwart und Sylvia Löhrmann, die Spitzenkandidatin der Grünen, zusammen, um die Sondierungsrunde zu bewerten.

An Gemeinsamkeiten gemangelt

Bei den zurückgebliebenen Delegationsteilnehmern herrscht Nervosität. Sie wissen nicht, was das Abschlussgespräch ergeben wird. Dann sickert durch, dass es keine weiteren Ampel-Gespräche geben wird. Beobachter der CDU melden die Nachricht sofort gut gelaunt an die Partei-Zentrale.

Plötzlich aber sprechen die Parteispitzen doch noch einmal miteinander. Es sei alles noch offen, wird vermutet. Doch gegen Mitternacht ist das Aus endgültig. In NRW wird es keine Ampel geben.

Die Liberalen seien nicht bereit, in NRW die von Rot-Grün geplante Gemeinschaftsschule einzuführen, sagt FDP-Landeschef Andreas Pinkwart nach dem Abschluss der Sondierung. Insgesamt seien die Gespräche aber "sachlich und konstruktiv" verlaufen. Es habe jedoch an Gemeinsamkeiten gemangelt. In der letzten Stunde der Sondierung sei das Gesprächsklima schlechter geworden. Da seien es keine Gespräche mehr auf Augenhöhe gewesen, kritisiert Pinkwart.

Kraft bedauert das Scheitern der zweiten Sondierungsrunde. SPD und Grüne hätten sich kompromissbereit gezeigt und "Bewegung" erkennen lassen. Die FDP sei nicht bereit gewesen, am Freitag noch einmal über inhaltliche Knackpunkte zu sprechen. Auch Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann wirft der FDP mangelnde Kompromissbereitschaft vor. Die Liberalen hätten bei den Verhandlungen nicht als "homogene Gruppe" agiert.

Zunächst Thema Innenpolitik

Das Treffen zwischen SPD, FDP und Grünen hatte um 14 Uhr begonnen— eine Stunde früher als bei den ersten Verhandlungen. Die Delegationen hatten sich vorgenommen, keine Zeit zu verlieren und die Sondierungen abzuschließen. Zunächst wird das Thema Innenpolitik abgehandelt. Obwohl der bisherige Innenminister Ingo Wolf (FDP) zu den Lieblingsgegnern der Grünen zählt, gibt es bei den Inhalten keinen Streit.

Einmütig geht es allerdings nicht lange weiter. Denn dann steht der Bereich Energiepolitik auf der Tagesordnung. Reiner Priggen, Energie-Experte der Grünen, erläutert die Position seiner Partei: Der Weiterbau des Steinkohlekraftwerks in Datteln kommt für die Grünen nicht infrage.

Beim Thema Atompolitik sind die Gräben unüberbrückbar. Die Grünen wollen die Forschungsarbeiten in Jülich beenden, die FDP setzt sich für einen Ausbau der Projekte ein. Beim Thema Bildungspolitik hatte es bereits in der ersten Runde keine Annäherung gegeben.

Kompromissbereit bei Studiengebühren

Die Tische, an denen die Delegationen sitzen, sind als Dreieck angeordnet. Nach der ersten Sondierung hatte ein Genosse gescherzt, man hätte eigentlich vier Seiten benötigt, weil die Liberalen "wie zwei unterschiedliche Parteien" aufgetreten seien.

Auch diesmal ist FDP-Chef Andreas Pinkwart der Kopf der "Brückenbauer". Beim Thema Studiengebühren zeigt sich der amtierende Hochschulminister kompromissbereit. Im Wahlkampf war die Beibehaltung der Studiengebühren eine der Kernbotschaften der FDP gewesen. Pinkwarts parteiinterner Gegner ist Fraktionschef Gerhard Papke.

Der Mann aus Königswinter kann sich nicht vorstellen, mit den ungeliebten Grünen zu regieren. Papke hatte seine Parteifreunde davor gewarnt, "umzufallen". Papke weiß die Mehrheit der Fraktion hinter sich, die letztlich bei der Wahl des Ministerpräsidenten abstimmen muss.

Doch so weit wird es jetzt nicht kommen. Die grüne Spitzenfrau Sylvia Löhrmann war nicht bereit, zentrale Positionen zu räumen. Sie hatte einen "Politikwechsel" von der FDP verlangt. Doch die Liberalen hielten an ihrem Mantra "Privat vor Staat" fest. Fast zehn Stunden haben die Parteien um die Bildung der Ampel gerungen. Die Verhandlungen seien so schwierig gewesen, weil es zwischen Grünen und FDP seit zehn Jahren keinen Dialog mehr gegeben habe, hieß es.

Rüttgers meldet sich zurück

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) meldet sich unterdessen in der "Bild"-Zeitung zurück im Koalitionspoker. Der Regierungschef sagte eine für den Freitag geplante Polen-Reise ab und erneuerte seine Bereitschaft, gemeinsam mit der SPD über eine Große Koalition zu verhandeln.

Rüttgers legte einen Katalog an Punkten vor, in denen sich die beiden großen Parteien seiner Meinung nach einigen könnten. Dabei deutete Rüttgers auch eine Öffnung der CDU in der Schulpolitik an und sprach davon, dass "Entscheidungsmöglichkeiten der Kommunen in Schulfragen" eingeführt werden sollten.

Rüttgers erneuerte seine Bereitschaft, mit der SPD zu verhandeln: "Nordrhein-Westfalen braucht jetzt eine stabile Regierung." Das hätten die letzten Tage und Wochen mit den Themen Sparpaket, Opel und Bildungsgipfel hinlänglich bewiesen.

(RP/ddp/das)
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