Wer wird Vorsitzender der NRW-CDU? Röttgen und Laschet schenken sich nichts

Jürgen Rüttgers amtiert in der nordrhein-westfälischen CDU nur noch als Zeremonienmeister. Der scheidende Landesvorsitzende ist nicht mehr Ministerpräsident, sondern Moderator. Am Mittwochabend sammelt Rüttgers die Wortmeldungen der CDU-Mitglieder auf der ersten Regionalkonferenz. Er weist den Basisvertretern ein Saalmikro zu. Es gibt viele Fragen. Die CDU im bevölkerungsreichsten Bundesland sucht einen neuen Landeschef. Es wird ein hitziger Abend in Münster.

Laschet und Röttgen im ersten Rededuell
12 Bilder

Laschet und Röttgen im ersten Rededuell

12 Bilder

Über 800 meist ältere CDU-Mitglieder sind in eine stickige Mehrzweckhalle gekommen, um den zwei Bewerbern, Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Ex-Landesminister Armin Laschet, zuzuhören.

Viel ist in den letzten Wochen über die Ähnlichkeit der beiden Kandidaten gesprochen worden. Laschet und Röttgen gehören zur neuen CDU-Generation, sind Familienväter, Rheinländer, gelten als liberale Modernisierer und offen für schwarz-grüne Bündnisse. Doch an diesem Abend in Münster betonen sie ihre Unterschiede.

Die Kontrahenten stellen sich zunächst jeweils 15 Minuten lang vor. Laschet wirbt für eine "wieder stärker an unseren Grundwerten" ausgerichtete Politik. Die CDU-geführte Bundesregierung dürfe ihre Gesetze nicht als alternativlos verkaufen. Laschet fordert, dass "Ihr in Berlin" die Interessen der Kommunen beachtet. "Ihr in Berlin" - damit ist offenbar Röttgen gemeint. Zugleich müsse der nächste Landeschef täglich in NRW vor Ort sein, verlangt Laschet - eine weitere Spitze gegen den Bundespolitiker Röttgen. Der 49-jährige Aachener lobt die Stärke der Regionen in NRW.

Röttgen dagegen hält sich nicht lang in den Niederungen der nordrhein-westfälischen Landespolitik auf. In einem Grundsatzreferat fordert er eine Politik "aus den Augen unserer Kinder" - vom Klimaschutz bis zum Schuldenabbau. Die Fixierung auf den "schnellen Euro" habe die Gesellschaft "buchstäblich an den Rand des Kollaps" geführt. Daraus müsse die Politik Konsequenzen ziehen.

Deutlich spricht Röttgen die Ursachen der NRW-Wahlniederlage an. "Machtverlust" komme "nicht von ungefähr". Die CDU habe nicht mehr erklären können, wofür sie stehe. Darum müsse die Partei wieder mehr diskutieren. "Applaus-Übungen" in der Politik lehne er ab.

Röttgen bekommt dafür lauteren Applaus als Laschet. Viel Beifall erhält der 45-jährige Chef des CDU-Bezirksverbands Mittelrhein für seine Attacken auf Rot-Grün in Düsseldorf. Die neue Minderheitsregierung erhöhe die Neuverschuldung aus "machttaktischen Gründen". Die Schulen mache Rot-Grün zu einem "ideologischen Experimentierfeld".

Laschet und Röttgen schenken sich nichts. Immer wieder stichelt der Landespolitiker gegen die unpopuläre Bundesregierung, rügt das Durcheinander etwa in der Atomfrage. Der zuständige Minister Röttgen räumt Probleme ein, bis zum Jahresende müsse Schwarz-Gelb in Berlin eine Wende zum Positiven schaffen. Zugleich fordert er eine "CDU-Politik aus einem Guss", nur gemeinsam sei Erfolg möglich.

Im kommenden Monat startet die CDU eine Mitgliederbefragung. Am 31. Oktober soll der Sieger an einem "Tag der CDU" in der Düsseldorfer Landesparteizentrale ausgerufen werden. Beide Kandidaten haben zugesagt, dass sie das Ergebnis der Urabstimmung akzeptieren werden - auch bei knappem Ausgang. Am 6. November kürt dann ein Landesparteitag offiziell den neuen Landeschef. Der Sieger des Wettbewerbs dürfte Mitte November auf dem CDU-Bundesparteitag dann auch Nachfolger von Rüttgers als CDU-Bundesvize werden.

Wie das Rennen ausgeht, ist nach Einschätzung von CDU-Insidern völlig offen. Medienberichten zufolge sind Christdemokraten aus Laschets Heimatkreis Aachen zu Röttgen übergelaufen. Umgekehrt soll es im CDU-Bezirksverband Ruhrgebiet, der eigentlich als Pro-Röttgen-Block gilt, glühende Laschet-Anhänger geben.

Der größte CDU-Landesverband ist nach der schweren Wahlschlappe vom 9. Mai unberechenbar geworden. Rund eine Million Wählerstimmen haben die Christdemokraten gegenüber der Landtagswahl 2005 verloren. Die Verbitterung ist in Münster zu spüren. Etliche CDU-Mitglieder fragen wütend nach bundespolitischen Themen wie der Gesundheitsreform, schimpfen über die Rente mit 67. Verbitterung und Enttäuschung sitzen tief an der CDU-Basis. Wer von beiden Bewerbern davon demnächst profitiert, erscheint bisher völlig offen.

(DDP/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort