Bundesratsinitiative Schwarz-grüne Starthilfe für den Bund

Berlin · Mit einer gemeinsamen Initiative zu den Themen Sicherheit und Migration demonstrieren drei Regierungschefs von CDU und Grünen Geschlossenheit und wollen die Ampel antreiben.

Hendrik Wüst (CDU, l.), Ministerpräsident von NRW, und Daniel Günther (CDU, r.), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, haben gemeinsam mit ihrem Amtskollegen aus Baden-Württemberg eine Initiative in den Bundesrat gebracht.

Foto: dpa/Markus Scholz

Mit einem gemeinsamen Vorstoß für mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden und schärfere Regeln zur Migration zeigen die schwarz-grünen Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg demonstrative Geschlossenheit – eine Spitze nicht zuletzt gegen das CSU-regierte Bayern.

Migration und Sicherheit seien die Themen, die sehr viele Menschen bewegten und ihnen auch Sorgen machten, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst kurz vor Beginn der Bundesratssitzung, in der die Initiative eingebracht werden sollte. „Und genau bei diesen beiden Themen muss man nach unserer Überzeugung auch ansetzen, um ein Stück Grundvertrauen zurückzugewinnen und den Vertrauensverlust, der sich auch in den Wahlergebnissen der letzten Wochen gezeigt hat, zu stoppen.“ Der NRW-Ministerpräsident verlangte vom Bund mehr Kompetenzen „für die Institutionen, die unsere Freiheit schützen, und mehr Konsequenz in der Migrationspolitik mit dem Ziel, die irreguläre Migration zu beenden“. Wüst bezeichnete die Initiative, die unter anderem die Speicherung von IP-Adressen und härtere Strafen bei der Terrorfinanzierung vorsieht, als eine Brücke für die Ampelkoalition, über die der Bund nun auch zügig gehen sollte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verwies darauf, dass nach dem Polizistenmord von Mannheim und den Attacken von Solingen die Menschen erwarteten, dass man darauf reagiere und nicht einfach zur Tagesordnung übergehe: „Das hat die ganze Nation durchgeschüttelt.“ Kretschmann versprach, entschlossen und konsequent Maßnahmen zu ergreifen. Irreguläre Migration müsse begrenzt, legale Einwanderung „verflüssigt“ werden. Wichtig sei dabei, die Dinge nicht zu vermischen. Kretschmann unterstrich noch einmal den Unterschied zwischen Islam und Islamismus. Der allergrößte Teil der muslimischen Einwanderer seien friedliche, tüchtige Bürgerinnen und Bürger. „Bei der Last, die unsere Kommunen tragen, müssen wir auch dafür sorgen, dass die irreguläre Migration zurückgedrängt wird.“ Der Kieler Regierungschef Daniel Günther (CDU) unterstrich noch einmal, die vorgeschlagenen Maßnahmen seien sehr konkret und auch sofort umsetzbar.

Vorsichtige Rückendeckung kommt auch aus SPD-geführten Landesregierungen. So sprach Stephan Weil aus Niedersachsen von „wirklich interessanten Ansätzen, die der Diskussion wert sind“. Das eigentlich Interessante sei jedoch, dass die Anträge keinerlei Aussagen zu Zurückweisungen an den Grenzen enthielten. Das begrüßte Weil und wertete das als Rückkehr zur Sacharbeit. Zugleich wies er darauf hin, dass viele Vorschläge mehrheitsfähig seien, weil sie auf dem aufbauten, was die Bundesregierung bereits umsetze. Zugleich machte er deutlich, dass er sich mehr Konsequenz wünsche. So nannte er die Rückführung von Straftätern nach Afghanistan „ein gutes Beispiel, dem weitere Folgen müssen“.

Während Weil die Forderung nach einer bundesweiten Datenbank zu Identitäten und Aufenthaltsorten für Geflüchtete begrüßte, regt sich diesbezüglich Widerspruch vonseiten der Bundesregierung. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium Mahmut Özdemir (SPD) erklärte, mit dem Ausländerzentralregister gebe es bereits eine bundesweite zentrale Datenbank, auf die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Polizeibehörden auch Zugriff hätten. Die geforderte Datenbank nannte er „ein Feigenblatt“. Besonders scharf wurde seine Kritik bei der Frage zum Umgang mit leichtfertigen Spenden, die zur Finanzierung von Terrororganisationen verwendet werden: „Wenn dabei zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung Strafrechtsänderungen vorgeschlagen werden, die im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung die Verfassungskonformität auch erheblich herausfordern, so wirft das nicht nur ein schlechtes Licht auf die Verfassungskenntnis, sondern wirft auch Fragen zur Ernsthaftigkeit auf.“

Schleswig-Holsteins stellvertretende Ministerpräsidentin Aminata Touré (Grüne) sprach dagegen von einem sachlichen politischen Vorschlag aus der Mitte der demokratischen Parteien heraus. Dieser bediene bewusst keine schnellen Stimmungen und überhitzten Debatten, sondern benenne klar Probleme und zeige Lösungen auf. „Ich wünsche mir, dass dies der Leitfaden für das weitere politische Handeln auf der Bundesebene ist.“

Zustimmung kam auch vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Dessen Vorsitzender, Dirk Peglow, nannte den Vorstoß der drei Länder zur IP-Adressenspeicherung im Gespräch mit unserer Redaktion „richtig und wichtig, ebenso die Initiative der hessischen Landesregierung“. Die Ermittlungsbehörden benötigten dieses Instrument dringend, um schwerste Straftaten aufzuklären. „Wenn nun auch drei von CDU und Grünen regierte Länder diese Notwendigkeit auch unterstreichen, muss sich der Bundesjustizminister, dessen Partei ja bei der letzten Landtagswahl in Brandenburg gerade mal 0,8 Prozent der Stimmen bekam und kürzlich auch bundesweit bei ihren Umfragewerten unter fünf Prozent lag, die Frage gefallen lassen, ob er der Gesellschaft mit seiner Blockadehaltung einen Gefallen tut“, so Peglow.