Unions-Mittelstand contra Berliner Koalition Rüttgers will die Wogen glätten

Düsseldorf (RPO). Viereinhalb Wochen vor der Landtagswahl knirscht es bei der CDU in Nordrhein-Westfalen. Der Unions-Mittelstand machte am Osterwochenende den schwarz-gelben Regierungsstil in Berlin mitverantwortlich für schlechte Umfragewerte an Rhein und Ruhr und warf der Kanzlerin "politischen Aktionismus" vor. Am Dienstag versuchte nun Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Wogen zu glätten.

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Foto: dpa/Roberto Pfeil

Rüttgers sagte dem NDR Info, er teile nicht die Auffassung, wonach die schwarz-gelbe Regierung in Berlin den Wahlerfolg der Koalition in Nordrhein-Westfalen gefährde. Gerade in den letzten 14 Tagen sei es in Berlin merklich besser geworden. Es gebe inzwischen Unterstützung, auch die Bundeskanzlerin engagiere sich sehr an Rhein und Ruhr, betonte der der stellvertretende CDU-Vorsitzende. Der Anfang der Koalition in Berlin sei schwierig gewesen, aber das habe sich ja geändert.

Nach Meinung von Wahlforschern muss sich das Düsseldorfer Regierungsbündnis von CDU und FDP am 9. Mai jedoch so oder so auf Einbußen einstellen. Die an Bundesregierungen beteiligten Parteien fielen bei den ersten Landtagswahlen nach deren Amtsantritt meist in ein Stimmungsloch, sagte der Politikwissenschaftler Martin Florack von der Uni Duisburg-Essen im Gespräch mit der Nachrichtenagentur DAPD. Wegen des vergleichweise "vermasselten Starts" der schwarz-gelben Koalition in Berlin könnte der Denkzettel bei dem bevorstehenden Urnengang an Rhein und Ruhr sogar besonders deutlich ausfallen.

Hausgemachte Probleme

Negativ zu Buche schlagen bei den Umfragen laut Florack aber auch hausgemachte Probleme wie etwa die Sponsoring-Affäre, die Rüttgers in den Verdacht der Käuflichkeit rückte. "Rüttgers' Glaubwürdigkeit hat dadurch enorm gelitten, der Ministerpräsident geht quasi ohne Amtsbonus in die Wahl", erklärt der Politikwissenschaftler.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, hatte vor allem der Bundesregierung vorgeworfen, den Wahlerfolg von Rüttgers zu gefährden. Mit der Einführung von Mindestlöhnen wie im Pflegebereich oder staatlichen Preisvorschriften auf dem Pharmamarkt seien die bürgerlichen Wähler in Nordrhein-Westfalen nicht zu erreichen, kritisierte er. Kanzlerin "Angela Merkel und ihre Minister sind also in die falsche Richtung losgeprescht", sagte Schlarmann dem "Hamburger Abendblatt".

Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge glaubt ebenfalls, dass der Berliner Regierungsstil negativ auf Schwarz-Gelb in Düsseldorf abfärben könnte - allerdings aus anderem Grund. Vor allem die "Steuergeschenke an Hotelbesitzer", also die Senkung des Mehrwertsteuersatzes bei Hotelübernachtungen, seien vielen Bürgern übel aufgestoßen, erklärt der Forscher auf DAPD-Nachfrage. Hinzu komme aber auch, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen im Wahlkampf ähnlich wie die SPD bislang keine wirklich klaren Konturen gezeigt habe.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, forderte die Regierungskoalition im Wahlkampfendspurt zum Schulterschluss auf. "Hilfreich wäre es, wenn wir uns einfach mal vertragen und 35 Tage lang den Mund halten", sagte er der "Rheinischen Post".

Patt-Situation bei Wunschkoalitionen

Aktuellen Umfragen zufolge läuft am 9. Mai bei den von den Parteien als Wunschkoalitionen ausgegeben Konstellationen alles auf eine Patt-Situation hinaus: Weder die amtierende CDU/FDP-Koalition noch ein Bündnis aus SPD und Grünen können nach einer Umfrage im Auftrag von "Bild am Sonntag" mit einer Mehrheit rechnen. Dagegen wäre ein schwarz-grünes Bündnis möglich - ebenso wie eine große Koalition oder Rot-Rot-Grün. Mit 7 Prozent werden die Linken laut der Umfrage erstmals im Landtag vertreten sein.

(apd/felt)
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