NRW-Bildungsministerin verkündet Digitalstrategie Schulen erhalten mehr Tablet-Computer

Düsseldorf · NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer kündigt ein weiteres Programm an, das noch vor den Ferien starten soll. Bis 2022 soll es überall schnelles Internet geben. Lehrer kritisieren die zögerliche Umsetzung der Digitalisierungsstrategie.

 Fünftklässler lernen Englisch per Tablet-Computer. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Fünftklässler lernen Englisch per Tablet-Computer. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) will bei der Ausstattung der Schulen mit digitalen Geräten noch einmal nachlegen. Noch vor den Herbstferien werde ein weiteres Programm starten, um insbesondere Schulen in sozial benachteiligten Vierteln mit Technik zu versorgen, sagte Gebauer am Donnerstag. 184 Millionen Euro stünden dafür zur Verfügung, 370.000 Schüler könnten insgesamt profitieren. Finanziert wird das Programm aus EU- und Landesmitteln. Nach Angaben von Schulstaatssekretär Mathias Richter hat bisher rund eine Million der 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen ein öffentlich finanziertes digitales Endgerät zur Verfügung.

Das neue Programm ist das zweite dieser Landesregierung, um die Ausstattung der Schulen mit Computern und Tablets voranzubringen. Beide Programme sind Bestandteil eines Digitalkonzepts für die Schulen im Umfang von zwei Milliarden Euro, die zwischen 2020 und 2025 investiert werden können. Wie viel davon bereits insgesamt ausgegeben wurde, summierte das Ministerium am Donnerstag nicht auf. Nur so viel: Aus dem darin enthaltenen „Digitalpakt Schule“, einem Bundesprogramm mit einem Volumen von gut einer Milliarde Euro in NRW, sei bereits die Hälfte der Mittel verplant.

Den Anteil der Schulen in Nordrhein-Westfalen, die an ein leistungsfähiges Gigabit-Netz angeschlossen sind, bezifferte das Ministerium auf 68 Prozent. Gebauer zeigte sich zuversichtlich, auch die übrigen 32 Prozent bis 2022 anzuschließen. 2017 seien es erst 13 Prozent gewesen.

Rund 60 Prozent der Schulen nutzen der Ministerin zufolge mindestens ein Angebot der digitalen Landesplattform Logineo. Ob weiterhin auch andere Anbieter zum Einsatz kommen dürfen, soll nun die Datenschutzbeauftragte des Landes klären. Investieren will das Schulministerium auch in die digitale Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte, in 30 neue Stellen für Medienberater und eine Erweiterung der Logineo-Plattform.

Die Strategie des Landes beschränke sich noch zu stark auf die pädagogischen Aspekte des digitalen Lernens, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, unserer Redaktion. Das allein reiche für gute digitale Bildung nicht aus. Die Corona-Pandemie habe verdeutlicht, wie wichtig die Digitalisierung des Unterrichts und die digitale Ausstattung der Schulen seien. Nach wie vor fehle aber eine gesetzliche Regelung. Es brauche ein ganzheitliches Konzept, das auch die Infrastruktur, Ausstattung und Finanzierung von technischem Support miteinbeziehe: „Wer kümmert sich um das W-Lan, die interaktiven Tafeln und stationären und mobilen Endgeräte? Wer sichert Backup-Strukturen und regelt den Einsatz spezieller Lernsoftware?“, kritisierte der Vertreter der Kommunen. Für den technischen Support brauche es Fachkräfte an den Schulen.

Kritik äußerten auch Lehrerverbände: Es sei höchste Zeit, dass eigentlich Selbstverständliches nicht nur mittels einer theoretischen Strategie, sondern auch durch praktische Umsetzung und Unterstützung Realität werde, sagte der Landesvorsitzende des Verbandes Erziehung und Bildung (VBE), Stefan Behlau, und fügte hinzu: „Die Landesregierung hat zum Sprung angesetzt, es bleibt zu hoffen, dass der lange Anlauf auch die nötige Weite bringt“. 

Aus Sicht der SPD-Opposition soll die so kurz vor der Bundestagswahl vorgestellte Digitalstrategie vor allem Rückenwind aus Nordrhein-Westfalen geben: „Leider wird hier aber eine Erfolgsgeschichte erzählt, die gar keine ist. In der Zeit des Distanzunterrichts saßen beispielsweise Tausende Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler ohne digitale Endgeräte zu Hause“, sagte SPD-Fraktionsvize Jochen Ott.

„Die verkündete Digitalstrategie kommt spät und ist eher eine Vermarktung von Dingen, die längst hätten passieren sollen“, so die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sigrid Beer. Die Ministerin bleibe auch die Aussage darüber schuldig, welche verlässlichen Standards zur digitalen Ausstattung, Qualität des Unterrichts und der IT-Administration in den Schulen gelten sollen, damit Eltern sowie Schülerinnen und Schüler wüssten, was sie erwarten könnten.

(kib)
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