1,3 Millionen Euro entdeckt Rot-Grün hat plötzlich weniger Sparbedarf

Überraschende Kehrtwende in NRW: Im Rechtsstreit um den Nachtragshaushalt 2010 will die rot-grüne Landesregierung die Verschuldung nun doch geringer halten. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kündigte am Dienstag in Düsseldorf an, dass die Kreditaufnahme von eigentlich 8,4 Milliarden Euro nun doch deutlicher niedriger ausfallen werde. Keine Kompromisse wolle Rot-Grün aber bei den Rücklagen für die WestLB machen. Die FDP reagierte empört.

 Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) stellte die neuen Pläne in Düsseldorf vor.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) stellte die neuen Pläne in Düsseldorf vor.

Foto: dapd, dapd

Aufgrund steigender Steuereinnahmen und sinkender Ausgaben könne die Nettoneuverschuldung um 1,3 Milliarden Euro auf 7,1 Milliarden Euro gesenkt werden, sagte der Finanzminister in Düsseldorf.

Knappe Milliarde weniger ausgegeben

Die Steuereinnahmen liegen demnach in NRW um 355 Millionen Euro höher als erwartet. Zudem gibt es dem Minister zufolge geringere Ausgaben in Höhe von 960 Millionen Euro. Wo genau das Land diese Summe eingespart hat, konnte der Finanzminister nicht sagen. In den "letzten Tagen" sei die Einsparung aufgefallen.

Der NRW-Verfassungsgerichtshof hatte in der vergangenen Woche die Aufnahme neuer Kredite per einstweiliger Anordnung vorerst gestoppt. CDU und FDP hatten geklagt, weil sie den Etat für verfassungswidrig halten. Das endgültige Urteil wird im Februar oder März erwartet.

Umstritten ist vor allem die Risikovorsorge für WestLB-Altlasten in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, für die nun "rechnerisch" keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden sollen. Die Opposition hält diese Vorsorge generell für unnötig.

Das Land bürgt zusammen mit den NRW-Sparkassenverbänden mit Milliarden-Garantien für Altlasten der WestLB, die in eine "Bad Bank" ausgelagert wurden. Auch beim Haushalt 2011, in dem der Politikwechsel der rot-grünen Regierung sichtbar werde, könnte es dank der sprudelnden Steuereinnahmen Entlastungen geben, sagte der Minister.

In dem Etatentwurf, der Ende Februar in den Landtag eingebracht werde soll, seien noch Veränderungen möglich. CDU-Landeschef Norbert Röttgen will unter anderem dann Neuwahlen in NRW fordern, wenn es der Minderheitsregierung nicht gelingt, einen verfassungskonformen Haushalt 2011 durch den Landtag zu bringen.

Erst Mitte Dezember hatte Rot-Grün den Nachtragshaushalt 2010 durch den Düsseldorfer Landtag gebracht. Damals erhöhte das Parlament die neuen Schulden noch von 6,6 Milliarden auf 8,4 Milliarden Euro. Die Minderheitsregierung wollte damit eine "Abschlussbilanz" der abgewählten schwarz-gelben Koalition vorlegen. CDU und FDP hätten im ursprünglichen Haushalt Etatrisiken für WestLB, Kommunen und Kitas nicht berücksichtigt.

FDP sieht "Bananenrepublik"

Die Opposition im Landtag triumphierte angesichts der neuen Entwicklung und zeigte sich zugleich empört. "Der Finanzminister hat sich selbst widerlegt", sagte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Rot-Grün mache Haushaltspolitik wie in einer "Bananenrepublik". CDU und FDP hätten immer gesagt, dass die im Dezember erhöhte Kreditaufnahme gar nicht nötig sei.

Die Regierung habe entweder "völlig den Überblick bei der Haushaltspolitik verloren oder das Parlament, den Verfassungsgerichtshof und die Öffentlichkeit getäuscht", sagte Papke weiter. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Regierung die Neuverschuldung nun doch wieder um 1,3 Milliarden Euro senken könne, betonte Papke. Rot-Grün stehe für "Haushaltschaos" und eine "Regierungskatastrophe". Die FDP werde eine "Missbilligung" der Regierung in der kommenden Plenarwoche beantragen.

(apd/csi)
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