Koalitionsverhandlungen Rot-Grün geht in den Endspurt

Düsseldorf · Heute treffen sich die Delegationen von SPD und Grünen erneut in Düsseldorf, um über ihr Regierungsbündnis zu verhandeln. Welche Stimmen haben Gewicht? Was passiert, wenn es keine Einigung gibt? Die Zeit drängt. Am Montag soll alles fertig sein.

NRW: Wer hat am rot-grünen Verhandlungstisch das Sagen?
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NRW: Wer hat am rot-grünen Verhandlungstisch das Sagen?

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Endspurt bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen. Heute Mittag kommen beide Seiten in großer Runde noch einmal zusammen. Für Montag ist die Abschlusssitzung mit den sogenannten Beichtstuhlgesprächen geplant, die sich vermutlich bis tief in die Nacht hinziehen werden.

Wo finden die Verhandlungen statt?

Die große Koalitionsrunde kommt im Bürohaus des Landkreistags in Düsseldorf zusammen. Gleich nebenan befindet sich die Parteizentrale der SPD. Die Verhandlungen finden im Sitzungssaal im ersten Stock hinter einer Doppeltür statt. Handys müssen zwar nicht ausgeschaltet werden, aber es wird Vertraulichkeit vereinbart.

Wer sitzt am Verhandlungstisch?

Die 16-köpfige Verhandlungsgruppe der SPD wird von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft angeführt. Bei der gleich starken Gruppe der Grünen steht Sylvia Löhrmann an der Spitze. Hinzu kommen je drei Mitarbeiter, darunter die Sprecher von Regierung und Parteien.

Wie laufen die Verhandlungen ab?

In der großen Runde werden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen vorgetragen und diskutiert. Kraft und Löhrmann, die sich an langen Tischen gegenübersitzen, moderieren die Gespräche, deren Ergebnisse protokolliert werden. Wenn Klärungsbedarf besteht, sind zunächst erneut die Arbeitsgruppen am Zug. Im Protokoll werden ungeklärte Positionen grün markiert, wenn sie von den Grünen vorgeschlagen werden, und rot, wenn sie von der SPD stammen. Die Endfassung der Noten übernehmen Redaktionsgruppen in den jeweiligen Parteizentralen.

Welche Arbeitsgruppen gibt es?

Es gibt zehn rot-grüne Arbeitsgruppen zu folgenden Bereichen: Finanzen, Bildung, Familie, Energie/Wirtschaft, Umwelt/Landwirtschaft, Verkehr/Bauen/Wohnen, Soziales/Arbeitsmarkt/Gesundheit, Innen/Justiz, Kommunen sowie Europa/Medien/Kirchen.

Welche Konfliktfelder gibt es noch?

Dazu gehört in erster Linie die Finanzpolitik. Es muss gespart werden, doch beide Seiten ringen um das Wie. Die SPD will offenbar die "Demografiegewinne", die sich aus dem Rückgang der Schülerzahlen ergeben, dem gesamten Bildungssystem zukommen lassen, während die Grünen sie im Schulbereich belassen wollen. Strittig ist auch die Frage, ob es ein weiteres beitragsfreies Kita-Jahr geben soll. Die Bedeutung der Kohleverstromung im Industrieland NRW ist zwischen SPD und Grünen ähnlich umstritten wie die Maßnahmen zum Klimaschutz in NRW.

Hat es schon mal Krach gegeben?

In der Arbeitsgruppe Umwelt haben die Grünen die Gespräche einmal abgebrochen. Angeblich ging es um die staatliche Förderung von Holz-Pellets. Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) bestreitet das aber. Bei Bedarf können sich die Teilnehmer der großen Runde in Nebenräume zurückziehen. Gravierende Probleme, so heißt es, kommen im kleinen Kreis am Rande zur Sprache.

Welche Stimme hat Gewicht?

Kraft stimmt sich eng mit SPD-Fraktionschef Norbert Römer ab; zu ihren engsten Beratern gehört auch Regierungssprecher Thomas Breustedt. Bei den Grünen hat die Stimme von Fraktionschef Reiner Priggen großes Gewicht. Eine wichtige Rolle spielt Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Er muss abschätzen, welche Wünsche sich realisieren lassen und für welche Projekte kein Geld da ist.

Gibt es eine Erfrischungspause?

Nicht direkt. Wer etwas trinken oder essen möchte, muss den Saal verlassen. Im Foyer im ersten Stock ist ein Buffet mit Brötchen, Frikadellen und Getränken aufgebaut.

Was sind "Beichtstuhlgespräche"?

Am Montag berichten die Sprecher der Arbeitsgruppen den Spitzenpolitikern von SPD und Grünen ihre Ergebnisse. In diesem "Beichtstuhl" müssen die Konflikte endgültig beigelegt werden. Dort wird ausgehandelt, wer welche Kröte schlucken muss und welche politischen Preise für ein Zugeständnis zu zahlen sind. Ein Beispiel könnte sein: Die SPD bekommt ein eigenes Verkehrsministerium und stimmt im Gegenzug der Forderung der Grünen nach einem verschärften Klimaschutz zu.

Wer bildet den Beichtstuhl?

Für die SPD gehören Kraft, Römer, Generalsekretär Mike Groschek und der Finanzminister zum Team; die Grünen sind durch Löhrmann, Priggen die Parteivorsitzenden Monika Düker und Sven Lehmann vertreten. Am Dienstag könnte dann der Koalitionsvertrag in Druck gehen. Der Vertrag von 2010 hatte 85 Seiten, der neue soll maximal doppelt so lang werden.

Wie geht es dann weiter?

Die Parteitage von SPD und Grünen müssen den Vereinbarungen zustimmen — eine Formsache. Anschließend steht der Wiederwahl von Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin nichts mehr im Wege. Erst danach wird sie ihre Ministerriege benennen. Bei den grünen sind die "alten" auch die neuen Minister; bei der SPD könnte es personelle Veränderungen geben.

(RP/pst/rm)
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