Vor dem Schulstart NRW stoppt Quarantäne für ganze Schulklassen

Düsseldorf · Nach Protesten von Eltern sollen künftig nur noch enge Kontaktpersonen isoliert werden. Impfangebote jetzt auch an Schulen. Schulministerin Gebauer spricht sich für inzidenzunabhängigen Präsenzunterricht aus.

 In den Startlöchern: Am Mittwoch beginnt in NRW das neue Schuljahr. Foto: picture alliance/dpa

In den Startlöchern: Am Mittwoch beginnt in NRW das neue Schuljahr. Foto: picture alliance/dpa

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Vor Beginn des neuen Schuljahres am Mittwoch hat die Landesregierung die Quarantäneregeln gelockert. Künftig sollen nach den Worten von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Coronafall nur noch die engsten Kontaktpersonen isoliert werden, nicht mehr die ganze Schulklasse. „Nur noch für die Sitznachbarn rechts, links, vorn und hinten sowie weiteres Schulpersonal, das in engem Kontakt mit dem Infizierten stand, gilt eine 14-tägige Quarantäne“, sagte Gebauer. Die Gesundheitsämter vor Ort können aber weitere Personen identifizieren, etwa wenn Abstandsregeln nicht eingehalten wurden. Wer in Quarantäne geschickt wurde, kann sich mittels PCR-Test sofort freitesten. Vollständig geimpfte, symptomlose Schüler sind von der Quarantäne ausgenommen. Es gehe darum, so wenigen Schülern wie möglich den Unterricht vorzuenthalten.

Die Landesregierung reagiert damit auf Forderungen insbesondere von Seiten der Eltern. Die Gesundheitsminister der Länder hatten das Thema auch mit dem Robert-Koch-Institut erörtert. Dabei sollte zur Sprache kommen, welche Rolle der Inzidenzwert künftig haben soll.

Dazu Gebauer: „Wir brauchen sicheren Präsenzunterricht, der inzidenzunabhängig stattfindet.“ Die Ministerin schränkte aber ein: „Es sei denn, die Pandemie schlägt unvorhergesehene Wege ein.“ Auf die Frage, ob das Ministerium für diesen Fall einen Plan in der Schublade habe, sagte Gebauer: „Wir haben eine andere Situation als vor einem Jahr.“ Fast alle Lehrkräfte seien vollständig geimpft, es gebe  engmaschige Tests, die Hygieneregeln seien weiterhin gültig.

Von Mittwoch an sollen Impfteams  weiterführende Schulen aufsuchen. Das Angebot richtet sich an Beschäftigte und Schüler der Sekundarstufe II. Toleriert werden von Seiten des Landes auch Impfangebote für Schüler ab 12 Jahren, wie in Düsseldorf. Bisher gab es mobile Impfteams in NRW nur an Berufskollegs. Für die Impfung 12- bis 15-Jähriger ist eine Einwilligung beider Erziehungsberechtigter erforderlich. Minderjährige ab 16 Jahren können grundsätzlich selbst entscheiden. Gebauer richtete einen Appell an die Eltern: „Es liegt auch an der Impfbereitschaft der Erwachsenen, regelmäßigen Unterricht zu garantieren.“ Zufrieden zeigte sie sich mit der Nachfrage nach Nachhilfeprogrammen für Schüler mit Lernrückständen. Von  60 Millionen Euro sei ein Viertel seit März abgeflossen. Das Programm läuft noch bis nach den Sommerferien 2022.

Um Lerndefizite aufzuholen, gibt es eine Reihe weiterer Maßnahmen. Insgesamt stehen dafür 430 Millionen Euro zur Verfügung, die Hälfte steuert der Bund bei. 160 Millionen gibt es für zusätzliches Lehrpersonal, das die Schüler unterstützen soll und befristet eingestellt wird. Neben Lehrern und Pensionären  sollen auch Quereinsteiger als Nachhilfelehrer gewonnen werden. 180 Millionen Euro erhalten die Schulträger für Kooperationen mit Nachhilfeinstituten. Bedürftige Kinder bekommen Bildungsgutscheine. 

Die Impfangebote und Nachhilfeprogramme stießen am Freitag überwiegend auf Zustimmung. Die Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Philologenverbands, Sabine Mistler, mahnte: „Wichtig ist aber, dass die gutgemeinten Hilfspakete tatsächlich, nachhaltig und flächendeckend an den Schulen ankommen.“ Sigrid Beer, Schulexpertin der oppositionellen Grünen, kritisierte: „Präsenzunterricht ohne Rücksicht auf Inzidenzwerte ist ein waghalsiges und risikoreiches Versprechen, vor allem, wenn nicht alles dafür getan wird, die Schule zu einem sicheren Ort zu machen.“

(kib)
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