Schlechte Qualität in Mensen Schulessen häufig mangelhaft

Düsseldorf · Experten im Düsseldorfer Landtag fordern landesweite Mindeststandards für die Verpflegung in Kitas und Schulen. Kopenhagen und Berlin machen vor, wie es funktionieren könnte.

Massenverpflegung in der Schule. Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Massenverpflegung in der Schule. Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Foto: dpa/Franziska Kraufmann

Von Kirsten Bialdiga

Das Essen in nordrhein-westfälischen Schulen und Kitas ist zu häufig von schlechter Qualität. „Wir haben in NRW keine landesweit verbindlichen Mindeststandards und auch kein einheitliches System“, sagte Pia Amelung vom Städtetag NRW im Düsseldorfer Landtag. Je nach örtlichen Gegebenheiten variiere die Art der Verpflegung sehr stark. Dass in Schule und Kitas frisch gekocht werde, sei eher die Ausnahme. Wenn die Landesregierung verbindliche Standards setzen wolle, müsse sie aber auch für die Finanzierung sorgen, forderten die Interessenvertreter von Städten und Gemeinden.

Die SPD-Fraktion im Landtag hatte einen Antrag auf kostenlose Schulverpflegung gestellt. Allein in Düsseldorf wären dafür in den städtischen Schulen jährlich mindestens 15 Millionen Euro zu veranschlagen, rechnete die Stadt vor. Laut einer bundesweiten Studie bereitet nur jede siebte Schule in NRW Mahlzeiten vor Ort frisch zu. In etwa der Hälfte der Fälle werden warme Gerichte fertig angeliefert. Der Rest der Einrichtungen bietet lediglich Fertigkost an.

Ursache sind nach überwiegender Experten-Meinung die zu hohen Kosten. So bezuschussen die Kommunen zwar die Schulen landesweit zurzeit mit bis zu 1,2 Milliarden Euro, um einen Preis pro Mittagessen von durchschnittlich 3,50 Euro zu ermöglichen. Dazu aber Stefan Lehmann vom Caterer Lehmanns Gastronomie: „Eine Entlohnung, die es schwierig macht, Qualität auf den Teller zu bringen.“ Die Praxis zeige ganz deutlich, dass der Dienstleister mit dem günstigsten Angebot am Ende auch den Vertrag bekomme – weitgehend unabhängig von der gebotenen Qualität des Essens. Größte Fehler seien die häufig viel zu langen Warmhaltezeiten, zu wenige frische Speisen wie Salat und Rohkost oder Desserts auf Milchbasis. Lehmann kritisierte weiter, dass viele Mensen zu klein seien, was lange Ausgabezeiten zur Folge habe. Die Pausenzeiten seien zu kurz und die Ausgabe oft schlecht organisiert. Viele Schulleiter zeigten zudem nur wenig Interesse am Essensangebot in ihren Mensen.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW forderte am Rande der Sitzung einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Schul- und Kita-Mensen: „Es ist kaum erklärlich, dass das Essen in der Uni-Mensa grundsätzlich steuerbefreit ist, in Kitas oder Schulen aber häufig 19 Prozent zu zahlen sind.“

Doch es gibt Beispiele, wie die Qualität auch ohne sehr viel höhere Kosten steigen kann. In Kopenhagen ist es gelungen, den Bio-Anteil der Lebensmittel in der öffentlichen Verpflegung auf 90 Prozent zu erhöhen. Die Mehrkosten dafür liegen bei 20 bis 35 Prozent, wie Philipp Stierand referierte, der in Berlin das Projekt „Kantine Zukunft Berlin“ ins Leben rief. In Berlin ist es zunächst das Ziel des Senats, dass 60 Prozent der eingesetzten Lebensmittel Bio-Qualität haben. Mehrkosten sollen durch veränderte Einkaufs- und Küchenpraxen vermieden werden.

Von einer gesünderen Ernährung profitierten insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien, gab Simone Weyers vom Institut für Medizinische Soziologie an der Düsseldorfer Universität zu bedenken: „Kinder in sozial benachteiligten Lagen sind in einem schlechteren Gesundheitszustand“, sagte Weyers. Sie nähmen häufiger zuckerhaltige Getränke zu sich und seien überdurchschnittlich oft übergewichtig. Eine bessere Schulverpflegung könne dazu beitragen, soziale Nachteile auszugleichen. Die SPD-Fraktion im Landtag forderte daher in einem ersten Schritt kostenloses Mensaessen in jenen Schulen und Kitas in NRW anzubieten, die sich in sozial benachteiligten Vierteln befinden.

(kib)
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